Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Und sie liebten sich doch!
Im Fugger und Welser Museum blickt Heinz Schulan auf Jakob Fugger und seine Frau Sibylla Artzt
„Denk dran, ich bin doch deine Frau!“Wer kennt nicht diesen Stoßseufzer einer Ehefrau, deren Herz und Mund überquillt – und deren Ehemann, schwer beschäftigt, ihr nur mit halbem Ohr zuhört. Diese Situation begegnete einem bei der Uraufführung des Kammerspiels „War es doch Liebe? Jakob und Sibylla“, dargestellt von Heinz Schulan als Jakob Fugger und Alexandra Johns-kraft als seine Ehefrau Sibylla Arzt. Dieses Stück unter der Regie von Heinz Schulan, der schon seit rund 20 Jahren in die Figur des Jakob Fugger schlüpft, setzt den Gerüchten um die kinderlos gebliebene Ehe eine positive Sichtweise entgegen, wonach Jakob seine Frau durchaus geschätzt haben musste. Gezeigt wurde die Uraufführung gleich hinter dem Fugger und Welser Erlebnismuseum im Ambiente des Klostergartens von St. Stephan.
Das Publikum wird ins Jahr 1521 zurückversetzt. Jakob Fugger, schwer beschäftigt, mit einer Feder was auch immer in seine Bücher schreibend, wird von seiner Frau Sibylla unterbrochen, die in Gedanken beim großen Bankett am Abend ist, das sie wie immer „wohldurchdacht“ vorbereitet. Sie berichtet Jakob von der Menüfolge, inklusive „Wildschweinschwänzen in heißer Soße“, und davon, wie sorgfältig sie die Sitzordnung für die Gäste gestalten muss. Dabei schweift sie immer wieder in Erinnerungen an andere Feste im Hause Fugger ab. Gemeinsam mit Jakob, den sie doch zum Gespräch verführt, lässt sie die prägenden Ereignisse der vergangenen Jahre Revue passieren, bei denen Jakob Fugger immer irgendwie seine Hände, besser sein Geld im Spiel hatte. „Wer hat das alles bezahlt?“wird im Stück zum stets wiederkehrenden Satz von Jakob Fugger, den Heinz Schulan mit großer Liebenswürdigkeit zeichnet.
Dieses Kammerspiel in zwei Teilen erzählt anekdotisch von den großen und kleineren Ereignissen jener Jahre – von Martin Luther, von den Reichstagen in Augsburg, von Kaiser Maximilian I, der „ausdauernd beim Tanzen“gewesen ist und sich nicht scheute, sein Geld – eher das Geld von Fugger – zur Schau zu stellen. „Seine Blicke hätte ich sehen wollen, als er erfahren hat, dass ich bei seinen Kriegen auch seine Gegner finanzierte“, merkt Jakob Fugger trocken an. Mit leichter Hand erzählt, wird der Aufstieg Fuggers, angefangen in Venedig, über den Gewürzhandel bis hin zum Financier der Großen und Mächtigen und als Stifter.
Immer wieder gibt es in diesem Stück kleine Preziosen, die das Publikum erfreuen. Herrlich etwa die Szene, in der Sibylla ihren Mann ein feines Minzblatt im Zuckermantel kosten lässt. Er genießt es sichtlich – bis ihm einfällt, dass der Zucker ja von den Welsern eingeführt wurde. „Tja, wenn’s nur nicht von den Welsern wär’“, meint er seufzend. Ungetrübt war der Theatergenuss beim Publikum, das diese Uraufführung mit herzlichem Applaus quittierte.
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Weitere Termine sind am 10. und 11. September, jeweils um 19.30 Uhr, Zugang in den Klostergarten über das Fugger und Welser Erlebnismuseum. Bei schlechtem Wetter im 2. Obergeschoß des Museums. Infos unter: www.fug gerwelsermuseum.de