Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Sanierung bringt Mieter zur Verzweiflung
Die Wohnbaugruppe Augsburg erneuert einen Wohnblock im Univiertel. Wegen coronabedingter Verzögerungen sitzen viele Mieter seit Wochen im Dreck. Was die WBG dazu sagt
Die Wohnbaugruppe saniert gerade den Wohnblock „Universität I“an der Lilienthalstraße im Univiertel. Doch was eigentlich nur eine vierwöchige Unannehmlichkeit für die Mieter darstellen sollte, hat sich für viele von ihnen zu einer Horrorbaustelle entwickelt. Seit mehreren Wochen hausen sie in dreckigen Wohnungen ohne Fußboden, Küche und Heizung. Viele sind mit ihren Nerven am Ende.
Für rund acht Millionen Euro wird das Gebäude saniert und energetisch auf den neuesten Stand gebracht. Dabei wird nicht nur die Fassade neu gemacht – unter anderem werden in den Wohnungen auch neue Leitungen verlegt und Heizkörper angebracht. Aus „baulich nicht vorhersehbaren Gründen und Lieferschwierigkeiten“, beispielsweise bei Wasserzählern und Heizkörpern, sind die Arbeiten zwei bis drei Wochen im Hintertreffen, heißt es von der Wohnbaugruppe.
Juana López hat Tränen in den Augen, als sie den Reporter durch ihre Wohnung führt. Der Boden ist herausgerissen, man läuft auf dem Estrich. Im Flur steht ein Teil ihrer Habseligkeiten unter Planen, Kabel führen durch offene Schächte von ihrer Wohnung zu den Nachbarn. In ihrem Wohnzimmer stehen Möbel und Kisten aus den Zimmern, in denen die Arbeiter gerade zu Gange sind – sie hat sich in dem Chaos einen Platz für ihren Laptop freigeräumt, an dem sie ab Montag wieder arbeiten wird. López ist Sekretärin an der Uni und im Homeoffice. Um nicht im Baulärm arbeiten zu müssen, hat sie sich sieben Wochen frei genommen – zu wenig, wie sich herausgestellt hat. „Wofür habe ich meinen ganzen Urlaub verschwendet, wenn ich jetzt doch im Chaos arbeiten muss“, fragt sie genervt.
Drei bis vier Firmen pro Tag seien in der Wohnung zugange. Richtig eklig findet es López, wenn Arbeiter ihre persönlichen Sachen ungefragt anfassen. „Ich mag es nicht, wenn jemand meine Zahnbürste herumträgt – schon gar nicht während Corona“, sagt sie. Auch Handwerker, die auf ihr Bett steigen, um an die Decke zu kommen, ärgern sieg. Und kaum ein Arbeiter trage eine Corona-maske.
Große Sorgen macht ihr der Zustand ihrer Küche. Dass sie über Wochen nicht kochen kann und außer Haus essen muss, sei eine Unannehmlichkeit, mit der sie klar komme. Aber durch die neuen Leitungen passen die Schränke ihrer Einbauküche nicht mehr an die Wand. „Ich kann mir doch in meinem Alter nicht mal eben eine neue Küche kaufen“, sagt die 63-Jährige.
Bei der Wohnbaugruppe ist das Dilemma der Mieter bekannt. Man tue alles, um möglichst schnell mit den Arbeiten fertig zu werden, sagt Sprecherin Iris Zeilnhofer. „Sanierungen im bewohnten Zustand sind für die Betroffenen leider immer mit Einschränkungen und Belastungen durch Lärm und Staub verbunden“, erklärt sie. Die Maßnahmen würden frühzeitig angekündigt und die Mieterinnen und Mieter auf die Auswirkungen vorbereitet. „Für die Einschränkungen während der Bauphase erhalten die Mieter eine angemessene Entschädigung.“Sollte eine Küche hinterher nicht mehr passen, würden Handwerker der WBG Anpassungen vornehmen. Sollten Neuanschaffungen nötig sein, trage man die Kosten.
Die Verzögerungen seien größtenteils coronabedingt, so Zeilnhofer. Man habe die Sanierung auch nicht verschieben können. „Die Gebäude im Universitätsviertel sind rund 50 Jahre alt und müssen dringend saniert werden“, so Zeilnhofer. In der fraglichen Wohnanlage habe es defekte Fassadenplatten, Rohrbrücke in Abwasserleitungen und Probleme mit Wc-spülung und Heizung gegeben.
Um Mieter und Mieterinnen im Homeoffice eine Lösung anzubieten, habe man Ersatzarbeitsräume angeboten. „Hierfür konnten wir Wohnungen inklusive Internetverbindung anbieten, die aktuell für eine ausstehende Sanierung leer stehen, und sich als Ausweichmöglichkeit zum ruhigen Arbeiten eignen“, so Zeilnhofer. Dieses Angebot sei von einigen Betroffenen auch angenommen worden. Auch werde man das Gespräch mit den Handwerksfirmen suchen, was Masken und das Anfassen persönlicher Gegenstände betrifft.