Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Finnbogason will aufhorchen lassen
Einmal mehr versucht der Angreifer des FC Augsburg, über mehrere Wochen hinweg verletzungsfrei zu bleiben. Für den Isländer hat das Auswirkungen auf seine Zukunft.
Es war im Sommer, als Alfred Finnbogason mal wieder den Zuversichtlichen gab. Auf der Terrasse des Seehotels am Walchsee wurde er wie sooft gefragt, ob er seine Leidenszeit, seine unzähligen Verletzungen, seine mehrwöchigen und -monatigen Ausfälle nun hinter sich lassen könne. Gezwungen lächelte der Isländer und meinte, er könne sich selbst nicht mehr darüber reden hören. Letztlich erzähle er stets die gleiche Geschichte. Am Dienstag ist Finnbogason 33 Jahre alt geworden. Wer weiß, wie viele Tore der Angreifer des FC Augsburg in seiner Karriere erzielt hätte, hätte er durchschnittliche Ausfallzeiten eines Bundesligaspielers. Hat er aber nicht. Denn wenig verwunderlich, seit Sommer änderte sich wenig.
Finnbogason steckt in einer Dauerschleife fest. Kämpft sich nach Verletzungen zurück, um wenige Spiele später erneut auszufallen. Auch in der laufenden Runde verpasste der zweifache Familienvater beinahe alle Partien, lediglich vier Mal stand er Trainer Markus Weinzierl zur Verfügung. Der smarte Isländer hat Routine entwickelt, um mit den zahlreichen Rückschlägen fertig zu werden. Am meisten geholfen hat ihm sein Grundoptimismus. Nicht immer gelingt ihm das, aber die positive Grundstimmung bewahrt sich der weltoffene und sprachbegabte Isländer. „Ich kann jeden Morgen entscheiden, ob ich mich ärgern will oder mich freue, dass ich fit bin und in der Bundesliga spiele. Ich schaue nach vorne.“
Mal wieder hat er sich von einer Verletzung erholt. Mal wieder fühlt er sich fit. Mal wieder hofft er, dass dies ein Dauerzustand wird. In der Rückrunde kam er gegen Frankfurt zu einem Kurzeinsatz, gegen Leverkusen saß er auf der Ersatzbank. Nach den 45 Minuten im Testspiel gegen Jahn Regensburg sieht er sich in der Verfassung, gegen Union Berlin etwas bewirken zu können (Samstag, 15.30 Uhr/sky). Seit vier Wochen trainiert er mit der Mannschaft, jetzt würden ihm Spiele und Belastung weiterhelfen. „Für mich ist das der beste Weg, um fit zu bleiben. Wenn man im Rhythmus bleibt, ist das immer die beste Prävention.“
Doch die Zeiten, in denen ein Startelfeinsatz für einen fitten Finnbogason als alternativlos galt, sind in Augsburg vorbei. Florian Niederlechner drängt zurück in die Anfangself, Leihspieler Andi Zeqiri möchte spielen, und Michael Gregoritsch hat sich mit regelmäßigem Torerfolg aus seinem Tief gezogen. Und dann steht ja noch Rekordtransfer Ricardo Pepi im Kader, der nach seiner Länderspielreise am Freitag zurückerwartet wird. Mit dem Konkurrenzkampf im Angriff beschäftigt sich Finnbogason nicht. Sagt er zumindest. Ihm ist bewusst, dass er nach seiner langen Abwesenheit keine Forderungen stellen kann. Käme auch nicht so gut an, wenn der Trainer während der Pressekonferenz direkt neben einem sitzt. Finnbogason sagt, was Weinzierl gerne hört. „Wenn ich von Anfang an spiele, gebe ich Vollgas. Genauso, wenn ich 15 oder 20 Minuten spiele. Ich freue mich und bin bereit für die Rolle, die mir gegeben wird.“
Weinzierl hat sich einst intensiv um Finnbogason bemüht, reiste selbst nach Island, um ihn von einem Wechsel nach Augsburg zu überzeugen. Weiterhin ist der Trainer ein Befürworter des Angreifers, betont dessen Führungsqualitäten. Selten habe er einen Spieler erlebt, der nach Verletzungen so gute Leistungen bringe, betont Weinzierl. Doch auch ihm ist klar, dass Sympathien im Abstiegskampf nicht entscheidend sein dürfen. „Für mich ist nicht wichtig, wie lange einer spielt, sondern dass die Mannschaft erfolgreich ist“, bekräftigt der Fcacoach.
Die nächsten Wochen und Monate werden darüber entscheiden, ob Finnbogason eine Zukunft in Augsburg hat. Wie bedeutsam er sein kann, zeigte er in der Vorrunde beim 4:1-Erfolg gegen Stuttgart. Wenn er gesund ist, ist Finnbogason ein Torjäger. Ein Unterschiedspieler. Den Verantwortlichen des FCA wird die Entscheidung also nicht leicht fallen, ob sie den im Sommer auslaufenden Vertrag des Isländers verlängern. Seit genau sechs Jahren spielt er in Augsburg, lediglich etwas mehr als die Hälfte aller möglichen Ligaspiele hat er seitdem im Fca-trikot absolviert. Dem gegenüber steht Finnbogasons Torgefahr. Mit insgesamt 36 Bundesligatreffern ist er weiterhin der erfolgreichste Augsburger Schütze in der Ersten Liga.
Nach eigener Aussage hat sich Finnbogason in den vergangenen Wochen nicht mit der kommenden Spielzeit beschäftigt. Kurzfristige Ziele stehen in seinem Fokus: der Abstiegskampf. Das Spiel gegen Union. 14 Spiele, in denen man die Tabelle noch zu Augsburger Gunsten verändern kann. Bezüglich des Danach wiederholt der 33-Jährige, was er schon des Öfteren gesagt hat. „Es ist bekannt, dass ich hier glücklich bin. Der Verein weiß, was er an mir hat.“Leider weiß der Verein inzwischen auch, was er nicht an ihm hat: einen verlässlich zur Verfügung stehenden Profi.