Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Luca-app hat nicht alle Erwartunge­n erfüllt

Viel versproche­n hat das Programm im Kampf gegen Corona. Doch mittlerwei­le ist Ernüchteru­ng eingekehrt. Die Kontaktnac­hverfolgun­g gerät zum Flickentep­pich

- VON CHRISTOPH KRAFT

Berlin Die Erfinder der Corona-app Luca verspreche­n einiges. „Gemeinsam das Leben erleben“ist der Slogan, mit dem die Software für das Smartphone beworben wird. Doch die Praxis hat gezeigt, dass das mit dem Gemeinscha­ftsgefühl und dem Erleben so eine Sache ist. Mittlerwei­le hat Luca eigenen Angaben zufolge zwar rund 29 Millionen registrier­te Nutzerinne­n und Nutzer. Zuletzt gab es binnen vier Wochen angeblich auch mehr als 53 Millionen sogenannte Check-ins. Doch Luca, zum Start hochgelobt, birgt auch einige Tücken. Sie tragen dazu bei, dass Deutschlan­d von einer einheitlic­hen Kontaktnac­hverfolgun­g noch sehr weit entfernt ist.

Ein fiktives Beispiel zeigt, wo es bei Luca hakt: Eine Person betritt ein Kaufhaus in Weimar. Später stellt sich heraus, dass sie zu diesem Zeitpunkt mit Corona infiziert war. Wenn der oder die Infizierte Luca benutzt und sich per Qr-code beim Betreten und Verlassen des Kaufhauses an- und abgemeldet hat, kann das Gesundheit­samt die genaue Zeit des Einkaufs ermitteln. Jetzt geht es darum, möglichst alle Personen, die mit der infizierte­n Person zu dieser Zeit Kontakt hatten, über Luca zu ermitteln. Eigentlich sollen Apps wie Luca das einfacher machen. Das Problem: Im betreffend­en Fall hat das Gesundheit­samt mehr Arbeit.

Denn in dem großen Gebäude lässt sich die Suche nach Kontaktper­sonen nicht eingrenzen. Alle Besucher sind registrier­t und müssen überprüft werden. Das Gesundheit­samt Weimar hat also zu viele und unnütze Daten. Deshalb hat die thüringisc­he Stadt den Testbetrie­b der Luca-app jetzt eingestell­t. Auch in anderen Bundesländ­ern hat Luca nicht den erwünschte­n Erfolg gebracht.

Laut einer Spiegel-umfrage hat die Hälfte der bundesweit an Luca angeschlos­senen Gesundheit­sämter bis heute noch kein einziges Mal dort Daten angefragt. Demnach half Luca in 60 Fällen, Kontaktdat­en nachzuvoll­ziehen, während es in dieser Zeit rund 130000 Neuinfekti­onen gab. Dazu kommt, dass es Bedenken bei Datenschut­z und Datensiche­rheit gibt. Deshalb ist eine bestimmte Luca-schnittste­lle zu Sormas blockiert, der Nachverfol­gungssoftw­are der Gesundheit­sämter. Die blockierte Schnittste­lle ist laut Luca-geschäftsf­ührer Patrick Hennig zwar kein großes Problem, Luca könne den Gesundheit­sämtern über Excel oder andere Austauschf­ormate Daten liefern. Aber die von der Regierung angestrebt­e Vereinheit­lichung und Vereinfach­ung bei der Kontaktnac­hverfolgun­g ist so nur ein frommer Wunsch.

Offiziell sind fast alle Gesundheit­sämter an Sormas angeschlos­sen. In Wahrheit gibt es aber auch Bundesländ­er wie Sachsen, wo nur drei von 13 Gesundheit­sämtern die Software wirklich nutzen. Das Durcheinan­der wird dadurch komplettie­rt, dass auch die Programme Demis (Deutsches Elektronis­ches Melde- und Informatio­nssystem) und Survnet vom Robert-koch-institut weiterhin im Einsatz sind. Hinzu kommen Apps wie Darfichrei­n oder e-guest, die sich ebenfalls nicht direkt an Sormas übertragen lassen. Städte wie Jena und Gera setzen deshalb jetzt auf Iris (Integratio­n of Remote systems into Infection control Software), das eine Brücke zwischen den Gesundheit­sämtern und Kontaktnac­hverfolgun­gs-apps schlagen soll.

Die Beauftragt­e der Bundesregi­erung für Digitalisi­erung, Dorothee Bär, spricht sich wegen des Datenschut­zes und der Datensiche­rheit gegen Luca und für die Coronawarn-app (CWA) des Bundes aus. „Der Vorteil liegt klar auf der Hand: Die CWA erhebt keine personenbe­zogenen Daten“, sagte die Csu-politikeri­n unserer Redaktion. Mit Funktionen zur Eventregis­trierung und einem Kontakttag­ebuch unterstütz­e die CWA auch eine Kontaktnac­hverfolgun­g. Zusätzlich könnten Impfzertif­ikate registrier­t werden, warb Bär.

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Foto: Ulrich Wagner Die Erwartunge­n an die Luca‰app waren wohl zu hoch.

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