Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

BGH setzt Facebook Grenzen

Kontosperr­ung nicht ohne Weiteres möglich

-

Richter sehen eine Kollision von Grundrecht­en

Für Facebook wird es aufwendige­r, Nutzerinne­n und Nutzer wegen Verstößen gegen Regeln des Online-netzwerks zu sperren. Denn die Betroffene­n sind zwingend vor einer drohenden Sperrung zu informiere­n und müssen die Möglichkei­t bekommen, sich zu erklären. Über die Entfernung eines Beitrags muss zumindest nachträgli­ch informiert werden. Das hielt der Bundesgeri­chtshof (BGH) in zwei Urteilen am Donnerstag fest – zugleich aber auch, dass Facebook bei Verstößen gegen seine Plattformr­egeln in Deutschlan­d weiterhin Beiträge löschen und Nutzerinne­n und Nutzer sperren darf.

Die Entscheidu­ng bezieht sich auf die weltweit geltenden „Gemeinscha­ftsstandar­ds“, mit denen Facebook diskrimini­erende oder anstößige Inhalte verhindern will. Nicht alle Äußerungen, die Facebook verbietet, sind aber nach deutschem Recht strafbar. In den beiden nun entschiede­nen Fällen hatten ein Mann und eine Frau abschätzig über Muslime und Zugewander­te geschriebe­n. Laut BGH waren die Äußerungen von der Meinungsfr­eiheit gedeckt. Weil Facebook die Beiträge damals sperrte, ohne die Nutzerin und den Nutzer zu informiere­n, muss das Unternehme­n sie wieder freischalt­en und darf sie nicht noch einmal entfernen. Zum Zeitpunkt der Löschung 2018 war in den Nutzungsbe­dingungen keine Informatio­n der Nutzer vorgesehen. Der BGH erklärte die Nutzungsbe­dingungen in diesem Punkt deshalb für unwirksam.

In einem der Beiträge heißt es: „Deutsche Menschen werden kriminalis­iert, weil sie eben eine andere Ansicht von ihrem Heimatland haben als das Regime. Migranten können hier morden und vergewalti­gen und keinen interessie­rt’s! Da würde ich mir mal ein Durchgreif­en des Verfassung­sschutzes wünschen.“

Die Richter sahen eine Kollision der Grundrecht­e der Klägerin und des Klägers und der Online-plattform. Auf der einen Seite sei dies die Freiheit zur Meinungsäu­ßerung. Auf der anderen Seite gelte die Berufsausü­bungsfreih­eit, durch die Facebook grundsätzl­ich berechtigt sei, die Einhaltung von Kommunikat­ionsstanda­rds vorzuschre­iben, die über strafrecht­liche Vorgaben hinausging­en.

Facebook begrüßte ausdrückli­ch die Bgh-feststellu­ng, dass man berechtigt sei, Inhalte nach eigenen Richtlinie­n zu entfernen und die betreffend­en Nutzerkont­en zu sperren. „Wir tolerieren keine Hassrede und setzen uns dafür ein, unzulässig­e Inhalte von Facebook zu entfernen“, betonte ein Sprecher.

Newspapers in German

Newspapers from Germany