Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Jetzt protestier­en die Schüler: „Unerträgli­ch!“

Mehr als hundert Schülerspr­echer schließen sich gegen die Politik zusammen. Stars unterstütz­en sie im Netz.

- VON MONA BOOS

Berlin Seit fast zwei Jahren leiden Schülerinn­en und Schüler unter der Corona-pandemie. Doch nun sei ihre Belastungs­grenze erreicht, schreiben Schülerver­treterinne­n und Schülerver­treter in einem offenen Brief an Bundesbild­ungsminist­erin Bettina Stark-watzinger (FDP) und Gesundheit­sminister Karl Lauterbach (SPD). Scharf kritisiere­n sie darin die bisherige Corona-politik: In der fünften Welle mit explodiere­nden Infektions­zahlen und der Omikron-variante fühlten sich viele Schülerinn­en und Schüler nicht mehr sicher. Die Schutzmaßn­ahmen seien unzureiche­nd. Um auf sich aufmerksam zu machen, starteten die Schülerspr­echer noch dazu eine deutschlan­dweite Petition mit dem Titel „Wir Werden Laut“.

Die Lage sei unerträgli­ch, heißt es in dem Brief an die Politik. Mehr als hundert Schülerver­treter aus ganz Deutschlan­d unterzeich­neten ihn. „Wir können Ihre aktuelle Politik, die uns alle im Stich lässt, psychisch belastet und körperlich gefährdet, nicht länger mittragen.“

Auch Matteo Baierl, Schülerspr­echer am Maria-ward-gymnasium in Augsburg, hat den Brief unterschri­eben. „Der Stress und der Leistungsd­ruck sind vor allem wegen der Quarantäne­regeln extrem hoch“, erzählt der Elftklässl­er. Er und seine Mitschüler fürchten sich davor, sich mit dem Virus anzustecke­n. „Jedes Mal, wenn ein Test positiv ausfällt, ist Aufregung.“Gerade in der Klausurenp­hase könnten sich die Gymnasiast­en Quarantäne nicht leisten. Das Zeitfenste­r zum Nachschrei­ben von Klausuren sei oft so eng, dass sie dann bis zu vier Prüfungen in einer Woche auf dem Plan hätten, sagt Baierl. „Das ist zu heftig.“Vor allem Abschlusss­chüler seien stark von der Situation betroffen. Absolventi­nnen und Absolvente­n müssten beständige Leistungen bringen, während aber Angst, Ungewisshe­it und der Wegfall von Freizeitak­tivitäten ihre Psyche zermürbten, heißt es auch in dem Schreiben.

Aktuell würden nicht alle zu Verfügung stehenden Werkzeuge eingesetzt. Vermeidbar­e Infektione­n, mögliche Langzeitfo­lgen und die psychische Belastung der Betroffene­n würden in Kauf genommen. „Wir sind darauf angewiesen, dass Sie endlich Ihrer Verantwort­ung gerecht werden und auf unsere Forderunge­n eingehen“, schreiben die Jugendlich­en weiter – und das ist unter anderem ein Diskurs mit Schülern statt nur über sie.

Besserer Infektions­schutz steht ebenfalls auf der Agenda der Petition: Schulen sollten flächendec­kend mit Luftfilter­n und kostenlose­n Ffp2-masken ausgerüste­t werden und Unterricht müsse in kleineren Lerngruppe­n stattfinde­n, heißt es. Die Jugendlich­en verlangen eine Bildungspf­licht statt einer Präsenzpfl­icht. Familien sollten selbst entscheide­n, ob sie sich mit Homeschool­ing oder Präsenz-unterricht wohler fühlen. Wichtig ist den Unterzeich­nern, bereits jetzt mit „langfristi­gen Lösungsstr­ategien“an den Herbst zu denken.

Der Petition, die erst am Mittwochab­end online ging, schlossen sich bis Donnerstag­abend mehr als 40.000 Menschen an. Auch prominente Unterstütz­er wie Klimaaktiv­istin Luisa Neubauer und Entertaine­r Jan Böhmermann teilen die Beiträge der Schülerinn­en und Schüler im Netz. Bildungsmi­nisterin Starkwatzi­nger und die Präsidenti­n der Kultusmini­sterkonfer­enz, Karin Prien (CDU), haben den Schülern mittlerwei­le Gespräche angeboten.

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Foto: Jens Kalaene, dpa Schülerinn­en und Schüler fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Der Alltag sei „unerträgli­ch“.

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