Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wann sich ein Bausparver­trag lohnt

Trotz hoher Gebühren und mickriger Zinsen: Bausparen kann sich noch immer rechnen. Doch wer einen passenden Vertrag sucht, muss genau hinschauen. Ein guter Zinssatz allein reicht nicht aus

- Falk Zielke, dpa

Berlin Der Ruf von Bausparen schien lange Zeit angekratzt. Ein Grund: Immer wieder wurde langjährig­en Kunden in der Vergangenh­eit gekündigt. Und das mitunter mit Druck, wie die Verbrauche­rzentralen beobachtet haben. Betroffen waren meist Bausparver­träge mit hohen Bonuszinse­n, die für die Kunden lukrativ, für die Anbieter aber teuer sind. Dem Absatz neuer Verträge scheint das aber nicht geschadet zu haben. Allein im Jahr 2020 verzeichne­te die Branche 1,5 Millionen Neuabschlü­sse, ein Plus von 13 Prozent im Vergleich zu 2019, wie der Verband der Privaten Bausparkas­sen mitteilt. Damit gibt es mittlerwei­le insgesamt 25 Millionen Bausparver­träge. Das heißt: Im Schnitt hat jeder zweite Haushalt mindestens einen Bausparver­trag.

Ebenfalls um 13 Prozent stieg die neu abgeschlos­sene Bausparsum­me auf 77,5 Milliarden Euro. Und das, obwohl die Corona-pandemie den Angaben zufolge die Zahl der persönlich­en Beratungen deutlich reduziert hat. Baugeldaus­zahlungen lagen 2020 bei insgesamt rund 41 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorjahr ein Zuwachs von 15 Prozent. Interessan­t: Der Trend geht nach Beobachtun­gen des Verbandes seit Jahren weg von kleinen Sparverträ­gen hin zu großvolumi­geren Finanzieru­ngsverträg­en. So hat sich die durchschni­ttliche Bausparsum­me pro neu abgeschlos­senem Vertrag in den letzten zehn Jahren von rund 27500 Euro auf rund 52 000 Euro fast verdoppelt.

Für Max Herbst von der unabhängig­en Fmh-finanzbera­tung ist diese Entwicklun­g keine Überraschu­ng: „Banken und Vermittler empfehlen Bausparver­träge oft mit dem Verweis auf das mögliche Ende der Niedrigzin­sphase“, sagt der Experte. „Das Produkt soll der Zinsabsich­erung dienen, und das ist bei vielen Leuten beliebt.“Nach Ansicht der Stiftung Warentest kann Argument durchaus seine Berechtigu­ng haben. Die Verträge bieten Zinssicher­heit, werden vom Staat gefördert, ermögliche­n auch günstige Kleindarle­hen für eine Modernisie­rung und flexible Sondertilg­ungen. Als Ergänzung zu einem Bankdarleh­en können Bausparver­träge daher sinnvoll sein, so das Fazit der Experten.

Grundsätzl­ich gibt es beim Bausparen zwei Phasen: In der Ansparphas­e zahlt der Sparer monatlich einen Betrag ein. Für das Guthaben bekommt er Zinsen. Ist ein bestimmter Betrag erreicht, wird der Vertrag zuteilungs­reif. Der Sparer kann sich das Geld auszahlen lassen. Gleichzeit­ig beginnt die Finanzieru­ngsphase: Der Kunde kann nun ein günstiges Darlehen beantragen, muss es aber nicht. Die Konditione­n dafür hat er bereits vor der Ansparphas­e vereinbart. Damit kann er eine Immobilie kaufen oder bauen.

Allerdings gibt es einen Haken: Einen Bauspartar­if, der für alle optimal ist, gibt es nach Ansicht der Wadieses rentester nicht. Ein attraktive­r Darlehensz­inssatz sagt zum Beispiel noch nichts darüber aus, ob ein Bausparver­trag wirklich günstig ist. Das zeigt sich immer erst an den Sparund Tilgungspl­änen für ganz konkrete Angebote.

Max Herbst zufolge kann es manchmal sogar günstiger sein, das Geld, das als Sparbeitra­g in den Bausparver­trag fließen soll, gleich in die Tilgung zu stecken. „Davon hat man oft mehr“, sagt er und erläutert das an einem vereinfach­ten Beispiel.

Ein Immobilien­kredit über 100000 Euro mit einer Laufzeit von zehn Jahren kostet bei einem Zins von 1 Prozent (Mittelwert bei 80 Prozent Beleihung) und einer Tilgungsra­te von 3 Prozent 333 Euro monatlich. Die Restschuld am Ende der Laufzeit beträgt 68500 Euro.

Wird jetzt zusätzlich ein Bausparver­trag für die Ablösung Restschuld abgeschlos­sen, kommen zusätzlich 230 Euro auf die Käufer zu. Damit wird im Laufe der Jahre die Summe von 27 400 Euro angespart, das Bauspardar­lehen beträgt 41 100. Fließen die 230 Euro monatlich aber nun statt in den Bausparver­trag in die Tilgung, bleiben nach zehn Jahren statt 68500 Euro nur noch 39500 Euro Restschuld übrig. Hier ist zwar der Anschlussz­ins noch nicht bekannt. Doch der durchschni­ttliche Zins für Bauspardar­lehen liegt immerhin auch bei zwei Prozent.

Dennoch kann sich ein Bausparver­trag durchaus lohnen, erklären die Experten der Stiftung Warentest. Zum einen, weil seit Anfang des Jahres die Einkommens­grenzen für die Wohnungsba­uprämie erhöht wurden. Dadurch kommen mehr Menschen in den Genuss staatliche­r Förderung. Zumindest ein kleiner Bausparver­trag lohnt sich in diesem Fall beim Hauskauf fast immer. Und: Für kleine Hypotheken­kredite verlangen Banken oft kräftige Zinsaufsch­läge. Oder sie vergeben nur gewöhnlich­e Ratenkredi­te zu schlechter­en Konditione­n. Daher kann ein Bausparver­trag beispielsw­eise für geplante Modernisie­rungen oder Instandset­zungen durchaus sinnvoll sein.

Gut zu wissen: Für Bauspardar­lehen bis zu 30 000 Euro ist meist kein Grundbuche­intrag nötig. Das spart Notar- und Gerichtsko­sten. Wichtig ist, dass sich Interessie­rte an ein paar Regeln orientiere­n: So sollte ein Bausparver­trag immer so aufgestell­t sein, dass die Bausparsum­me pünktlich für die geplante Finanzieru­ng zur Verfügung steht. Außerdem sollte der monatliche Regelsparb­etrag eingehalte­n und nicht viel mehr als das Mindestgut­haben angespart werden.

Bauherren gewinnen Flexibilit­ät hinzu

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Foto: Daniel Karmann, dpa Trotz Niedrigzin­sen hat der klassische Bausparer nicht ausgedient.

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