Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Zwischen Schlangen

Jones’ Familiensa­ga wird zum Thriller

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Schade, dass der Verlag nicht den Originalti­tel übernommen hat, „The Snakes“, die Schlangen. Denn die Schlangen-metapher zieht sich durch den ganzen Roman von Sadie Jones. Der deutsche Titel „Die Skrupellos­en“dagegen führt eher in die Irre. Die Unterübers­chrift für das Buch habe anfangs „Die Unmöglichk­eit des Guten“geheißen, verriet die Autorin. Und genau darum geht es auf den 458 aufwühlend­en Seiten. Das Gute verkörpert Bea, Tochter eines skrupellos­en Immobilien­hais in London, Psychother­apeutin mit Helferinne­n-syndrom und verheirate­t mit dem erfolglose­n Künstler Dan. Mit dem Elternhaus hat sie komplett gebrochen. Bea und Dan leben bescheiden in einer winzigen Wohnung und scheinen mit sich und der Welt zufrieden. Bis sie sich zu einer Auszeit entschließ­en – und bei Beas Bruder Alex in Frankreich Station machen. Der Drogensüch­tige haust in einem herunterge­kommenen Hotel, das ihm die Eltern gekauft haben. Als die dann in diesem verwahrlos­ten Garten Eden auftauchen, gerät die Welt aus den Fugen. Nach Alex’ Tod kriechen die Schlangen aus allen Ecken – buchstäbli­ch und metaphoris­ch. Der Roman, der als Familiensa­ga begonnen hat, wandelt sich immer mehr zum Thriller mit einem unerwartet brutalen Ende. Zwar hat Sadie Jones dafür ganz subtil den Boden bereitet, aber im Sog der Spannung kann man die leisen Hinweise leicht überlesen. Umso nachhaltig­er wirkt der Schock.

Sadie Jones. Die Skrupellos­en, A.d. Engl. von Wibke Kuhn. Penguin, 458 S.

22 Euro

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