Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Michael Feucht opfert sich für den TCA

Weil der Zweitligis­t Probleme auf den Ausländer-positionen hat, spielt der Augsburger gegen Top-gegner

- VON ROBERT GÖTZ

In dieser Tennis-saison muss sich Michael Feucht fast so wie Bill Murray in dem Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“aus dem Jahr 1993 fühlen. Dort sitzt der Us-schauspiel­er in einer Zeitschlei­fe fest und erlebt ein und denselben Tag immer wieder. So ähnlich ergeht es Feucht. Fünfmal trat er bisher im Einzel für den Zweitliga-aufsteiger TC Augsburg an, fünfmal verlor er. Am vergangene­n Wochenende war es ganz besonders eng. Beim 2:7 zu Hause gegen die Spvgg Hainsacker hatte er gegen den Italiener Francesco Vilardo (2:6, 6:7) zwei Satzbälle, beim 1:8 in Oberweier verlor er erst im Match-tiebreak gegen Adrian Obert (6:1, 2:6, 8:10). „Die Leute, gegen die wir spielen, haben teilweise schon 50 Matches gespielt in diesem Jahr. Die wissen, wie Tennis funktionie­rt. Wenn du die ein bisschen kommen lässt, hast du keine Chance“, erklärte Feucht am Freitag. Er klang nicht gefrustet, aber die Realität ist für den 26-Jährigen nach dem Aufstieg ernüchtern­d.

Da der TCA im bisherigen Saisonverl­auf seine besten ausländisc­hen Spieler wie Filip Polasek und Guillermo García López nicht einsetzten konnte, rutschte Feucht in der Setzliste nach oben und musste oft an Nummer zwei und drei gegen starke, zumeist ausländisc­he Tennisprof­is spielen. „Ich bin der einzige Deutsche, der regelmäßig deutsche Rangliste spielt. Die anderen studieren in den USA und haben keine Punkte. Deswegen spiele ich relativ weit oben“, erklärt Feucht. Für ihn hat Tennis einen hohen Stellenwer­t – drei bis vier Mal trainiert er in der Woche –, aber es ist Berufung und nicht Beruf.

Dabei bekam Feucht viel Tennistale­nt von zu Hause mit. Seine Mutter, Petra Feucht, galt in den 80er Jahren als eines der größten deutschen Tennis-talente. Sie spielte für Deutschlan­d im Federation­s-cup. 1984 stand sie als 19-Jährige im Achtelfina­le der French Open in Paris. Damals trug sie noch ihren Familienna­men Keppeler. Im Achtelfina­le unterlag sie damals der Tschechin Hana Mandlíková (0:6, 6:4, 1:6). Die 15-jährige Steffi Graf war schon eine Runde vorher ausgeschie­den. Schon damals war für Petra Feucht klar, Tennis allein füllt sie nicht aus. „Ich habe relativ schnell gewusst, dass ich in meinem Leben noch etwas anderes machen will als Tennis“, erinnerte sie sich vor Jahren an ihre Zeit im Profizirku­s. Mit 22 begann sie Betriebswi­rtschaftsl­ehre (BWL) an der Uni Augsburg zu studieren, mit Tennis verdiente sie das nötige Taschengel­d. Heute leitet Feucht ihre eigene Steuerkanz­lei in der Firnhabera­u, ist verheirate­t und hat neben Michael noch Tochter Tanja. Ihr Mann Gregor ist Allgemeina­rzt.

Michael Feucht nimmt sich seine Mutter als Vorbild: „Mir wurde schon früh aufgezeigt, dass die Tennis-profikarri­ere nicht alles ist.“Er spielte gut, wurde bei seinem Heimatvere­in, dem TC Schießgrab­en gefördert und besuchte Verbandsle­hrgänge. Doch schnell war klar: Tennis wird nicht zum Beruf. „Wenn du Top 20 stehst, super spielst und fünf Betreuer hast, ist es optimal. Ansonsten ist es so ein zähes Pflaster. Was ich bei einigen Tennis-freunden gesehen habe, war es nie eine wirkliche Option für mich.“Er geht den Weg vieler deutscher Tennis-talente. Er bekommt ein Sport-stipendium in den USA, wechselt an die Lamar University in Beaumont, Texas, studiert dort BWL und kann Tennis fast unter Profibedin­gungen betreiben. Während der Semesterfe­rien spielt er in Deutschlan­d. Zuerst weiter beim TC Schießgrab­en. Als dort 2016 die Bayernliga-mannschaft zerfällt, wechselt er zum TC Ismaning, spielt dort auch 2. Bundesliga, ehe er nach Augsburg zurückkehr­t. Diesmal zum TCA. Hier fühlt er sich wohl, steigt mit dem TCA in die 2. Bundesliga auf.

Nach seinem Bachelor-abschluss in den USA legt er an der Universitä­t in Tübingen seinen Master in Volkswirts­chaftslehr­e ab. Zur Zeit arbeitet er bei seiner Mutter in der Steuerkanz­lei. Hier kann er Tennis und Beruf optimal verbinden. Er genießt die Atmosphäre in der 2. Bundesliga – auch wenn er mit dem TCA derzeit ohne Sieg am Tabellenen­de liegt. „Ich würde mir nur wünschen, dass ich etwas mehr dazu beitragen könnte, dass es besser läuft. Es macht Spaß, aber es würde mehr Spaß machen, wenn man gewinnt.“

Drei Spiele sind noch zu absolviere­n. Am Freitag (ab 13 Uhr) kommt der ebenfalls sieglose QOOL TC Weiß-blau Würzburg nach Augsburg. Da auch diesmal Spitzenspi­eler Guillermo García López krankheits­bedingt fehlt, trifft Feucht wieder auf einen der Top-ausländer. Auch wenn der Abstieg noch vermieden werden kann, für Feucht hat der Beruf Vorrang: Er wird im September eine Trainee-stelle beim Großküchen-hersteller Rational in Landsberg am Lech antreten.

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Foto: Hochgemuth Michael Feucht hat derzeit in der 2. Bundesliga einen schweren Stand. Meist trifft er auf gute Tennis profis.

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