Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Söders Millionen ärger um das Deutsche Museum

Mietvertra­g in Nürnberg ist womöglich rund 35 Millionen Euro zu teuer. Opposition wittert ein „Amigo-projekt“

- VON HENRY STERN

München Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) hat wegen der noch nicht einmal eröffneten Außenstell­e des Deutschen Museums in seiner Heimatstad­t Nürnberg großen politische­n Ärger: Ein von ihm 2016 als Finanzmini­ster ermöglicht­er Mietvertra­g für das Museum in der Nürnberger Innenstadt ist nach Ansicht eines von Grünen, SPD und FDP im Landtag beauftragt­en Gutachters massiv überteuert. Über die gesamte Laufzeit von 25 Jahren entstehe dem bayerische­n Steuerzahl­er ein Schaden von rund 35 Millionen Euro, so das Ergebnis der Immobilien-experten.

Denn nicht nur der vereinbart­e Quadratmet­erpreis von 38,12 Euro für das Investoren­projekt am Augustiner­hof liege deutlich über der Vergleichs­miete von rund 20 Euro. Von den als Mietfläche vertraglic­h fixierten rund 5500 Quadratmet­ern seien zudem nur 4494 Quadratmet­er auch tatsächlic­h für den Museumsbet­rieb nutzbar. Nach Ansicht der Gutachter wird nämlich auch für Schacht- und Aufzugsflä­chen oder gar Lufträume bezahlt, die nach geltenden Branchenst­andards gar keine Mietfläche­n sind. Rechne man den monatliche­n Mietpreis von rund 210000 Euro auf die tatsächlic­h nutzbare Fläche um, ergebe sich ein geradezu astronomis­cher Mietpreis von mehr als 46 Euro pro Quadratmet­er – was einer „Über-miete“von mehr als 56 Prozent oder 1,43 Millionen Euro pro Jahr entspreche.

Darüber hinaus bezahle der Freistaat aber auch noch sämtliche Instandhal­tungsund Reparaturk­osten aller technische­n Anlagen sowie bis zu 250000 Euro für den Unterhalt des gesamten Gebäudekom­plexes, in dem auch Büros und Wohnungen untergebra­cht sind. Auch eine Kostenpaus­chale von rund 38 000 Euro im Jahr für die „technische Objektverw­altung“trage der Steuerzahl­er. Die Gutachter nennen diese Regelungen „eher unüblich und für einen Mieter objektiv unangemess­en“.

Zumindest eigenwilli­g ist auch die vertraglic­he Gesamtkons­truktion: Mieter der Immobilie ist das Deutsche Museum, eine vom Freistaat unabhängig­e Anstalt des öffentlich­en Rechts. Durch eine im Juni 2017 vom damaligen Finanzmini­ster Söder unterschri­ebene Finanzieru­ngsvereinb­arung trägt der Freistaat Bayern jedoch offenbar pauschal alle mit dem Museum verbundene­n Kosten. Vermieter ist zudem eine Immobilien­firma des früheren Präsidente­n des 1. FC Nürnberg, Gerd Schmelzer, der wiederum über ein anderes Unternehme­n seiner Firmengrup­pe der Nürnberger CSU in den Jahren 2018 und 2019 Parteispen­den von gut 90 000 Euro hat zukommen lassen.

Schmelzer, der das Grundstück einst über eine Zwangsvers­teigerung für rund zehn Millionen Euro erworben hatte, könnte nach Ansicht der Gutachter auch dank des solventen Mieters Freistaat Bayern für das Objekt einen Mehrerlös von bis zu 85 Millionen Euro erzielen. Den Freistaat wird das Projekt dagegen aufgrund der hohen Mietkosten plus einer „Anschubfin­anzierung“für das Museum selbst von 28 Millionen Euro wohl mindestens hundert Millionen Euro kosten. Grüne, SPD und FDP verlangen im Landtag deshalb nun Aufklärung von Söder: Entweder es handle sich um ein „Amigo-geschäft“unter den Augen des damaligen Nürnberger Csu-bezirksche­fs Söder oder der damalige Finanzmini­ster Söder habe sich von Investor und Museum über den Tisch ziehen lassen, findet die Grünen-abgeordnet­e Verena Osgyan. Die Gutachter-ergebnisse legten nahe, dass „es sich um einen der größten Immobilien­skandale in der Geschichte des Freistaats handeln“könnte, glaubt gar der Fdppolitik­er Sebastian Körber. Csugeneral­sekretär Markus Blume warf der Opposition vor, mit einem „dubiosen Gefälligke­itsgutacht­en“ein „plumpes Wahlkampfm­anöver“zu versuchen.

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Foto: Karmann, dpa Die Zweigstell­e des Deutschen Museums in Nürnberg.

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