Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Fall der „bissigen Wirtin“landet vor Gericht
Eine Gastronomin soll vor ihrem Maxstraßen-lokal einen Polizisten gebissen haben. Nun gibt es deshalb einen Prozess
Die Krawallnacht auf der Maximilianstraße vor rund vier Wochen hat viele Augsburger erschüttert – und Konsequenzen mit neuen Regeln nach sich gezogen. Es war nicht das erste Mal, dass in Augsburgs Prachtstraße, die an den Wochenenden nachts zur Partymeile wird, Einsatzkräfte angegriffen wurden und sich ein Mob gegen die Polizei solidarisierte. Für bundesweite Schlagzeilen hatten im Frühjahr 2020 ausgerechnet eine Kneipenbetreiberin und ihre Familie gesorgt. Am Montag wird der Fall um die „bissige Wirtin“nun vor dem Amtsgericht verhandelt.
Angeklagt sind die 32-jährige Gastronomin, ihre 63 Jahre alte Mutter sowie der 58 Jahre alte Vater. Die beiden Frauen müssen sich unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, Widerstand gegen Voll
und Beleidigung verantworten, der Vater wegen Widerstands. Es geschah an einem Abend im Mai vergangenen Jahres. Die Corona-ausgangsbeschränkungen waren gelockert, die Menschen zog es in die Innenstadt – vor allem die Jungen kamen in die Maximilianstraße, um sich in den Bars und Cafés Getränke zum Mitnehmen zu kaufen.
Weil Mindestabstände nicht mehr eingehalten wurden, forderten Mitarbeiter des städtischen Ordnungsdienstes Barbetreiber auf, den Getränkeverkauf zu beenden. Die damals 30-jährige Wirtin des Cafés „Corso“allerdings soll weiter verkauft und die Lautstärke der Musik aufgedreht haben, um die Nachtschwärmer auf ihre geöffnete Bar aufmerksam zu machen – das wirft ihr nun die Anklage vor.
Als Ordnungsdienst-mitarbeiter sie darauf ansprachen, soll die Wirtin sie beleidigt haben. Die städtischen Angestellten baten daraufhin die Polizei um Unterstützung. Doch auch die Beamten konnten nichts ausrichten. Als die Situation eskalierte und die offenbar renitente Wirtin und ihre Mutter festgenommen werden sollten, sollen die Frauen massiv Widerstand geleistet haben. Laut Anklage beleidigten sie nicht nur die Beamstreckungsbeamte ten, sondern schubsten und schlugen sie. Ein Polizist wurde dabei in den Oberschenkel gebissen.
Der Biss soll so massiv gewesen sein, dass dabei der Stoff der Hose kaputtging und er eine klaffende Wunde erlitt. Der Beamte wurde im Krankenhaus behandelt, die Bisswunde musste ausgeschabt werden. Als die Polizisten die aggressiven Frauen zu Boden bringen wollten, soll der Vater der Wirtin versucht haben, dies zu verhindern, indem er die Beamten wegstieß. In diesem Tumult solidarisierten sich umstehende Nachtschwärmer mit der Barbetreiberin und deren Eltern. Tische und Stühle wurden umgeworfen, „Polizeigewalt“skandiert. Manche filmten den Einsatz und stellten die Videos in soziale Netzwerke. Dabei sorgte ein Video besonders für Aufsehen. Auf ihm war zu sehen, wie im Handgemenge ein Beamter plötzlich zuschlug – offensichtlich in Richtung des Kopfes einer der Frauen. Diese Szene ließ die Situation mit Augenzeugen eskalieren. Die Wirtin selbst hatte den Verlauf des Abends anders geschildert, sich und ihre Familie als Opfer von Polizei-willkür gesehen. Weil an jenem Abend aus der Menschenmenge heraus Vorwürfe, insbesondere wegen des Schlags, geäußert wurden, überprüfte das Landeskriminalamt den Polizeieinsatz.
Dazu werteten die Lka-ermittler zehntausende Einzelbilder der Handyaufnahmen des Abends aus. Die Ermittler sahen jedoch kein Fehlverhalten der Polizisten. Sie gingen davon aus, dass der Beamte, der auf dem Video zu sehen ist und zugeschlagen hat, zuvor von der Wirtin in den Oberschenkel gebissen wurde. Nicht nur er, sondern auch drei weitere Beamte waren bei dem Einsatz nach Polizeiangaben verletzt worden.