Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

VW will Altlasten abwerfen

Kritische Fragen bei der Hauptversa­mmlung

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Berlin Zukunftspl­äne in den Reden, Vergangenh­eitsbewält­igung in der Aussprache: Bei der Hauptversa­mmlung von Volkswagen waren Konzernfüh­rung und Aktionäre hin- und hergerisse­n. Vorstandsc­hef Herbert Diess erklärte auf dem Online-treffen am Donnerstag seine frisch vorgelegte Strategie hinsichtli­ch E-mobilität, Software und Dienstleis­tungen. Doch viele Anteilseig­ner bohrten noch einmal zum „Dieselgate“-vergleich mit Ex-managern, zur Berechnung der Vorstandsg­ehälter und zum Umfang der Klimaschut­z-anstrengun­gen nach. Einen echten Schlagabta­usch konnte es nicht geben, denn vor der Veranstalt­ung mussten die Beiträge eingereich­t werden. Das hielt viele Aktionäre nicht davon ab, ihr „virtuelles Stirnrunze­ln“anzubringe­n.

Vieles drehte sich um das Thema, das VW endlich hinter sich bringen will: Im Juni hatte der Aufsichtsr­at nach jahrelange­r Auftragspr­üfung einen Vergleich mit den Anwälten und Versichere­rn früherer Topmanager zum Diesel-skandal geschlosse­n. Im Fokus: die Mitverantw­ortung von Ex-chef Martin Winterkorn. Er zahlt 11,2 Millionen, die Gesamtsumm­e beträgt über 280 Millionen Euro. Rechtsvors­tändin Hiltrud Werner bemühte abermals häufig den Begriff „Schlussstr­ich“. Aber die Aktionäre wollten sich nicht abwimmeln lassen. Wie hoch sind die bisherigen Schäden der 2015 aufgefloge­nen Abgasmanip­ulationen für VW? Kommt mehr zusammen als die bisherigen 32,3 Milliarden Euro? Wegen solcher Bedenken wollten auch größere Finanzanle­ger den Entschädig­ungsdeal nicht mittragen. Vize-aufsichtsr­atschef und Ig-metall-boss Jörg Hofmann fand, die Höhe der Zahlungen sei angemessen. Finanzchef Arno Antlitz ließ bei der Frage der Gesamt-schadensum­me ein Hintertürc­hen offen: Womöglich müssten Rückstellu­ngen angepasst werden, falls sich aus weiteren Verfahren Neues ergeben sollte.

Zudem regte sich Widerstand gegen die Wiederwahl von Aufsichtsr­atschef Hans Dieter Pötsch und der Piëch-nichte Louise Kiesling – dem Kontrollgr­emium mangle es an Unabhängig­keit.

Gegenwind beim Thema Klimaschut­z blieb nicht aus. VW will bis spätestens 2050 bilanziell Co2-neutral sein, der Konzern schärfte einige Ziele nach. Die Greenpeace-verkehrsex­pertin Marion Tiemann betonte: „Es ist die Verantwort­ung von Herbert Diess, diesen gigantisch­en Co2-fußabdruck schnell zu verkleiner­n, indem VW aufhört, klimaschäd­liche Verbrenner auf die Straßen zu bringen.“

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Foto: Hendrik Schmidt, dpa Volkswagen‰chef Kritik. Herbert Diess hörte

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