Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Man hört nur mit dem Herzen gut
Anne-sophie Mutter in Bad Wörishofen
Bad Wörishofen Erfolgslöwen schlagen oft einen Bogen um die Standardwerke, die dieses Programm bildeten. In Mozarts einziger Mollsonate und in Beethovens schwungvoller Frühlingssonate gilt es nicht, technisch zu brillieren oder virtuos zu glänzen, in Bann ziehen vielmehr beseelter Ton und die Feinheit im Ausdruck. Wie beseelt und innig Anne-sophie Mutter und ihr Partner Lambert Orkis im Kursaal in Bad Wörishofen die Standardwerke feinzeichneten, berührte tief: Ihnen und den Zuhörern wuchs die Musik förmlich ans Herz, als höre man nur mit dem Herzen gut.
Spielt Mutter Klavier-violinsonaten, dann seit Jahrzehnten mit ihrem Partner Lambert Orkis in „unione serena“, in jener Seelenverwandtschaft, dass beide auf ein- und derselben Augenhöhe in engem Schulterschluss musizieren. So spielte sich Mozart wie von selbst, so schwangen bei Beethoven feine frühromantische Nuancen mit. Es zeigten sich keinerlei Bruchlinien, zumal die Instrumente superb abgestimmt war. Mutters Cremoneser Edelinstrument und der bestens gestimmte Steinway harmonierten ideal – optimale Voraussetzungen für die Interpretation.
Sogleich steht Mutter unter Strom, baut eine erstaunliche Körperspannung auf, beginnt mit der Geige am Kinn förmlich zu wachsen und gewinnt eine Ausstrahlung, der man sich nicht entziehen kann. Die melancholische Grundstimmung der e-moll-sonate griff um sich, der erste Satz wurde zum latenten Kampf: hier der Unisono-dämon, dort leise Resignation, da trotziges Aufbegehren, dort latente Tristesse. Das drang nicht vordergründig nach außen, sondern lief zumeist im Innern ab. Beethovens Frühlingssonate griff in einer Mischung aus Pathos, Witz und dramatischer Geste in vier Sätzen weiter aus, zielte markanter auf Außenwirkung ab, gespeist von Beethovens feurigem Geist.
Wie ein Chamäleon stimmt Mutter dabei Farbwerte wie Spielart auf die Protagonisten ab: Mozart, näher am Barock angesiedelt, klang schlanker, unmittelbarer und mit wenig Vibrato gespielt. Eng die Verbindung mit Orkis Klangakzenten – sehr fein dosiert sein Pedalspiel. Das Vibrato in der Frühlingssonate dagegen schwang sich weiter aus, der Ton gewann Biss, das Farbspektrum wurde zwar nicht bunter, aber die Farben kräftiger. Feinfühlig passte sich Orkis am Flügel an. Beendet Mutter ihr Spiel, brandet durchweg heftiger Beifall auf. Die Zugaben weiteten das Feld: Als glutvolle Csárdás-geigerin machte Mutter ebenso „bella figura“wie im John Williams Song als Violin-jazzdiseuse.