Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Vom Klang und Duft der Heimat
Die Sinnlichkeit der Nase ist legendär. Es kommt vor, dass man jemanden nicht riechen kann oder dass etwas zum Himmel stinkt. Man kann sich – immer der Nase nach – an ihr orientieren, sie in fremde Angelegenheiten stecken oder sich an die eigene fassen. Und man kann mit ihr den Duft der großen weiten Welt einsaugen.
Für das, was die Nase wahrnimmt, hält die deutsche Sprache präzise Begriffe bereit: Duft (schön), Geruch (neutral), Gestank (eklig). So scharf abgegrenzt, wie man meinen könnte, sind diese Begriffe aber nicht. Schließlich hat jeder seine eigene Nase und wovor es dem einen ganz fürchterlich graust, kann für den anderen der höchste Wohlgeruch sein – zum Beispiel bei einigen Käsesorten.
Ähnliches gilt für die Ohren. Für die einen klingt es wie Musik, wenn ein Ferrari beschleunigt oder ein Flugzeug abhebt. Andere stören sich schon an Vogelgezwitscher oder laut spielenden Kindern.
Der für seinen Hang zum sinnlichen Erleben bisher kaum bekannte bayerische Wirtschaftsminister Aiwanger überraschte jetzt mit dem Vorschlag, dem Beispiel Frankreichs zu folgen und „regionaltypische Geräusche und Gerüche“besonders zu schützen – etwa den Hahnenschrei am Morgen oder den Geruch einer Backstube. Bayern soll so riechen dürfen und sich so anhören wie eh und je. Ein Gesetz zum Schutz des „Sinneserbes“soll „neu Zugereisten“den Klageweg gegen Lärm- und Geruchsbelästigungen auf dem Dorf erschweren. Aiwanger will den Prozesshanseln eine lange Nase machen, selbst wenn ihnen das gewaltig stinkt.