Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wie lange bleiben die Grünen noch der Juniorpartner?
Schwarz-grün zeigt sich nach gut einem Jahr in Augsburg als stabiles Bündnis. Beim Sommerempfang der Grünen klingt aber auch durch: Sie trauen sich mehr zu als die Rolle des kleineren Partners
Am Ende zitiert die grüne Augsburger Bundestagsabgeordnete Claudia Roth einen Sohn der Stadt, Bertolt Brecht, in leicht abgewandelter Form. „Ändere die Regierung, die Welt braucht es“, ruft sie den Besucherinnen und Besuchern des Sommerempfangs der grünen Stadtratsfraktion zu. Und auch Oberbürgermeisterin Eva Weber, obwohl von der CSU, applaudiert – jedoch erst mit etwas Verzögerung. Vorher ruft sie der Rednerin noch zu, dass sie das so nicht beklatschen könne.
Allerdings hat die Oberbürgermeisterin bisher auch keinen Hehl daraus gemacht, dass sie sich schwarz-grüne Bündnisse durchaus auch im Landtag und im Bundestag vorstellen könnte. Nach über einem Jahr Schwarz-grün in Augsburg hat sich daran offenbar nichts geändert. Auch auf dem Sommerempfang zeigt sich: Das Bündnis ist stabil. Peter Rauscher, der mit Verena von
Mutius-bartholy die Fraktion im Augsburger Rathaus leitet, zählt auf, wo die Stadtregierung aus seiner Sicht punkten konnte: „Klimaschutz, Bildung, Mobilität, Staatstheater.“Den Klimaschutz nennt er die „Existenzfrage unserer Zeit“– und betont, dass sich die Stadt beim Einsparen von CO2 ehrgeizige Ziele gesetzt habe.
Es gebe zwar auch Differenzen mit der CSU. Doch die stelle man um der gemeinsamen Sache willen zurück. Zwar grummelt es an der Basis von Grünen und CSU immer mal wieder, weil die Kompromisse nicht jeder und jedem passen. Doch auf der Arbeitsebene scheinen die Differenzen überschaubar zu sein. Man versteht sich gut. Das zeigt auch die prominente Csu-abordnung, die den Empfang der Grünen besucht. Neben der Oberbürgermeisterin ist auch Csu-fraktionschef Leo Dietz da, Sozialreferent Martin Schenkelberg und Bürgermeister Bernd Kränzle. Ein wichtiges Thema, das Potenzial hatte für Streit, ist gerade erst abgeräumt worden. Mit den Initiatorinnen und
Initiatoren des Rad-bürgerbegehrens soll ein Vertrag geschlossen werden, der viele Projekte für eine fahrradfreundlichere Stadt benennt. In dieser Woche soll er vom Stadtrat beschlossen werden, die Zustimmung gilt als sicher.
Ohne den Druck des Bürgerbegehrens wäre es der CSU wohl schwerer gefallen, so weitreichend den Radverkehr zu fördern und dabei auch Einschnitte für Autos – etwa beim Parken – vorzunehmen. Peter Rauscher jedenfalls zeigt sich zufrieden. Augsburg werde den Titel „Fahrradstadt’“künftig wirklich verdienen, ist er überzeugt. Die Grünen in Augsburg hätten bewiesen, dass sie „team- und regierungsfähig“seien, sagt Verena von Mutius-bartholy. Nun strebe man bei der Bundestagswahl im Herbst ein gutes grünes Ergebnis an.
Können die Augsburger Grünen bei der Wahl im Herbst auch mit ihrer Regierungsarbeit in der Stadtregierung punkten? Gelingt es, beim
Ergebnis noch mal zuzulegen? Diese Fragen werden beim Empfang diskutiert. Klar ist, das hört man in den Gesprächen: Man hofft darauf, vom Juniorpartner der CSU zum größeren Partner zu werden. Die Grünen halten es zumindest für möglich, der CSU erstmals das Direktmandat für den Bundestag in Augsburg abzuluchsen. Bei der letzten Bundestagswahl im Jahr 2017 landete Claudia Roth auf Rang drei hinter CSUMANN Volker Ullrich, der am meisten Stimmen holte, und hinter Ulrike Bahr von der SPD. Für die jetzt anstehende Wahl gilt Volker Ullrich zwar wieder als Favorit.
Der zweite Platz müsse es dieses Mal aber mindestens sein, meint ein langjähriger Grüner. Und vielleicht, wer wisse das schon, reiche es sogar für Platz 1. Der Wahlkampf hat jedenfalls begonnen. Am Wochenende hängten Mitglieder der Grünen die ersten Plakate in der Stadt auf, auch SPD und Linkspartei haben mit dem Plakatieren begonnen.