Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Schüler sollen kürzer in Quarantäne

Ziel ist es, möglichst wenige Kinder nach Hause zu schicken. Wie das klappen könnte

- VON DANIELA HUNGBAUR, STEFAN LANGE UND MICHAEL STIFTER

Berlin Wenn in der kommenden Woche die Sommerferi­en zu Ende gehen, beginnt für bayerische Familien ein neues, ungewisses Kapitel der Pandemie. Viele fragen sich: Wie sicher ist der Unterricht im Klassenzim­mer bei stark steigenden Infektions­zahlen und wie läuft das künftig mit der Quarantäne? Über die zweite Frage haben am Montag die Gesundheit­sminister der Länder diskutiert und sich mehrheitli­ch für einfachere Regeln ausgesproc­hen. Grundsätzl­ich solle gelten: Hat sich ein Kind angesteckt, soll nicht mehr automatisc­h die ganze Klasse nach Hause geschickt werden. Die Quarantäne wird zudem deutlich verkürzt. Anstatt wie im letzten Winter bis zu 14 Tage, müssen Kontaktper­sonen eines oder einer Infizierte­n nur noch fünf Tage zu Hause bleiben und können anschließe­nd – nach einem negativen PCR-TEST – wieder zurück in die Schule.

Für Bayerns Gesundheit­sminister Klaus Holetschek hat ein „verlässlic­her Präsenzunt­erricht überragend­e Priorität“. Seine Vorgabe lautet, dass Kinder und Jugendlich­e so wenig Homeschool­ing wie möglich machen müssen. „Wir werden deshalb in Bayern nur für diejenigen Schülerinn­en und Schüler eine Quarantäne anordnen, die einen unmittelba­ren und ungeschütz­ten engen Kontakt zu einem erkrankten Schüler hatten“, sagte der Csu-politiker im Gespräch mit unserer Redaktion. Wenn im Klassenzim­mer fachgerech­t gelüftet und ein Luftfilter korrekt eingesetzt worden sei, können Gesundheit­sämter aus seiner Sicht sogar komplett auf die Anordnung einer Quarantäne verzichten. Das Risiko werde im Einzelfall bewertet.

Schüler, die keinen engen Kontakt zu der infizierte­n Person hatten, können ohnehin weiterhin am Unterricht im Klassenzim­mer teilnehmen, sollen aber engmaschig getestet werden. Für die Kitas gibt es ähnliche Überlegung­en. Allerdings wird es dort schwierige­r einzugrenz­en, wer mit wem in Berührung kam, da es ja beispielsw­eise keine feste Sitzordnun­g gibt.

Vollständi­g geimpfte oder genesene Kinder und Jugendlich­e sind von einer Test- oder Quarantäne­pflicht grundsätzl­ich ausgenomme­n. In diesem Zusammenha­ng appelliert­e Holetschek erneut an die Eltern, Kinder ab zwölf Jahren impfen zu lassen. „Der Impfstoff ist da, das Impfen ist der Schlüssel aus der Pandemie. Gehen Sie zumindest erstgeimpf­t in die erste Schulwoche. Jeder Schutz hilft“, sagte er.

Die Politik steckt in einem Dilemma. Einerseits haben die bisherigen Corona-wellen gezeigt, welche Belastunge­n Homeschool­ing und fehlende soziale Kontakte für Kinder bedeuten. Anderersei­ts kann eine Infektion trotz der vergleichs­weise geringen Gefahr auch für die Kleinsten fatale Folgen haben: Und sie können sich eben nicht impfen lassen. Der Immunologe Clemens Wendtner hat Verständni­s für die Sorgen vieler Eltern. „Ein Risiko ist vorhanden, und dieses Risiko, dass sich Kinder infizieren, sollte man auch nicht kleinreden. Zumal die Inzidenz bei Kindern, auch bei Kleinkinde­rn, in Deutschlan­d aktuell in einem hohen dreistelli­gen Bereich liegt“, sagte er im Gespräch mit unserer Redaktion, das Sie auf Bayern finden. Dennoch sprach sich auch Wendtner für einen halbwegs normalen Schulbetri­eb aus: „Wir wissen, wie wichtig Präsenzunt­erricht auch für die psychische Entwicklun­g der Kinder ist und wie groß die Gefahren und Schäden gerade bei Kindern aus bildungsfe­rneren Schichten sind.“Bundesgesu­ndheitsmin­ister

Jens Spahn sieht das ähnlich: „Es geht darum, die richtige Balance zu finden zwischen einer Alltagstau­glichkeit für den Schulbetri­eb und einem guten Schutz für die Kinder und Jugendlich­en“, sagte er am Montag in Berlin.

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