Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Verkehrspolitik entzweit die Geister
Nicht nur der neue Radweg, den es seit Dienstag in der Hermanstraße gibt, bleibt umstritten. Leserinnen und Leser schildern ihre Erfahrungen
Die Verkehrspolitik in Augsburg steht auf dem Prüfstand. Viele Leserinnen und Leser beschäftigen sich mit den Problemen.
„Ewige Staus, immer weniger Parkplätze, teilweise saftige Parkgebühren und zig Baustellen“, so beschreibt Thomas Wunderlich die Situation in Augsburg für Autofahrer. Er, der am Stadtrand lebe, habe seine Konsequenzen gezogen, kaufe in Nachbargemeinden oder im Internet ein. „In der Innenstadt von Augsburg waren wir schon seit drei Jahren nicht mehr“, berichtet er und fügt hinzu: „Wenn diese Autofeindlichkeit in Augsburg so weitergeht, werden es immer mehr Bürger so machen.“
Carmen Beer bricht hingegen eine Lanze für den Radverkehr und sagt: „Als umweltfreundlichster Verkehrsteilnehmer wird man von beiden Seiten bedrängt und gehasst. Liegt der Radweg auf der Straße, wird man oft behindert durch abgestellte oder fahrende Autos, liegt er auf dem Fußweg, stehen ebenfalls Autos ganz oder teilweise drauf oder Tische und Stühle der Gastronomie stehen auf dem Fußweg und die Fußgänger laufen rücksichtslos auf den Radweg.“Ganz abgesehen von den meist sehr schlechten Zuständen von Rad- und Fußwegen und Übergängen von Radwegen auf die Straße. Jeder Autofahrer sollte sich selbst ehrlich die Frage stellen, ob es notwendig ist, die Umwelt zu verschmutzen, so Beer.
Auch der versuchsweise angelegte Fahrradweg in der Hermanstraße bleibt ein Streitpunkt in der Bürgerschaft. Dr. Michael Bern heim, der in der Hermanstraße wohnt, schreibt: „Dass man den fließenden Autoverkehr reglementiert, um in Zukunft schwere Unfälle von Radfahrern zu verhindern, ist richtig.“Was gerade in der Hermanstraße eingerichtet worden sei, bedeute aber auch massive Nachteile für die Anwohner: „Wir können nicht mehr vor unserem Haus anhalten, um zum Beispiel auszuladen oder meine 96-jährige Schwiegermutter aussteigen zu lassen. Gefragt worden sind wir nicht.“Der Radweg sei ohne Anhörung der hauptsächlich Betroffenen, nämlich der Anwohner, beschlossen und dann umgesetzt worden. „Die Radfahrer haben eine starke Lobby mit großem politischen Gewicht“, so Bernheim.
Der Augsburger Christian Hager vom Fachforum Verkehr der Lokalen Agenda 21 sieht es anders: „Für ein Mehr an Lebensqualität und Klimaschutz in Augsburg gibt es schon seit vielen Jahren Ziele. Diese kamen unter Öffentlichkeitsbeteiligung zustande und wurden vom Stadtrat beschlossen.“Ziele seien mehr umweltfreundliche Mobilität und eine Reduzierung des Autoverkehrs durch eine Stärkung der Alternativen. „Die Aufgabe, eine noch lebenswertere Stadt und mehr Klimaschutz zu schaffen, muss auch von jedem beantwortet werden, der ‘seinen’ Parkplatz im öffentlichen Raum erhalten haben möchte.“
Inge Kirsch ärgert sich über die neuen Radwege in der Hermanstraße: „Für mich persönlich bedeutet die Sperrung der Parkplätze in der Hermanstraße, dass ich das Grab meiner Eltern nur noch unter erheblichen Schwierigkeiten besuchen kann. Meine Mutter ist im letzten Herbst verstorben.“Da sie nur unter Schmerzen mit einem Rollator den Weg zum Grab bewältigen könne, „habe ich Zeiten gewählt, zu denen immer ein Parkplatz zu finden war“. Die Vorschläge der Stadt, auf den Nahverkehr auszuweichen, seien für sie keine Alternative.
Schreiben Sie uns Ihre Meinung zur Frage, wie die Mobilität in Augsburg künftig aussehen sollte, unter dem Stichwort „Verkehr“: Gerne per Mail an lokales@augsburger-allgemeine.de oder per Post an Augsburger Allgemeine, Maximilianstraße 3, 86150 Augsburg.