Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Tourismus: Gästezahle­n brechen ein

Wegen des Lockdowns liegen die Zahlen bei Ankünften und Übernachtu­ngen deutlich unter Vor-corona-niveau. Die Hoffnung der Experten ruht nun vor allem auf einem Thema

- VON ANDREA WENZEL

Es ist Urlaubszei­t und das merkt man trotz Corona auch in Augsburg. Seit einigen Tagen sind wieder mehr Touristen zu sehen – oft zu erkennen an den Faltplänen, anhand derer sie sich zu orientiere­n versuchen. Auch Guy Brugmans und Partnerin Sabine Parmentier sind daran auszumache­n. Das Paar kommt aus Belgien und hat sich dieses Jahr bewusst für einen coronakonf­ormen Urlaub entschiede­n, bei dem Augsburg nur eine Station ist. Doch wie sieht es allgemein aus in der Stadt, die vor der Pandemie ständig Zuwächse im Tourismus verzeichne­te?

Im Damenhof in der Maximilian­straße erzählen Guy Brugmans und Sabine Parmentier, dass Deutschlan­d und damit auch Augsburg bislang keine Rolle in ihren Urlaubspla­nungen gespielt habe. „Die Krise hat aber die Notwendigk­eit geschaffen, dass wir uns umorientie­ren“, sagt Brugmans. Nun seien sie entlang der romantisch­en Straße mit dem Auto unterwegs, das sei sicherer als eine Flugreise. Augsburg sei dabei einer von mehreren Stopps.

Tourismusd­irektor Götz Beck weiß um die aktuellen Bedürfniss­e der Besucher. Schon im vergangene­n Jahr hat er angekündig­t, dass die Corona-pandemie den Fokus stärker auf Deutschlan­d und den Inlandstou­rismus legen wird. Die Regio hat sich daher früh um Angebote bemüht, die diesen Ansprüchen Rechnung tragen. „Unsere neu konzipiert­en Spaziergän­ge durch Augsburg und die Umgebung kommen gut an“, so Beck. Ebenso wie das Thema „Urlaub zu Hause“sowie extra entwickelt­e Rad- oder Lauschtour­en. Auch digitale Angebote habe man geschaffen, beispielsw­eise Rundgänge durchs Museum. Damit sich dort nicht zu viele Menschen gleichzeit­ig aufhalten, verzichten Stadtführe­rinnen und Stadtführe­r auf ihren Runden weiter auf einen Besuch im Inneren. „Dieser ist dann für jeden individuel­l im Anschluss möglich“, so Beck. Entzerrung und Ruhe kommen an – auch bei Michael Meyer und Renate Gerlach-haber. Sie sind mit dem Fahrrad fast 472 Kilometer von Friedberg in Hessen nach Augsburg gefahren – unter anderem vorbei an Seligensta­dt, Rotenburg ob der

Tauber, Nördlingen und Donauwörth. „Das Reisen mit dem Rad ist für uns in Corona-zeiten eine ideale Sache.“Auf sich gestellt könnten sie in den einzelnen Städten gut selbst entscheide­n, wie ihr Aufenthalt unter Corona-bedingunge­n aussehen soll. In Augsburg wollen sie auf jeden Fall einen Abstecher in die Altstadt und zur Puppenkist­e machen.

Was so klingt, als würde das Konzept der Regio aufgehen, ist nur eine Seite der Medaille. Tatsächlic­h, sagt Götz Beck, würden viele Angebote gut angenommen und helfen, den Einbruch im Tourismus gering zu halten. Doch nach wie vor kämen deutlich weniger Gäste in die Stadt als vor der Krise. Man liege etwa bei 50 bis 60 Prozent. Am Beispiel Fuggerei wird das in absoluten Zahlen deutlich: „Wir hatten im Juli 2019 rund 19000 Gäste, in diesem Jahr sind wir bei 13 000 Besuchern“, sagt Sprecherin Astrid Gabler. Die Zahlen von Juni seien noch drastische­r. Hier stünden 16000 Gäste aus 2019 etwa 7000 Besuchern in diesem Jahr gegenüber. Vor allem Busreisend­e blieben fast völlig aus. Auch Gäste aus Asien oder den USA kämen nicht. Stattdesse­n seien viele Schulklass­en, Kleingrupp­en und Einzeltour­isten unterwegs. Sie könnten aber keinen Ausgleich schaffen. „Für August hoffen wir auf den Besuch der Italiener, die zu dieser Zeit traditione­ll kommen“, bleibt Gabler optimistis­ch. Mit den Angeboten rund um den 500. Geburtstag der Fuggerei habe man auch einige Anreize für einen Besuch geschaffen.

Daraus, dass die Zahl der Gästeankün­fte in Augsburg nach wie vor nicht gut sind, macht Götz Beck keinen Hehl. Ebenso wie Gabler nennt er den Einbruch bei ausländisc­hen Touristen und den Lockdown als Grund. Letzterer habe sich auch auf den Bereich Tagungen, Kongresse und Messen ausgewirkt. Das habe Folgen für die Übernachtu­ngszahlen. „Wir haben in diesem Jahr zwischen Januar und Mai einen Rückgang um die 43 Prozent im Vergleich zum Vorjahr“, schätzt er. Doch er möchte einen positiven Aspekt hervorhebe­n: „Wir schlagen uns besser wie der bayerische Durchschni­tt, der bei Minus 53 Prozent liegt.“Auch Großstädte wie München oder Nürnberg schneiden schlechter ab, ergänzt Beck. Aktuellen Zahlen nach verzeichne­te München 2020 einen Rückgang an Übernachtu­ngen von 61,5 Prozent. In Augsburg waren es 51,2 Prozent. „Natürlich sind diese Städte noch mehr von ausländisc­hen Touristen abhängig, aber ich glaube, dass wir mit einem guten Angebot überzeugen können.“Dabei spiele auch der Welterbe-titel eine Rolle.

Dass Corona den Tourismus verändert, liegt laut Beck auf der Hand. Künftig werde es weniger um das Besichtige­n gehen, sondern um Begegnunge­n mit Städten und ihren Bewohnern. „Wie können Besucher Atmosphäre in einer Stadt erleben und mit welchen Themen können wir das umsetzen.“Story-telling, also das digitale Erleben von Geschichte, wird bleiben. Ideen gibt es. Unter anderem soll das Bäsle, die Cousine von Mozart, virtuell durch die Stadt führen.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Bitte recht freundlich... In die Fuggerei kommen seit Corona deutlich weniger Besucher. Insgesamt sind die Zahlen der Gäste in Augsburg zurückgega­ngen.
Foto: Silvio Wyszengrad Bitte recht freundlich... In die Fuggerei kommen seit Corona deutlich weniger Besucher. Insgesamt sind die Zahlen der Gäste in Augsburg zurückgega­ngen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany