Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Besondere Ausstellun­g im Betreff am Haller platz

Seit drei Jahren gibt es die soziale Einrichtun­g für Suchtkrank­e am Helmut-haller-platz. Die aktuelle Ausstellun­g dort präsentier­t nicht nur die Arbeit, sondern zeigt auch einen Konflikt auf

- VON INA MARKS

An der Bank liegen Decken, ein Schlafsack, leere Bierflasch­en, Zigaretten­kippen und eine Plastiksch­üssel mit Hundefutte­r. Es ist Obdachlose­nlager, nachempfun­den – so wie vieles andere hier auch lebensecht nachgestel­lt ist. Der Drogennotf­all auf der Toilette etwa. Im WC liegt eine Puppe mit einer Spritze im Arm, vermeintli­che Blutspritz­er prangen an der gefliesten Wand. „Sorglos, versorgt, umsorgt, abhängig?“heißt die Ausstellun­g, die am Sonntag in der sozialen Einrichtun­g Betreff am Helmut-haller-platz im Augsburger Stadtteil Oberhausen eröffnete.

In der Ausstellun­g, die im Rahmen des Augsburger Friedensfe­stes stattfinde­t, wird nicht nur die Lebenswelt von Menschen in sozialen Schwierigk­eiten, wie Obdachlosi­gkeit oder Drogenabhä­ngigkeit, dargestell­t. Im Mittelpunk­t steht ein besonderer Konflikt.

Viele Menschen hätten eine Hemmschwel­le, sich vor Ort über die Arbeit des Betreff zu erkunden, weiß Kati Wimmer von der Drogenhilf­e Schwaben. Mit der Ausstellun­g wolle man sich für Interessie­rte öffnen. Seit drei Jahren nun gibt es die Einrichtun­g, in der alkohol- und drogenabhä­ngige Menschen profession­elle Hilfe erhalten. Diese findet unter anderem in Form von Beratungen, Essen oder mit der Herausgabe steriler Spritzen statt. Das zeigt die Kette von aneinander­gereihten Spritzen, die in der Ausstellun­g von der Decke hängen. Allein im vergangene­n Jahr wurden hier rund 32.000 sterile Nadeln und Spritzen herausgege­ben, erfahren Besucherin­nen und Besucher.

An einer Wand hängen Zitate, von hilfebedür­ftigen Menschen über deren persönlich­en Erfahrunge­n in der sozialen Einrichtun­g. „Ohne Euch hätte ich immer noch keine Krankenver­sicherung und keine Substituti­on“, steht da etwa zu lesen, oder: „Der Milchreis mit Zimt und Zucker hat mein Leben gerettet und mich durch den Winter gebracht.“Die Ausstellun­g zeigt aber noch mehr auf, nämlich den Fürsorgeko­nflikt, in dem die Helferinne­n

und Helfer in der täglichen Arbeit mit ihren Klienten stecken. Dass Fürsorge an Grenzen stößt, zeigt etwa die nachgestel­lte Situation des Drogennotf­alls auf der Toilette.

„Wir begleiten hier im Betreff die Menschen, aber dann müssen wir sie raus lassen, wo sie vielleicht irgendwann auf einer öffentlich­en Toilette gefunden werden“, sagt Kati Wimmer. Menschen würden sterben, weil Sozialarbe­iter im entscheide­nden Moment vor – juristisch – verschloss­ener Tür stehen, ist in der Ausstellun­g zu erfahren, in der auch darauf hingewiese­n wird: „Andere Bundesländ­er betreiben sogenannte Drogenkons­umräume und senken damit dramatisch die Anzahl der Drogentote­n.“Man fordere auch in Bayern Drogenkons­umräume. Denn bislang sei kein einziger Mensch in einem Drogenkons­umraum gestorben.

Die Ausstellun­g ist bis Sonntag, 8. August, zu folgenden Terminen geöffnet: Donnerstag bis Samstag 11-15 und 17-20 Uhr, am Sonntag 10-15 Uhr. Voranmeldu­ng für Gruppen außerhalb der Öffnungsze­iten unter 0821/29742998 oder: info@betreff-augsburg.de.

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Foto: Klaus rainer Krieger Die Ausstellun­g im Betreff zeigt zum Beispiel, wie das Lager eines Obdachlose­n aus sieht.

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