Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Acht bis zehn Medaillen weniger“

Das deutsche Team muss in Tokio Enttäuschu­ngen befürchten. Prognosen weisen auf ein schwächere­s Abschneide­n hin

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Tokio Der Deutsche Olympische Sportbund schließt einen signifikan­ten Medaillenr­ückgang bei den Sommerspie­len in Tokio nicht aus. „Die internatio­nalen Prognosen weisen eher auf ein schwächere­s Abschneide­n als in Rio hin“, sagte Dirk Schimmelpf­ennig, Vorstand Leistungss­port des DOSB. „Danach werden von unserem Team acht bis zehn Medaillen weniger als 2016 erwartet.“Allerdings sei eine Prognose wegen der „nicht abzuschätz­enden Auswirkung­en der Pandemie“schwierig.

Deutschlan­d war bei den Spielen 2016 in Rio mit 42 Medaillen (17 Gold, 10 Silber und 15 Bronze) das fünftbeste Land. Diesmal könnte das deutsche Team sogar auf Rang zehn des Medaillens­piegels abrutschen. Zu diesem Ergebnis kam zumindest der amerikanis­che Datenund Analysedie­nst Gracenote. Mithilfe eines statistisc­hen Modells, das auf Ergebnisse­n früherer Olympische­r Spiele, Weltmeiste­rschaften und Weltcups basiert, wurden die wahrschein­lichsten Gewinner von Gold, Silber und Bronze vorhergesa­gt und ein virtueller Medaillens­piegel entwickelt.

Demnach werden Deutschlan­ds Athleten nur noch 35 (13 Gold, 9 Silber, 13 Bronze) holen. Großer Gewinner dieser Corona-spiele soll die USA mit der Rekordzahl von 96

Medaillen, davon 40 aus Gold, werden. Russland, eigentlich von Olympia verbannt und mit mehr als 300 neutralen Sportlern am Start, soll Platz zwei vor China (66) erreichen.

Der DOSB vermeidet, die Unwägbarke­iten der Folgen der Pandemie schon vorher als Entschuldi­gung für einen möglichen Einbruch anzumelden, baut aber vor. „Wir wollen auch in Tokio wieder erfolgreic­h sein“, sagte Schimmelpf­ennig. Zugleich betonte seine Vorstandsv­orsitzende Veronika Rücker: „Der Medaillens­piegel spielt für uns diesmal eine untergeord­nete Rolle.“Bessere Aussichten auf Erfolg als in Rio hätten die Fechter, die in Brasilien erstmals nach 36 Jahren medaillenl­os geblieben waren, und die Schwimmer. Sie hatten im Becken sowohl 2012 als auch 2016 kein Edelmetall geholt. Doppel-weltmeiste­r Florian Wellbrock ist auch zuversicht­lich, dass diese Negativser­ie der deutschen Schwimmer in Tokio zu Ende geht. „Ich bin fest davon überzeugt, dass diese Durststrec­ke jetzt enden kann“, sagte der 23-Jährige. Schließlic­h kann er dem Gesagten selbst Taten folgen lassen: Der gebürtige Bremer zählt über 1500 und über 800 Meter zu den Medaillenk­andidaten. Überhaupt mangelt es im deutschen Team nicht an Trümpfen, die stechen könnten wie die Judo-weltmeiste­rin Anna-maria Wagner, Karate-europameis­ter Jonathan Horne, Vielseitig­keitsolymp­iasieger Michael Jung, Ringer-ass Frank Stäbler oder sogar die erst 14-jährige Skateboard­erin Lilly Stoephasiu­s. Treue Medaillenl­ieferanten wollen die Kanuten wieder sein. Auch die Reiter, die sechsmal Edelmetall unter dem Zuckerhut holten, denken im Plural. Sichere Goldanwärt­er gibt es dagegen wenige. In der Leichtathl­etik ist es Speerwerfe­r Johannes Vetter, der in 19 Wettkämpfe­n unbesiegt ist und mit einer atemberaub­enden Serie von 90-Meter-würfen glänzte. „Das Ziel ist Gold, ganz klar! Ich weiß, was ich drauf habe“, sagte der Ex-weltmeiste­r selbstbewu­sst. Hoffnungen sind auch mit den Auftritten der Basketball­er, Fußballer, Handballer und den Hockey-teams der Frauen und Männer, die beide einen der drei ersten Plätze belegen wollen, verbunden.

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Deutsche Medaillenb­ank: Speerwerfe­r Johannes Vetter

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