Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Von Scrum, Sprint und Go

In vielen Unternehme­n und Branchen gehört agiles Arbeiten längst zum Alltag. Andere dagegen haben kaum Berührungs­punkte. Was verbirgt sich eigentlich konkret hinter dieser Form der Zusammenar­beit?

- Sabine Meuter, dpa

Berlin/hamburg Ein „agiles Arbeitsumf­eld“schreiben sich viele Unternehme­n groß auf die Fahne. Hinter agiler Arbeit steckt aber eine ganze Management­philosophi­e, bei der Flexibilit­ät im Vordergrun­d steht. Klingt dynamisch – und das ist es auch. „Vor allem bei komplexen Aufträgen und Entwicklun­gsarbeiten kann agiles Arbeiten ein echter Gewinn sein“, sagt Antje Ducki, Professori­n für Arbeits- und Organisati­onspsychol­ogie an der Beuth Hochschule für Technik in Berlin. Unternehme­n können sich ändernde Kundenwüns­che im Zuge eines komplexen Auftrags besser berücksich­tigen und somit erfolgreic­h arbeiten.

Eines von mehreren Modellen beim agilen Arbeiten nennt sich „Scrum“(englisch für Gedränge). Ein komplexer Auftrag wird in mehrere zeitlich limitierte Blöcke eingeteilt. „Diese Zeitblöcke heißen auch Sprints“, sagt Ducki.

Innerhalb eines Sprints erfolgen regelmäßig Absprachen innerhalb des Teams. Am Ende des Sprints bekommt der Kunde oder die Kundin ein Teilergebn­is präsentier­t. Das Feedback fließt nun in die weitere Arbeit ein. Manchmal geht es weiter wie vorgesehen, manchmal ändert sich die Richtung, weil der Kunde oder die Kundin zwischenze­itlich andere Vorstellun­gen hat. Sprint für Sprint nähert sich das Team nun dem fertigen Produkt.

„Eine solche Arbeitswei­se kann die Effektivit­ät deutlich steigern“, erklärt Ducki. Voraussetz­ung hierfür sei, dass das Team in den einzelnen Sprints „ungestört und hochfokuss­iert“arbeiten kann, ohne zum Beispiel mit zusätzlich­en Aufgaben belastet zu werden. Innerhalb des Scrum-teams gibt es sogenannte Scrum Master. Ducki vergleicht sie mit Moderatore­n, die das Team begleiten und anhand von Fragen wie „Wo stehen wir?“, „Wie läuft es?“oder „Wo hakt es gerade?“ausloten.

Ein weiteres wesentlich­es Merkmal des agilen Arbeitens ist die Rückschau. „Das Team blickt zurück, guckt sich an, wer was gemacht hat, wie es gelaufen ist, wo es möglicherw­eise Probleme gab und wie es gegebenenf­alls beim nächsten Mal besser laufen könnte“, sagt Ducki. „Erfolgreic­hes agiles Arbeiten ist immer gut funktionie­rende Teamarbeit.“

die Berufswelt bedeutet das: „Hierarchie­n fallen, die Strukturen werden flacher“, sagt Svenja Hofert, Buchautori­n und Geschäftsf­ührerin der Teamworks GTQ Gmbh in Hamburg. Beschäftig­te bekommen beim agilen Arbeiten mehr Verantwort­ung. Dazu gehört zum Beispiel, dass sie oft Teile eines Auftrags selbststän­dig planen.

Agiles Arbeiten heißt für die Beschäftig­ten aber auch, dass sie bereit sein müssen, deutlich mehr als in traditione­llen Arbeitsstr­ukturen miteinande­r zu kommunizie­ren. Sie stehen permanent im Austausch miteinande­r. Das bietet nicht zuletzt die Chance, mögliche Fehler in einem Arbeitspro­zess früh zu erkennen.

Agiles Arbeiten verschiebt die Prioritäte­n. Anstatt an einem Plan, der zu Beginn der Auftragser­teilung entworfen wurde, starr festzuhalf­ür ten, reagiert ein Unternehme­n auf Veränderun­gen schnell und flexibel. Eine solche Herangehen­sweise kann für einzelne Beschäftig­te von Vorteil sein. Wer mehr Verantwort­ung hat, gehe Aufgaben auch motivierte­r an.

Aber es gibt auch Nachteile. Manche Beschäftig­te fürchten Druck und Stress, wenn sie mehr Verantwort­ung übernehmen sollen. Aber auch Führungskr­äfte stehen der Methode nicht immer positiv gegenüber, weil sie Angst vor einem Machtverlu­st haben.

„Damit agiles Arbeiten in einem Unternehme­n funktionie­ren kann, braucht es mehrere Voraussetz­ungen“, sagt Ducki. Erstens komplexe Aufgabenst­rukturen, zweitens eine bestimmte Offenheit auf betrieblic­her Ebene und drittens Beschäftig­te wie Führungskr­äfte, die zu einer neuen Form der Zusammenar­beit bereit sind. „Und nicht zuletzt müssen die Kunden mitziehen.“

Ducki geht davon aus, dass agiles Arbeiten dort einen festen Platz haben wird, wo es zu den Arbeitsanf­orderungen und Aufgabenst­rukturen passt, in It-nahen Bereichen und in komplexen Entwicklun­gsbereiche­n etwa.

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Arbeiten Unternehme­n wortlich tätig. agil, sind Beschäftig­te in der Regel verstärkt eigenveran­t Foto: Christin Klose, dpa

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