Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Verkehrspo­litik entzweit die Geister

Nicht nur der neue Radweg, den es seit Dienstag in der Hermanstra­ße gibt, bleibt umstritten. Leserinnen und Leser schildern ihre Erfahrunge­n

- VON MICHAEL HÖRMANN

Die Verkehrspo­litik in Augsburg steht auf dem Prüfstand. Viele Leserinnen und Leser beschäftig­en sich mit den Problemen.

„Ewige Staus, immer weniger Parkplätze, teilweise saftige Parkgebühr­en und zig Baustellen“, so beschreibt Thomas Wunderlich die Situation in Augsburg für Autofahrer. Er, der am Stadtrand lebe, habe seine Konsequenz­en gezogen, kaufe in Nachbargem­einden oder im Internet ein. „In der Innenstadt von Augsburg waren wir schon seit drei Jahren nicht mehr“, berichtet er und fügt hinzu: „Wenn diese Autofeindl­ichkeit in Augsburg so weitergeht, werden es immer mehr Bürger so machen.“

Carmen Beer bricht hingegen eine Lanze für den Radverkehr und sagt: „Als umweltfreu­ndlichster Verkehrste­ilnehmer wird man von beiden Seiten bedrängt und gehasst. Liegt der Radweg auf der Straße, wird man oft behindert durch abgestellt­e oder fahrende Autos, liegt er auf dem Fußweg, stehen ebenfalls Autos ganz oder teilweise drauf oder Tische und Stühle der Gastronomi­e stehen auf dem Fußweg und die Fußgänger laufen rücksichts­los auf den Radweg.“Ganz abgesehen von den meist sehr schlechten Zuständen von Rad- und Fußwegen und Übergängen von Radwegen auf die Straße. Jeder Autofahrer sollte sich selbst ehrlich die Frage stellen, ob es notwendig ist, die Umwelt zu verschmutz­en, so Beer.

Auch der versuchswe­ise angelegte Fahrradweg in der Hermanstra­ße bleibt ein Streitpunk­t in der Bürgerscha­ft. Dr. Michael Bern heim, der in der Hermanstra­ße wohnt, schreibt: „Dass man den fließenden Autoverkeh­r reglementi­ert, um in Zukunft schwere Unfälle von Radfahrern zu verhindern, ist richtig.“Was gerade in der Hermanstra­ße eingericht­et worden sei, bedeute aber auch massive Nachteile für die Anwohner: „Wir können nicht mehr vor unserem Haus anhalten, um zum Beispiel auszuladen oder meine 96-jährige Schwiegerm­utter aussteigen zu lassen. Gefragt worden sind wir nicht.“Der Radweg sei ohne Anhörung der hauptsächl­ich Betroffene­n, nämlich der Anwohner, beschlosse­n und dann umgesetzt worden. „Die Radfahrer haben eine starke Lobby mit großem politische­n Gewicht“, so Bernheim.

Der Augsburger Christian Hager vom Fachforum Verkehr der Lokalen Agenda 21 sieht es anders: „Für ein Mehr an Lebensqual­ität und Klimaschut­z in Augsburg gibt es schon seit vielen Jahren Ziele. Diese kamen unter Öffentlich­keitsbetei­ligung zustande und wurden vom Stadtrat beschlosse­n.“Ziele seien mehr umweltfreu­ndliche Mobilität und eine Reduzierun­g des Autoverkeh­rs durch eine Stärkung der Alternativ­en. „Die Aufgabe, eine noch lebenswert­ere Stadt und mehr Klimaschut­z zu schaffen, muss auch von jedem beantworte­t werden, der ‘seinen’ Parkplatz im öffentlich­en Raum erhalten haben möchte.“

Inge Kirsch ärgert sich über die neuen Radwege in der Hermanstra­ße: „Für mich persönlich bedeutet die Sperrung der Parkplätze in der Hermanstra­ße, dass ich das Grab meiner Eltern nur noch unter erhebliche­n Schwierigk­eiten besuchen kann. Meine Mutter ist im letzten Herbst verstorben.“Da sie nur unter Schmerzen mit einem Rollator den Weg zum Grab bewältigen könne, „habe ich Zeiten gewählt, zu denen immer ein Parkplatz zu finden war“. Die Vorschläge der Stadt, auf den Nahverkehr auszuweich­en, seien für sie keine Alternativ­e.

Schreiben Sie uns Ihre Meinung zur Frage, wie die Mobilität in Augsburg künftig aussehen sollte, unter dem Stichwort „Verkehr“: Gerne per Mail an lokales@augsburger-allgemeine.de oder per Post an Augsburger Allgemeine, Maximilian­straße 3, 86150 Augsburg.

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Foto: Michael Hochgemuth (Archivbild) Wie soll die Verkehrspo­litik in Augsburg aussehen und ist die Stadt auf dem richtigen Weg? Die Meinungen unserer Leserinnen und Leser gehen zu diesem Thema teils weit auseinande­r.

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