Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Zeit der Blutsauger
Mückenalarm! Vorbei ist es mit der Stille in bayerischen Schlafzimmern. Der Spätsommer und seine lichtklaren Tage sind wunderbar, die Nächte aber können vor allem bei offenem Fenster zur Hölle werden. Denn es sirrt und surrt wieder. Kein Wunder! Weltweit gibt es mehr als 3600 Stechmückenarten, von denen immerhin gut 100 auch in Schwaben und Oberbayern tätig sind.
Vergisst man also abends nur einmal kurz, das Fenster zu schließen, schwirren gefühlt Milliarden stechender Zweiflügler um die Lampe. Dabei reicht schon eine Schnake oder Staunze, wie die Tierchen in Süddeutschland genannt werden, um unsereins neben dem Nachtschlaf auch den letzten Nerv zu rauben. Deren hochfrequenter Flügelschlag sorgt selbst bei hart gesottenen Zeitgenossen für eine Erhöhung des systolischen und des diastolischen Wertes.
Bei den Blutsaugern hört dann auch die Tierliebe bei den meisten auf. Selbst eingefleischte Veganer können da zu wilden Jägern werden. Über 80 Prozent der Deutschen sind übrigens der Meinung, dass man Mücken, ohne zu zögern, töten darf. Moralisch dürfte das in der Tat nicht verwerflich sein. Denn auch die Mücke ist heimtückisch. Sie stürzt sich bevorzugt nachts, wenn ihr Opfer arg- und wehrlos ist, auf jeden Zentimeter freiliegende Haut. Das ist eine massive Verletzung der Intimsphäre!
Juristisch ungeklärt ist die Frage des Blutraubs. Im Ergebnis führt dieser jedoch oft dazu, dass die Tapeten in Schlafzimmer mit rötlichen Mustern ohne materiellen Wert übersät sind. Um dem aus dem Weg zu gehen, hilft nur, die Fenster zu vergittern oder mit Gewürznelken gespickte Zitronenscheiben rund ums Zimmer aufzubauen – so ein bisschen Voodoozauber gegen die Vampire.