Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Warum ist der Brand so schwer in den Griff zu kriegen?
Auch am Dienstag musste die Feuerwehr wieder wegen Glutnestern in die Karolinenstraße ausrücken. Sprecher Friedhelm Bechtel erklärt, was die Löscharbeiten so schwierig gemacht hat
Herr Bechtel, vergangenen Freitagabend brach das Feuer im Haus in der Karolinenstraße aus. Seither musste die Feuerwehr immer wieder löschen. Wie kommt es dazu?
Friedhelm Bechtel: Es ist nicht ganz einfach, das zu erklären. Der Brand hat viele kleine Glutnester hinterlassen, die durch Abbrucharbeiten etwa in Hohlräume hineinfielen oder sich zwischen Wänden befinden, die außen mit Rigips versehen sind und innen Holz haben. Das kann eine Zeit lang gut gehen und die Glut unbemerkt vor sich hin glimmen. Sobald aber Sauerstoff, etwa durch Wind, dazukommt oder Wärmeeinwirkung, etwa durch Sonne, kann wieder ein Feuer entfacht werden. Zudem ist die Brandlast in diesem Fall noch hoch.
Was meinen Sie mit Brandlast? Bechtel: In dem alten Haus war ganz viel Holz verbaut und wenige Kunststoffe. Unter diesen Bedingungen kann sich eine Glut lange halten. Noch vor letztem Freitag hätte ich gesagt, dass man 24 Stunden warten muss, bis eine Glut ganz erloschen ist.
Das sagt man ja auch immer beim Grillen. Diese Brandkatastrophe aber hat uns eines Besseren belehrt. Man kann mutmaßen, ob das mit dem vielen alten und trockenen Holz in dem Haus zu tun hat. Zudem liegt viel Brandschutt übereinander. Auch wenn man von oben draufspritzt, werden nicht unbedingt alle Glutnester erwischt. Das Haus ist sehr verwinkelt, hat viele Hohlräume.
Für die Feuerwehr ist es offenbar schwer, an das Haus und die möglichen Brandherde zu gelangen. Warum? Bechtel: Dass das Gebäude so verwinkelt ist und etliche Hohlräume hat, ist die eine Schwierigkeit. Auf der Rückseite des Hauses, der wir uns von der Steingasse aus nähern, steht noch ein Dachteil mit langen Sparren, die in die Luft ragen. Mit der Drehleiter kommen wir nicht gut über dieses Dach. Es bleibt ein Abstand von zehn Metern. Das macht es schwer, von oben gezielt zu löschen. Von der Karolinenstraße aus ist es für uns gerade schwer, weil sich vor dem Haus so viel Kies befindet.
Warum liegt denn der Kies auf der Straße?
Bechtel: Er wurde wegen des Abbruchbaggers rund einen halben Meter hoch aufgeschüttet. Der Bagger ist so schwer, dass er sonst die Straßenbahngleise beschädigen könnte.
Noch eines fällt auf. An der Brandruine sind oben Strohballen zu sehen. Was bezwecken sie?
Bechtel: Sie wurden zum Schutz der benachbarten Häuser angebracht.
Falls bei den Abbrucharbeiten Steine nicht so fallen, wie sie sollten, dann sind die Nachbarhäuser gedämmt.
Was war am Brandabend vergangenen Freitag für die Einsatzkräfte besonders schwierig?
Bechtel: Die Drehleitern zwischen den Oberleitungen für die Straßenbahn richtig in Stellung zu bringen. Die Leitungen mussten zuvor geerdet werden, damit die Einsatzkräfte keinen Stromschlag abbekommen. Es hat sehr heftig gebrannt, das war eigenartig. Teilweise kam es zu einer Art Rauchgasexplosion, die im Volksmund auch Backdraft genannt wird. Rauchgase werden so heiß, dass es zu Explosionen kommt. Als Feuerwehrmann oder -frau sind wir gewarnt und kennen diese gefährliche Brandsituation. Wir versuchen, diese hochexplosiven Brandgase abzukühlen. Wir spritzen mit unserem C-rohr an die Zimmerdecken und kühlen die Brandgase herab. Wenn das nicht möglich ist, wird es kritisch. Bei so einem Brand können Temperaturen von 600 bis 800 Grad Celsius oder noch höher entstehen, Kollegen sind bei dem Einsatz am Freitag durch die Hitze teilweise kollabiert.
Gab es in der Augsburger Innenstadt zuletzt schon mal einen vergleichbar schwierigen Brand?
Bechtel: Ja, der Weberhausbrand im Juni 2004, auch da gab es Probleme mit den Drehleiteraufstellungen. Der Dachstuhl war aber viel besser zugänglich.