Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Schwierige Rückkehr in den Wettkampfmodus
Lange war der Punktspielbetrieb für Mannschaftssportarten wie Handball und Tischtennis ausgesetzt. Nun dürfen die einen wieder, die anderen nicht. Mit verschiedenen Auswirkungen in zwei Augsburger Vereinen.
Eigentlich ist Dieter Voigt, der stellvertretende Tischtennis-abteilungsleiter des Post SV Augsburg, überrascht über die Entwicklung in seinem Sport. Obwohl der Punktspielbetrieb für nahezu alle Vereinsmannschaften – ob Männer, Frauen oder Jugend – unterhalb der Oberliga seit knapp drei Monaten auf Eis liegt, erfreuen sich die Trainingseinheiten extrem großer Beliebtheit. „Für mich ist diese Entwicklung trotz Corona einfach unglaublich. Unsere Halle ist fast immer brechend voll. An jedem Trainingsabend haben wir fast zehn Tische stehen“, freut sich Voigt.
Und das, obwohl der Wettkampfbetrieb noch bis mindestens 28. Februar vom Bayerischen Tischtennis-verband ausgesetzt wurde. Das heißt, für zehn von elf Post-mannschaften wird es auch in den nächsten vier Wochen keine Punktspiele geben. Deswegen sind im Verein bisher nur die Frauen 1 in der Oberliga Bayern zurück im Wettkampfmodus. Alle anderen Teams spielen nach der Pause gemäß den Verbandsvorgaben nur noch ihre Hinspielrunde fertig, eine Rückrunde wird es in dieser Saison aus zeitlichen Gründen dann nicht mehr geben. Trotzdem kümmert sich Voigt schon um die Zeit nach der Zwangspause. „Wir werden schon mal vorsorglich Termine anbieten für die Restspiele, denn wir sollen die einfache Saison noch zu Ende spielen. Das heißt, die zwei Heimspiele, die wir noch gehabt hätten, spielen wir jetzt auswärts, das eine Auswärtsspiel dann wiederum zu Hause“, beschreibt Voigt das Vorgehen für sein eigenes Männerteam in der Verbandsliga.
Einen ganz anderen Weg geht hingegen der Bayerische Handballverband – und hat seine Vereine damit ziemlich überrollt. Der BHV informierte Anfang Januar, dass Ende des Monats der Spielbetrieb wieder aufgenommen werden könne. „Wir sind davon überzeugt, mit der Wiederaufnahme des Spielbetriebs im Sinne der allermeisten unserer Mitglieder
und damit auch im Sinne unserer gesellschaftlichen Verantwortung zu handeln. Gerade die Kinder und Jugendlichen brauchen die Fixpunkte, die ihnen ihre Vereine und die sozialen Kontakte darin bieten können“, begründete das Präsidium seine Entscheidung.
Das führt beim TSV Haunstetten zu der kuriosen Situation, dass die 20 Handballmannschaften des Vereins nun komplett in ihren Spielbetrieb zurückkehren durften, während die beiden Tischtennis-männerteams weiter warten müssen. Tischtennis-abteilungsleiter David Golly und Handball-abteilungsleiter Herbert Vornehm sehen das Ganze durchaus mit einem Kopfschütteln. Golly, weil in der Sportart
Tischtennis das Abstandhalten eigentlich viel leichter einzuhalten wäre. Deshalb findet er es „schwierig, das nachzuvollziehen. Im Tischtennis spielen wir sechs gegen sechs und haben bis auf die Doppel immer die komplette Tischtennisplatte zwischen uns. Dagegen ist Handball eine Sportart mit dem wohl engsten Körperkontakt. Das ist widersprüchlich“, merkt Golly an.
Zum anderen weiß er aber auch, dass sich nicht alle Mitglieder darum reißen, gerade jetzt zurück in den Spielbetrieb zu kommen. Manche kämen aus Angst vor Ansteckung oder weil sie ungeimpft sind schon nicht mehr ins Training, da sei es eher schwierig, ein wettkampffähiges Team auf die Beine zu stellen.
Genau das erlebt gerade sein Vereinskollege Herbert Vornehm. Denn der kurzfristige Re-start im Handball hat den sonst so routinierten Abteilungsleiter des TSV Haunstetten an seine Organisationsgrenzen gebracht. Er muss in den nächsten Wochen nun täglich die sich ständig ändernden Termine seiner vielen Mannschaften im Aktiven-, Jugend- und Bambini-bereich koordinieren. „Das ist eine Katastrophe. Jeden Tag kommt ein Anruf, dass Spiele ausfallen oder verschoben werden müssen, weil die Menschen in Quarantäne sind. Mitte November wurden die Ligen bei niedrigsten Inzidenzen ausgesetzt, jetzt haben wir 300.000 Ansteckungen am Tag und spielen. Das verstehe ich nicht“, sagt er etwas entnervt schon nach der ersten Woche im Spielbetrieb und verweist auf die etwa 160 Heimspieltage, die beim TSV Haunstetten in einer Saison generell anfallen. In der aktuellen sind es immerhin noch bis zu 120.
„Normal ist die Saison bis April durch. Jetzt spielt die Jugend schon bis Mai. Ich glaube nicht, dass wir alle Spiele durchbringen. Ich weiß auch nicht, wie es weitergehen soll und ob alle Ligen überhaupt korrekt zu Ende gespielt werden können“, sagt Abteilungsleiter Vornehm angesichts des Chaos, das sich in den nächsten Wochen in den Spielplänen noch weiter verstärken wird.