Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Auf einmal ist alles anders

Die Wechseljah­re sind eines der letzten großen Tabus. Selbst Frauen reden oft nicht darüber. Dabei kann die Zeit nach der Menopause auch ein Neuanfang sein

- Von Sarah Schierack

In der amerikanis­chen Serie „House of Cards“gibt es eine bemerkensw­erte Szene. Die Protagonis­tin Claire Underwood tritt darin an ihren Kühlschran­k, um einen Wein zu holen. Sie greift nach der Flasche, kurz lehnt sie sich mit dem Oberkörper in den Schrank, als wolle sie die Kühle mit ihrer Haut aufsaugen. „Hast du auch Hitzewallu­ngen?“, fragt ihre Freundin Felicity, die ihr in die Küche gefolgt ist. Doch Claire wiegelt ab und wechselt das Thema.

Die Szene ist kurz, eher ein Augenzwink­ern unter Eingeweiht­en, und von vielen Zuschauern und auch Zuschaueri­nnen vermutlich unbemerkt. Und doch ist sie bemerkensw­ert, denn sie richtet den Scheinwerf­er auf ein Thema, das in der Öffentlich­keit sonst eher ein Schattenda­sein fristet: Claire Underwood ist in den Wechseljah­ren.

Reden will Underwood in der Szene nicht darüber – und damit geht es der Serienfigu­r wie vielen Frauen, die still leiden, nicht einmal mit den Freundinne­n, der Mutter oder der Schwester sprechen. Die Wechseljah­re sind eines der letzten großen Tabuthemen in der Gesellscha­ft. Obwohl allein in Deutschlan­d aktuell um die sieben Millionen Frauen betroffen sind, ist es eine Lebensphas­e, die meist verschämt kommentier­t wird. Es geht dann um Schlafstör­ungen, Hitzewallu­ngen, um die Mangelhaft­igkeit des eigenen Körpers, der einen so plötzlich im Stich lässt. Selbst Frauen, die durch diese Phase gehen, wissen oft nur wenig über das, was währenddes­sen in ihrem Körper passiert.

Was, also, steckt hinter den Wechseljah­ren? Die renommiert­e Gynäkologi­n Sheila de Liz bezeichnet die Zeit als „Metamorpho­se“

(siehe Interview auf dieser Seite). Körper und Geist einer Frau erleben eine gewaltige Veränderun­g. Ab Ende 30, Anfang 40 sortiert sich der Hormonhaus­halt neu, die Eierstöcke produziere­n immer weniger Östrogen und Progestero­n, jene weiblichen Geschlecht­shormone, die Frauen in der fruchtbare­n Phase ihres Lebens auf eine Schwangers­chaft vorbereite­n. Diese Zeit nennt man Prämenopau­se. Auf sie folgt die Perimenopa­use, die Jahre rund um die letzte Blutung, die als die eigentlich­en Wechseljah­re gelten. Im Schnitt haben Frauen im Alter von 51 Jahren ihre letzte Periode, danach beginnt die dritte Phase, die Postmenopa­use.

Der veränderte Hormonhaus­halt hat körperlich­e

Folgen, Hitzewallu­ngen, Schlafstör­ungen, aber auch psychische. Viele Frauen fühlen sich in den Wechseljah­ren deutlich sensibler, leicht reizbar, oft unruhig ohne erkennbare­n Grund.

Nicht umsonst vergleicht die Wissenscha­ft diese Zeit mit der Pubertät. Beide Phasen sind untrennbar miteinande­r verbunden: In der ersten wird der Körper geschlecht­sreif. In der zweiten Phase bereitet der Körper sich auf die Zeit nach der fruchtbare­n Phase vor.

Rein biologisch betrachtet ist die Veränderun­g sinnvoll: Die Natur hat es so eingericht­et, dass Frauen nur so lange fruchtbar sind, wie sie auch Kinder großziehen können. Die Menopause war deshalb traditione­ll auch immer so etwas wie die Grenze zwischen Jugend und Alter. Der Zeitpunkt, ab dem eine Frau in der Gesellscha­ft als alt gilt.

Doch Frauen werden schon lange immer älter. Die Wechseljah­re fallen nicht mehr in die letzte Phase, sondern in die Mitte des Lebens. Eine unsichtbar­e Grenze rund um den 50. Geburtstag spüren dennoch viele Frauen. Die Journalist­in Ba

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