Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wer beim FCA künftig vorangeht
Trainer Markus Weinzierl setzt in seinem Mannschaftsrat auf bewährte Kräfte. Beim etatmäßigen Elfmeterschützen des FC Augsburg zeichnet sich eine Veränderung ab
Als der Schiedsrichter den Strafstoß für den FC Augsburg verhängt, schreitet Jeffrey Gouweleeuw zur Tat. 0:2 liegt der FCA im Test gegen den aserbaidschanischen Erstligisten Qarabag FK am Donnerstag zurück. Es gilt, Verantwortung zu übernehmen. Gouweleeuw trifft, die Partie endet 2:2. Am Tag danach spaziert der Niederländer zum Mittagsbuffet mit den Kollegen. Auf den Elfmeter angesprochen, sagt der Innenverteidiger aus den Niederlanden mit einem Grinsen: „Die anderen hatten ihre Chance.“
Die anderen, das sind Alfred Finnbogason, Florian Niederlechner oder Daniel Caligiuri. In den beiden vergangenen Spielzeiten waren sie nicht ohne Fehlschuss geblieben. Gut möglich also, dass sich Gouweleeuw künftig dem Nervendruck am Elfmeterpunkt aussetzen darf. Dass der 30-jährige Kapitän noch mehr Verantwortung übernehmen wird, als das bisher schon der Fall war.
Trainer Markus Weinzierl, 46, hat bei seiner Rückkehr erklärt, dass es ihm wichtig sei, eine Achse zu bilden. Einst bestand dieses Rückgrat seiner Elf aus Hitz, Klavan, Baier und Altintop, über die Jahre hat sich das Gerüst verändert. Wichtige Bausteine befinden sich im Mannschaftsrat. Gouweleeuw, Florian Niederlechner, Daniel Caligiuri, Alfred Finnbogason und Rafal Gikiewicz bilden dieses Gremium. Eine der wichtigsten Aufgaben dabei: Strömungen in der Kabine einfangen, gegebenenfalls gegensteuern und für ein gesundes Binnenklima sorgen.
Als eine der ersten Handlungen hat Weinzierl Torwart Gikiewicz in den Mannschaftsrat beordert. Für den Spieler ein überraschendes aber auch sehr schönes Gefühl, merkt der 33-Jährige an. Selbstverständlich sei das nicht gewesen, dass ein neuer Trainer sogleich auf ihn setze, fügt er hinzu. Schließlich hätten sich beide vorher nicht gekannt.
Im Gespräch wird deutlich, warum der Trainer auf den kommunikativen Profi setzt. Gikiewicz ist ein offener und ehrlicher Typ, der von sich und seinen Mitspielern Leistung einfordert. Dass der Vertrag mit ihm bis Sommer 2023 verlängert wurde, ist als deutliches Signal zu werten. Als Führungsspieler soll Gikiewicz vorangehen, sein Wort hat auf und neben dem Platz Gewicht. er Fehler, spricht er diese direkt an. Diese Form von Kritik will sich der Torhüter bewahren. Vor allem will er diese aber nicht falsch verstanden wissen. „Das ist meine Rolle, die Spieler manchmal wachzurütteln. Ich will meine Mitspieler nicht fertigmachen. Ich will, dass wir uns alle verbessern. Ich sehe kein Problem darin, Dinge klar anzusprechen.“Ähnlich verfahren Niederlechner oder Gouweleeuw. Auch sie sind Spieler, die in Interviews den diplomatischen Rahmen verlassen, wenn sie einen Anlass dafür sehen und sich einen Mehrwert für die Mannschaft erhoffen.
In vielen Bereichen ist der FC Augsburg auf den Teamgedanken angewiesen. Erfüllt ein Spieler auf dem Rasen seine Aufgabe nicht, schlägt das Pressing fehl und die Taktik des Trainers geht nicht auf. Der FCA verfügt zwar über Qualität, nicht aber über außergewöhnliche Einzelkönner, die strategisches Fehlverhalten in der Bundesliga ohne Verluste wettmachen könnten. Also: Es zählt der Teamgeist.
Während der Tage in Tirol scheint das Miteinander zu funktionieren. Womöglich sind es auch die Rahmenbedingungen, die die Atmosphäre positiv beeinflussen: gutes Hotel, gutes Essen und guter Trainingsplatz. Obendrein schienen sich die Profis regelrecht auf die Tage im malerischen Kaiserwinkl zu freuen, nachdem sie eineinhalb Jahre unter Corona-bedingungen ihsieht rem Beruf nachgehen mussten. Auf dem Rasen herrscht mitunter ein rauer Ton. Weinzierl gibt klare Kommandos und erwartet, dass diese umgesetzt werden. Andererseits bemüht er sich im Verbund mit seinen kommunikativen Co-trainern Tobias Zellner, Jonas Scheuermann und Rainer Maurer um steten Austausch mit seinen Spielern.
Noch steht der Mannschaftsrat vor keinen großen Herausforderungen. Doch diese scheinen eine Frage von Zeit zu sein. Bleibt Erfolg aus, sinkt die Stimmung allgemein. Wer nicht spielt, wird unzufrieden werden. Als Kevin Danso aus der Reihe tanzte, konnte ihn kein Mitspieler mehr aufhalten. Auch der Einfluss des Mannschaftsrates ist begrenzt.