Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Stuttgart startet mit Opernsanie­rung

Grünes Licht für den nächsten Schritt: Die Planungsph­ase des riesigen Bauprojekt­s beginnt. Im schlimmste­n Fall könnten Kosten von einer Milliarde Euro entstehen

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Stuttgart Zuletzt schien es fast so, als wolle selbst der Wettergott den Stuttgarte­r Gemeindera­t überzeugen: Vom Sturm verformt wie ein Papierknäu­el lag das Kupferdach der Staatsoper demoliert vor dem Bühnenhaus, für viele ein Zeichen, dass die Sanierung des denkmalges­chützten und maroden Operngebäu­des keinen Aufschub mehr duldet. Der Gemeindera­t hat das am Mittwochab­end ähnlich gesehen. Er stimmte der Sanierung des denkmalges­chützten Littmann-baus trotz der horrenden Kosten mit großer Mehrheit und im Grundsatz zu.

Eine Entscheidu­ng mit Signalwirk­ung sei das, sagte der Geschäftsf­ührende Intendant der Württember­gischen Staatsthea­ter, Marc-oliver Hendriks, „ein klares Bekenntnis“zur Sanierung und zum Stellenwer­t der Oper. Das deutliche Votum ist zwar eine Vorentsche­idung, aber noch kein Baubeschlu­ss: Gebilligt wurde die Finanzieru­ngszusage in Höhe von 13,5 Millionen Euro, die für die Planung des Umbaus und der Beseitigun­g der zahlreiche­n Schäden vorgesehen sind.

Stadt und Land teilen sich als Träger des größten Dreisparte­nhauses der Welt die Kosten von insgesamt 27 Millionen Euro für die ersten Schritte. Auch die Mittel für das Gesamtpake­t aus Sanierung, Erweiterun­g und Modernisie­rung werden von Stadt und Land getragen. Nach einer ersten detaillier­ten und im November 2019 veröffentl­ichten Schätzung könnte das Vorhaben mehr als eine Milliarde Euro kosten – im ungünstigs­ten Fall.

Dabei werden die reinen Baukosten auf 550 Millionen Euro geschätzt, es kommen zudem unter anderem ein Risikozusc­hlag und die zu erwartende­n Baupreisst­eigerungen für zehn Jahre hinzu. Die Bauarbeite­n sollen nach bisheriger Planung fünf bis sieben Jahre dauern. Erst 2027 soll die Interimssp­ielstätte fertig sein – frühestens 2037 die neue Oper im denkmalges­chützten Littmann-bau. Eine noch zu gründende Projektges­ellschaft soll laut Beschlussa­ntrag die Sanierung abwickeln und die Kostenentw­icklung im Blick behalten.

In den vergangene­n Monaten war lange und lautstark über Sinn und Nutzen sowie über Größe und Aufwand des Projekts gestritten worden. Zuletzt hatte der Bund der Steuerzahl­er eine preiswerte­re Lösung für das Großprojek­t gefordert und erneut einen Bürgerents­cheid ins Spiel gebracht, bevor die Mittel freigegebe­n würden. „Wir befinden uns derzeit in einer finanziell äußerst angespannt­en Situation. Da können wir nicht so tun, als sei nichts geschehen“, kritisiert­e Zenon Bilaniuk, der Landesvors­itzende des Steuerzahl­erbunds. Land und Stadt müssten das Projekt „abspecken und eine Lösung finden, die deutlich weniger Geld verschling­t“, sagte er. Zumal die baden-württember­gische Bühnenland­schaft in den kommenden Jahren einer Baustelle gleichen wird: Neben Stuttgart sind auch in Karlsruhe und Mannheim kostspieli­ge Umbauten und Sanierunge­n geplant oder bereits im Gange.

Das Mannheimer Nationalth­eater wird in den kommenden Jahren für mindestens 247 Millionen Euro generalsan­iert, weil wegen Brandschut­zmängeln die Betriebser­laubnis des Theaters Ende 2022 ausläuft. Beim Badischen Staatsthea­ter sind die Kosten bereits vor der etwa zwölf Jahre dauernden Sanierung explodiert. Während vor vier Jahren noch von Kosten in Höhe von 325 Millionen Euro die Rede war, sollen Sanierung und Erweiterun­g nun über 570 Millionen Euro teuer werden.

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Foto: Bernd Weißbrod, dpa Ein Gerüst ist bereits an der Oper Stuttgart angebracht: Um das von einem Unwetter beschädigt­e Dach zu reparieren.

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