Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Tourismus: Gästezahlen brechen ein
Wegen des Lockdowns liegen die Zahlen bei Ankünften und Übernachtungen deutlich unter Vor-corona-niveau. Die Hoffnung der Experten ruht nun vor allem auf einem Thema
Es ist Urlaubszeit und das merkt man trotz Corona auch in Augsburg. Seit einigen Tagen sind wieder mehr Touristen zu sehen – oft zu erkennen an den Faltplänen, anhand derer sie sich zu orientieren versuchen. Auch Guy Brugmans und Partnerin Sabine Parmentier sind daran auszumachen. Das Paar kommt aus Belgien und hat sich dieses Jahr bewusst für einen coronakonformen Urlaub entschieden, bei dem Augsburg nur eine Station ist. Doch wie sieht es allgemein aus in der Stadt, die vor der Pandemie ständig Zuwächse im Tourismus verzeichnete?
Im Damenhof in der Maximilianstraße erzählen Guy Brugmans und Sabine Parmentier, dass Deutschland und damit auch Augsburg bislang keine Rolle in ihren Urlaubsplanungen gespielt habe. „Die Krise hat aber die Notwendigkeit geschaffen, dass wir uns umorientieren“, sagt Brugmans. Nun seien sie entlang der romantischen Straße mit dem Auto unterwegs, das sei sicherer als eine Flugreise. Augsburg sei dabei einer von mehreren Stopps.
Tourismusdirektor Götz Beck weiß um die aktuellen Bedürfnisse der Besucher. Schon im vergangenen Jahr hat er angekündigt, dass die Corona-pandemie den Fokus stärker auf Deutschland und den Inlandstourismus legen wird. Die Regio hat sich daher früh um Angebote bemüht, die diesen Ansprüchen Rechnung tragen. „Unsere neu konzipierten Spaziergänge durch Augsburg und die Umgebung kommen gut an“, so Beck. Ebenso wie das Thema „Urlaub zu Hause“sowie extra entwickelte Rad- oder Lauschtouren. Auch digitale Angebote habe man geschaffen, beispielsweise Rundgänge durchs Museum. Damit sich dort nicht zu viele Menschen gleichzeitig aufhalten, verzichten Stadtführerinnen und Stadtführer auf ihren Runden weiter auf einen Besuch im Inneren. „Dieser ist dann für jeden individuell im Anschluss möglich“, so Beck. Entzerrung und Ruhe kommen an – auch bei Michael Meyer und Renate Gerlach-haber. Sie sind mit dem Fahrrad fast 472 Kilometer von Friedberg in Hessen nach Augsburg gefahren – unter anderem vorbei an Seligenstadt, Rotenburg ob der
Tauber, Nördlingen und Donauwörth. „Das Reisen mit dem Rad ist für uns in Corona-zeiten eine ideale Sache.“Auf sich gestellt könnten sie in den einzelnen Städten gut selbst entscheiden, wie ihr Aufenthalt unter Corona-bedingungen aussehen soll. In Augsburg wollen sie auf jeden Fall einen Abstecher in die Altstadt und zur Puppenkiste machen.
Was so klingt, als würde das Konzept der Regio aufgehen, ist nur eine Seite der Medaille. Tatsächlich, sagt Götz Beck, würden viele Angebote gut angenommen und helfen, den Einbruch im Tourismus gering zu halten. Doch nach wie vor kämen deutlich weniger Gäste in die Stadt als vor der Krise. Man liege etwa bei 50 bis 60 Prozent. Am Beispiel Fuggerei wird das in absoluten Zahlen deutlich: „Wir hatten im Juli 2019 rund 19000 Gäste, in diesem Jahr sind wir bei 13 000 Besuchern“, sagt Sprecherin Astrid Gabler. Die Zahlen von Juni seien noch drastischer. Hier stünden 16000 Gäste aus 2019 etwa 7000 Besuchern in diesem Jahr gegenüber. Vor allem Busreisende blieben fast völlig aus. Auch Gäste aus Asien oder den USA kämen nicht. Stattdessen seien viele Schulklassen, Kleingruppen und Einzeltouristen unterwegs. Sie könnten aber keinen Ausgleich schaffen. „Für August hoffen wir auf den Besuch der Italiener, die zu dieser Zeit traditionell kommen“, bleibt Gabler optimistisch. Mit den Angeboten rund um den 500. Geburtstag der Fuggerei habe man auch einige Anreize für einen Besuch geschaffen.
Daraus, dass die Zahl der Gästeankünfte in Augsburg nach wie vor nicht gut sind, macht Götz Beck keinen Hehl. Ebenso wie Gabler nennt er den Einbruch bei ausländischen Touristen und den Lockdown als Grund. Letzterer habe sich auch auf den Bereich Tagungen, Kongresse und Messen ausgewirkt. Das habe Folgen für die Übernachtungszahlen. „Wir haben in diesem Jahr zwischen Januar und Mai einen Rückgang um die 43 Prozent im Vergleich zum Vorjahr“, schätzt er. Doch er möchte einen positiven Aspekt hervorheben: „Wir schlagen uns besser wie der bayerische Durchschnitt, der bei Minus 53 Prozent liegt.“Auch Großstädte wie München oder Nürnberg schneiden schlechter ab, ergänzt Beck. Aktuellen Zahlen nach verzeichnete München 2020 einen Rückgang an Übernachtungen von 61,5 Prozent. In Augsburg waren es 51,2 Prozent. „Natürlich sind diese Städte noch mehr von ausländischen Touristen abhängig, aber ich glaube, dass wir mit einem guten Angebot überzeugen können.“Dabei spiele auch der Welterbe-titel eine Rolle.
Dass Corona den Tourismus verändert, liegt laut Beck auf der Hand. Künftig werde es weniger um das Besichtigen gehen, sondern um Begegnungen mit Städten und ihren Bewohnern. „Wie können Besucher Atmosphäre in einer Stadt erleben und mit welchen Themen können wir das umsetzen.“Story-telling, also das digitale Erleben von Geschichte, wird bleiben. Ideen gibt es. Unter anderem soll das Bäsle, die Cousine von Mozart, virtuell durch die Stadt führen.