Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Der Goldhase ist nun eine geschützte Art
Seit Jahren versucht der Schoko-riese Lindt, den in Goldfolie verpackten Schokohasen einer Allgäuer Confiserie zu verbieten. Nun spricht der Bundesgerichtshof den Farbton Lindt zu. Doch der Konflikt ist nicht zu Ende
Karlsruhe Schokolade gegossen in Hasenform, umhüllt mit goldener Folie und dekoriert mit einem roten Bändchen samt Glocke: Der bekannte sitzende Goldhase vom Schweizer Schoko-riesen Lindt bereitet jährlich vielen Menschen Freude in ihren Osternestern. Doch die süße Versuchung sorgt nun für Ärger. Denn mittlerweile sitzen auch andere goldene Osterhasen in den Supermarktregalen, was Lindt überhaupt nicht gefällt.
Der Schweizer Schokoladenhersteller geht seit Jahren gegen einen Osterhasen der Confiserie Heilemann vor, die das Unternehmen aus Woringen im Landkreis Unterallgäu seit 2018 verkauft. Genauer gesagt geht es um die goldene Hülle, welche die Schokoladenhohlfigur umschließt. Lindt findet, dass der Goldton ihres Hasen geschützt ist und nicht von anderen Schokoladenherstellern verwendet werden darf. Ein Streitfall, der Ende Mai vor dem Bundesgerichtshof (BGH) landete. Das Urteil haben die Richter nun am Donnerstag veröffentlicht: Der goldene Farbton der bekannten Schokoladen-osterhasen von Lindt genießt Markenschutz. Die Entscheidung begründet der BGH damit, dass der Schweizer Hersteller nachgewiesen habe, dass weit mehr als die erforderlichen 50 Prozent der potenziellen Käufer das Gold mit Lindt verbänden. In einer vorgelegten Umfrage identifizieren sogar 70 Prozent den Farbton mit dem Hasen aus der Schweiz. Damit habe sich die Farbe als sogenannte Benutzungsmarke durchgesetzt. Dass Lindt das Gold nicht als Hausfarbe für alle seine Produkte verwendet, spielt nach dem Urteil keine Rolle – auch nicht, dass der Hase noch an anderen charakteristischen Merkmalen wie dem roten Halsband mit Glocke zu erkennen ist.
Doch entschieden ist damit immer noch nicht, ob die verklagte Confiserie Heilemann, die inzwischen zur thüringischen Viba Gruppe gehört, weiterhin ihre goldenen Hasen verkaufen darf. Der Fall geht noch einmal ans Oberlandesgericht München (OLG). Dort ist zu prüfen, ob Heilemann die Lindt-marke tatsächlich verletzt, weil eine Verwechslungsgefahr zwischen den Produkten besteht. Mit dem Urteil aus Karlsruhe geht ein Streit weiter, der bereits eine lange Vorgeschichte hat. Seit 1952 packt Lindt die Schokoladenfigur in einen Goldton. Markenrechtlich geschützt ist der Hase mit rotem Bändchen seit dem Jahr 2000. Der Farbton wird seit 1994 verwendet. Sogar die Farbmarke „gold (Pantone Premium Metallics coated 10126 C)“ließ sich das Unternehmen im Mai 2017 beim Deutschen Patent- und Markenamt für Schokohasen eintragen. Im November versuchte die Confiserie Heilmann diese Marke löschen zu lassen. Bisher erfolglos. Ein Streit, der vor Gericht noch aussteht.
Im aktuellen Fall beruft sich Lindt nicht auf diese Marke, sondern argumentiert, dass Gold durch die langjährige Benutzung quasi Markenschutz zugewachsen sei. Im ersten Gerichtsverfahren im Oktober 2019 stimmte das Landgericht München den Schweizern zu. Im darauffolgenden Verfahren gab das OLG München hingegen dem Allgäuer Unternehmen Heilemann recht. Der Wiedererkennungseffekt des Lindt-goldhasen beruhe auf einer Kombination von Form und Farbe. Lindt könne für den Goldton deshalb keinen Markenschutz beanspruchen, so die Richter. Also landete der Fall in Karlsruhe, wo nun Lindt der Goldton zugesprochen wurde. Weder Lindt noch Heilemann haben sich bisher zu dem Urteil geäußert. Das Allgäuer Unternehmen argumentierte vor Gericht, Gold gehöre zu den österlichen Farben. Konkurrenten hätten kaum Ausweichmöglichkeiten.
So viel Aufregung um goldene Aluminiumfolie? Es geht um weitaus mehr: die Marktführung. Ob als Zehn-gramm-häschen oder Einkilo-riesenhasen, von Vollmilch bis zu weißer Schokolade: Der „Goldhase“von Lindt ist Deutschlands meistverkaufter Schokoladenhase. Aus den Prozessunterlagen geht hervor, dass die Firma in den letzten 30 Jahren bundesweit mehr als 500 Millionen Goldhasen verkauft hat. Der Marktanteil lag 2017 bei über 40 Prozent.
Ihren Verkaufsschlager verteidigt die Unternehmensgruppe Lindt und Sprüngli seit Jahren. Die durchaus klagefreudigen Schweizer versuchten zwischen 2002 und 2013 die fränkische Confiserie Riegelein im Goldhasen-business auszuschalten. Damals ging es vor allem um die Form des sitzenden Hasen. Gleich zweimal kam der Streit zum BGH und endete jedes Mal mit einem Urteil gegen Lindt.