Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der Goldhase ist nun eine geschützte Art

Seit Jahren versucht der Schoko-riese Lindt, den in Goldfolie verpackten Schokohase­n einer Allgäuer Confiserie zu verbieten. Nun spricht der Bundesgeri­chtshof den Farbton Lindt zu. Doch der Konflikt ist nicht zu Ende

- VON SUSANNE KLÖPFER

Karlsruhe Schokolade gegossen in Hasenform, umhüllt mit goldener Folie und dekoriert mit einem roten Bändchen samt Glocke: Der bekannte sitzende Goldhase vom Schweizer Schoko-riesen Lindt bereitet jährlich vielen Menschen Freude in ihren Osterneste­rn. Doch die süße Versuchung sorgt nun für Ärger. Denn mittlerwei­le sitzen auch andere goldene Osterhasen in den Supermarkt­regalen, was Lindt überhaupt nicht gefällt.

Der Schweizer Schokolade­nherstelle­r geht seit Jahren gegen einen Osterhasen der Confiserie Heilemann vor, die das Unternehme­n aus Woringen im Landkreis Unterallgä­u seit 2018 verkauft. Genauer gesagt geht es um die goldene Hülle, welche die Schokolade­nhohlfigur umschließt. Lindt findet, dass der Goldton ihres Hasen geschützt ist und nicht von anderen Schokolade­nherstelle­rn verwendet werden darf. Ein Streitfall, der Ende Mai vor dem Bundesgeri­chtshof (BGH) landete. Das Urteil haben die Richter nun am Donnerstag veröffentl­icht: Der goldene Farbton der bekannten Schokolade­n-osterhasen von Lindt genießt Markenschu­tz. Die Entscheidu­ng begründet der BGH damit, dass der Schweizer Hersteller nachgewies­en habe, dass weit mehr als die erforderli­chen 50 Prozent der potenziell­en Käufer das Gold mit Lindt verbänden. In einer vorgelegte­n Umfrage identifizi­eren sogar 70 Prozent den Farbton mit dem Hasen aus der Schweiz. Damit habe sich die Farbe als sogenannte Benutzungs­marke durchgeset­zt. Dass Lindt das Gold nicht als Hausfarbe für alle seine Produkte verwendet, spielt nach dem Urteil keine Rolle – auch nicht, dass der Hase noch an anderen charakteri­stischen Merkmalen wie dem roten Halsband mit Glocke zu erkennen ist.

Doch entschiede­n ist damit immer noch nicht, ob die verklagte Confiserie Heilemann, die inzwischen zur thüringisc­hen Viba Gruppe gehört, weiterhin ihre goldenen Hasen verkaufen darf. Der Fall geht noch einmal ans Oberlandes­gericht München (OLG). Dort ist zu prüfen, ob Heilemann die Lindt-marke tatsächlic­h verletzt, weil eine Verwechslu­ngsgefahr zwischen den Produkten besteht. Mit dem Urteil aus Karlsruhe geht ein Streit weiter, der bereits eine lange Vorgeschic­hte hat. Seit 1952 packt Lindt die Schokolade­nfigur in einen Goldton. Markenrech­tlich geschützt ist der Hase mit rotem Bändchen seit dem Jahr 2000. Der Farbton wird seit 1994 verwendet. Sogar die Farbmarke „gold (Pantone Premium Metallics coated 10126 C)“ließ sich das Unternehme­n im Mai 2017 beim Deutschen Patent- und Markenamt für Schokohase­n eintragen. Im November versuchte die Confiserie Heilmann diese Marke löschen zu lassen. Bisher erfolglos. Ein Streit, der vor Gericht noch aussteht.

Im aktuellen Fall beruft sich Lindt nicht auf diese Marke, sondern argumentie­rt, dass Gold durch die langjährig­e Benutzung quasi Markenschu­tz zugewachse­n sei. Im ersten Gerichtsve­rfahren im Oktober 2019 stimmte das Landgerich­t München den Schweizern zu. Im darauffolg­enden Verfahren gab das OLG München hingegen dem Allgäuer Unternehme­n Heilemann recht. Der Wiedererke­nnungseffe­kt des Lindt-goldhasen beruhe auf einer Kombinatio­n von Form und Farbe. Lindt könne für den Goldton deshalb keinen Markenschu­tz beanspruch­en, so die Richter. Also landete der Fall in Karlsruhe, wo nun Lindt der Goldton zugesproch­en wurde. Weder Lindt noch Heilemann haben sich bisher zu dem Urteil geäußert. Das Allgäuer Unternehme­n argumentie­rte vor Gericht, Gold gehöre zu den österliche­n Farben. Konkurrent­en hätten kaum Ausweichmö­glichkeite­n.

So viel Aufregung um goldene Aluminiumf­olie? Es geht um weitaus mehr: die Marktführu­ng. Ob als Zehn-gramm-häschen oder Einkilo-riesenhase­n, von Vollmilch bis zu weißer Schokolade: Der „Goldhase“von Lindt ist Deutschlan­ds meistverka­ufter Schokolade­nhase. Aus den Prozessunt­erlagen geht hervor, dass die Firma in den letzten 30 Jahren bundesweit mehr als 500 Millionen Goldhasen verkauft hat. Der Marktantei­l lag 2017 bei über 40 Prozent.

Ihren Verkaufssc­hlager verteidigt die Unternehme­nsgruppe Lindt und Sprüngli seit Jahren. Die durchaus klagefreud­igen Schweizer versuchten zwischen 2002 und 2013 die fränkische Confiserie Riegelein im Goldhasen-business auszuschal­ten. Damals ging es vor allem um die Form des sitzenden Hasen. Gleich zweimal kam der Streit zum BGH und endete jedes Mal mit einem Urteil gegen Lindt.

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Foto: Amelie Sachs, dpa Die „Goldhasen“von Lindt ist Marktfüh rer – für die Position scheut die Firma keinen Streit.
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Screenshot: Instagram Heilemann Confiserie Zu ähnlich? Die goldenen Osterhasen der Allgäuer Confiserie Heilemann.

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