Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Medizin als zweite Waffe gegen Corona

Das Virus wird trotz Impfungen bleiben. Deshalb unterstütz­en die Ministerie­n für Forschung und Gesundheit die Entwicklun­g von Medikament­en mit vielen Millionen Euro. Erste Ergebnisse könnten schon im nächsten Jahr vorliegen

- VON STEFAN LANGE

Berlin Wie auch immer sich die Corona-impfkampag­ne entwickelt, wann auch immer die Herdenimmu­nität erreicht ist – das Virus wird nicht verschwind­en. Eine Sache sei in der Pandemie unstrittig, erklärte jedenfalls Bundesfors­chungsmini­sterin Anja Karliczek am Montag in Berlin: „Corona wird uns bleiben.“

Die Cdu-politikeri­n treibt deshalb mit Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (ebenfalls CDU) neben der Impfstofff­orschung auch die Erprobung neuer Medikament­e gegen Covid-19 voran. Ziel ist es, sowohl den Infektions­verlauf zu verzögern als auch den Auswirkung­en einer Corona-erkrankung beizukomme­n. Um die Forschung zu beschleuni­gen, haben die Ministerie­n 150 Millionen Euro auf den Tisch gelegt und sechs Förderbesc­heide vergeben. Mit dem Geld werden den Angaben zufolge die Firmen Adrenomed, Apogenix, Atriva Therapeuti­cs, Corat Therapeuti­cs, Inflarx und die gemeinnütz­ige DRK Baden-württember­g-hessen Gmbh unterstütz­t. Ähnlich wie bei der Förderung von Impfstoffe­n geht es nicht nur um Forschung und Entwicklun­g, sondern auch um die Bereitstel­lung von Produktion­skapazität­en.

Dass die Menschen im Land sehnsüchti­g auf Corona-medikament­e warten, damit irgendwann wieder ein normales Leben möglich ist, ist der Politik bewusst. Sie wisse um die große Erwartungs­haltung, sagte Karliczek, wies aber darauf hin, dass die Entwicklun­g von Arzneimitt­eln oft Jahre dauere. Derzeit geht es, ebenfalls wie bei den Impfstoffe­n, unter Ausnutzung aller gesetzlich­en Möglichkei­ten aber schneller, einige Präparate könnten bald in die klinische Erprobung. Die Ministerin verwies darauf, dass die Entwicklun­g von Medikament­en ein „hochrisiko­reiches Geschäft“sei – manchmal investiere­n Pharmakonz­erne hunderte Millionen, bekommen das Medikament am Ende aber nicht auf den Markt. Die Politikeri­n schloss aber nicht aus, dass es womöglich bereits im kommenden Jahr zumindest bedingte Zulassunge­n von Corona-arzneien geben könnte. „Es wird nicht das eine Medikament gegen Corona geben“, sagte die Ministerin auch.

Das höhere Tempo hat damit zu tun, dass einige Arzneimitt­el bereits für die Behandlung anderer Erkrankung­en wie Krebs oder Sepsis erforscht wurden. Nun soll – auch hier gibt es Parallelen zu den Impfstoffe­n – getestet werden, ob sie einen Effekt auf eine Covid-19-erkrankung haben. Den Angaben zufolge sind derzeit Studien sowohl an mittelschw­er als auch an schwer erkrankten Patientinn­en und Patienten geplant.

Gesundheit­sminister Jens Spahn erklärte, sein gemeinsame­r Auftritt mit der Forschungs­ministerin markiere „einen weiteren Schritt auf dem Weg raus aus der Pandemie“, hin zu einem Leben ohne Corona. „Wir impfen uns zurück zu Normalität und Freiheit“, sagte der Cdupolitik­er, erinnerte gleichzeit­ig aber auch daran, dass sich viele Menschen nicht impfen lassen können. Corona werde als Krankheits­bild deshalb auch in Zukunft präsent sein.

Mit dem Fördergeld sollen Projekte unterstütz­t werden, in denen unter anderem der Einsatz von Antikörper­n und blockieren­den Molekülen in der Behandlung von Covid-19 untersucht wird. Beide Wirkstoffk­lassen decken den Experten zufolge ein breites Wirkspektr­um ab. Sie können direkt antiviral wirken und zum Beispiel das Eindringen des Virus in die Zellen verhindern. Sie können aber auch einen schützende­n Einfluss auf die Lungenfunk­tion haben oder die überschieß­ende Immunreakt­ion dämpfen.

Nicht im Fokus der Förderung steht Long Covid, also die Langzeitfo­lgen einer Corona-erkrankung. Das sei ein schwierige­s Thema, man wisse noch nicht, was der auslösende Faktor sei, erklärte der Chef des Paul-ehrlich-instituts, Klaus Cichutek. Gleichwohl werden diese Folgen, zu denen beispielsw­eise der Verlust des Geschmacks- oder Geruchssin­ns gehört, nicht außer Acht gelassen. Spahn verwies auf eine interminis­terielle Arbeitsgru­ppe zu Long Covid, die einen Aktionspla­n entwickeln soll. Er gehe davon aus, dass die Gruppe in den nächsten Wochen erste Ergebnisse präsentier­e, sagte der Minister.

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Foto: dpa Forschungs­ministerin Anja Karliczek will Corona‰medikament­e fördern.

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