Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Florian Wellbrock verpasst die erhoffte Medaille

Florian Wellbrock wird über 800 Meter Vierter, dabei hat er bei der letzten Wende noch geführt. Viel Zeit bleibt ihm nicht, die Enttäuschu­ng zu verarbeite­n. Schon am Freitag steht seine Lieblingss­trecke an

- Andreas Kornes

Tokio Schon wenige Minuten nach dem Anschlag war Florian Wellbrock nicht mehr anzumerken, dass er gerade eine historisch­e Möglichkei­t vergeben hatte. Nach 750 Metern hatte der Schwimmer aus Magdeburg das Feld im Finale über 800 Meter Freistil noch angeführt. Am anderen Ende der Bahn war er dann aber nur noch Vierter. Die Medaillen holten der Us-amerikaner Robert Finke, vor Gregorio Paltrinier­i (Italien) und Mykhailo Romanchuk (Ukraine).

Der Knackpunkt sei wohl gewesen, das Tempo zu früh erhöht zu haben, „weil ich gesehen habe, dass das sehr knapp wird. War vielleicht ein Tickchen zu doll, was ich da gemacht habe, ein Tickchen zu früh.“Der vierte Platz schmerze natürlich. „Das ist unglücklic­h gelaufen.“

Wellbrock hatte sich mit der zweitschne­llsten Vorlaufzei­t und deutschem Rekord für das Finale qualifizie­rt und gilt im deutschen Team als größte Medaillenh­offnung. Dann aber vertat er sich offenbar beim Einschätze­n der eigenen Geschwindi­gkeit. „Unser Plan war, das Rennen zu diktieren und das Tempo hochzuhalt­en“, sagte sein Trainer Bernd Berkhahn, der gleichzeit­ig auch Bundestrai­ner ist. Das habe Florian nicht gemacht, da er offenbar gedacht habe, schnell genug unterwegs zu sein.

Schnell war anfangs aber vor allem Paltrinier­i, der auf der Außenbahn sein Heil in der Flucht nach vorne suchte und dem Feld sofort enteilte. Schnell hatte sich der Italiener, der im Vorfeld der Spiele am Pfeiffersc­hen Drüsenfieb­er erkrankt war, zwei Längen abgesetzt. „Das war seine einzige Möglichkei­t, das heute zu machen. Ich habe ihn relativ früh gesehen, nach 350 wusste ich, dass er ein Stückchen weg ist“, sagte Wellbrock. „Sollte und hat mich zu dem Zeitpunkt nicht aus der Ruhe gebracht. Aber heute hat es hinten raus nicht gereicht, was sonst immer meine Stärke war.“Zwar holte das Feld Paltrinier­i wieder ein, auf der letzten Bahn zogen aber er, Finke und Romanchuk wieder an Wellbrock vorbei.

Der Deutsche trug es zumindest nach außen mit Fassung. Er habe sich gut gefühlt. Die Zeit von 7:42,68 sei ja zudem die zweitschne­llste Zeit, die je ein Deutscher über die zweitlängs­te Distanz im Becken geschwomme­n ist. Die war in Tokio erstmals olympisch, gehört bei Weltmeiste­rschaften aber schon längst zum Programm. Und genau daraus zieht Wellbrock nun seine Zuversicht, denn bei der WM 2019 im südkoreani­schen Gwangju, war er ebenfalls mit einem Misserfolg über 800 Meter gestartet und hatte dann den Titel über 1500 Meter geholt. „Ich habe mich eigentlich gut verkauft. Es ist halt nur der vierte Platz, der ärgerlich ist. Es wäre wahrschein­lich schöner, wäre ich damit fünfter geworden. Aber ich habe in der Vergangenh­eit gezeigt, dass ich nach einem nicht so guten 800er die 1500 noch sehr gut werden können. Da muss ich dann noch mal alles reinwerfen.“

Sprachs und verabschie­dete sich zum Ausschwimm­en. Der Zeitplan ist straff. Schon an diesem Freitag steht der Vorlauf über den langen Kanten im Becken an, das Finale dann am Sonntag. „Jetzt gilt es, das Geschehen aufzuarbei­ten und sich im Kopf auf das nächste Rennen auszuricht­en“, sagte der Trainer Berkhan noch. Denn für Wellbrock steht noch einiges auf dem Programm. Nächste Woche geht er auch noch im Freiwasser an den Start. Dort ist die Distanz mit zehn Kilometern noch einmal deutlich länger.

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Foto: Kappeler, dpa Als Vierter über 800 Meter steigt Florian Wellbrock aus dem Becken, die Enttäuschu­ng ist ihm anzusehen.

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