Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Jakob Fugger und der spionierende Mohikaner
Zum Fuggerei-jubiläum erscheint Michael Morattis „Jakob und das goldene Fugger-ei“mit einer Abenteuergeschichte über den berühmten Augsburger Kaufmann.
Ausgiebig wurde das 500-jährige Jubiläum der Fuggerei in diesem Jahr nachgefeiert, mit Festakt, Pavillon auf dem Rathausplatz und vielen anderen Aktionen, aber einige wichtige Fragen wurden dabei nicht geklärt: wie die Fuggerei zu ihrem Namen kam, welche Rolle Leonardo da Vinci dabei spielte und warum auch ein Mohikaner gute Dienste leistete, die heute älteste Sozialsiedlung der Welt auf den Weg zu bringen. Die Antworten dazu bringen zum Schmunzeln, denn sie finden sich in einem Comic, den der Wißner-verlag jetzt herausgebracht hat: „Jakob und das goldene Fugger-ei“von Michael Moratti.
Moratti ist nicht nur Leiter des Augsburger Verlages und Autor der erfolgreichen „Engele“-bilderbücher, sondern auch großer Comicfan. Auf dem im zweijährigem Turnus stattfindenden Erlanger Comicsalon ist der gebürtige Donauwörther Stammgast. Dort holt er sich Anregungen für die eigenen Zeichnungen, die er bisher nur für die Schublade und für Einladungskar
Eine wegweisende Idee war es, die Jakob Fugger einst mit seiner Sozialsiedlung in Augsburg hatte. Michael Moratti ehrt den Stifter mit einem Comic rund um die Entste hungsgeschichte der Fuggerei.
ten oder Prospekte anfertigte. Mit dem Fugger-comic tritt er nun als Zeichner erstmals in die Öffentlichkeit – zunächst nicht ganz freiwillig, denn die angefragten Illustratoren hatten reihenweise wegen des Arbeitsaufwandes abgesagt. Die Chan
ce also für den bisherigen Hobbyzeichner, seiner Leidenschaft nachzugehen, oder wie es Moratti in seiner flapsig-pragmatischen Art ausdrückt: „Dann tue ich jetzt mal so, als sei ich Comic-zeichner.“
Mit lockerer Hand und in flottem Ton ging Moratti ans Werk und spann seine Geschichte um die Entstehung der Fuggerei, die einige Wendungen nimmt. Ausgangspunkt ist ein Albtraum Jakobs, der zum jüngsten Gericht vor Gott steht und trotz des von zwei Päpsten unterschriebenen Ablasshandels schlechte Karten hat. Kriege und Kanonen habe er finanziert und sein Talent als guter Kaufmann verschwendet. Aber er bekommt eine zweite Chance: Er soll etwas für die Menschen bauen. Ein verarmter Handwerker bringt ihn auf die Idee: „Ich stifte eine ganze Wohnsiedlung für in Not geratene Handwerker und ihre Familien!“Dumm nur, dass Kaiser Maximilian gerade in Augsburg vorbeigeschaut und den gesamten Fugger´schen Geldvorrat für einen Krieg gegen Florenz abtransportiert hat – dabei auch das Ei in Gold, das Jakob seiner Frau Sybilla zum zehnten Hochzeitstag schenken wollte. Geld und Ei bekommt er nur zurück, wenn er dem Kaiser nachreist und es ihm gelingt, den Krieg zu verhindern. Intrigen,
falsche Freunde und prügelnde Raubritter erschweren die Unternehmung, aber Jakob hat mit seinem Leibwächter und einem als Reisebegleiter zufällig nach Augsburg gelangten Mohikaner zwei treue Gefährten – und schließlich eine clevere Idee, wie er den Krieg verhindern kann. Zum Schluss sitzt Jakob an der Tafel des Hochzeitstagsbuffets und blickt auf das Hochzeitsgeschenk seiner Sybilla: einen Vertrag mit Baumeister Thomas Krebs für den Bau der Sozialsiedlung. Und weil das goldene Ei als Anzahlung dafür gedient hat, ist es naheliegend, das auch gleich im Namen zu dokumentieren: Fuggerei.
Sprachspielereien wie diese finden sich einige im Fugger-comic, ebenso Namensanspielungen wie der Handwerker Motzhart oder der Leibwächter Brechtig, dessen Vorliebe es ist, in Reimen zu sprechen. Dazu gibt es historische Bezüge, die Moratti augenzwinkernd in einen neuen Zusammenhang stellt. Denn ob Leonardo da Vinci nun tatsächlich mit dem reichen Kaufmann aus Augsburg zusammentraf, auch noch just zu dem Zeitpunkt, als eine gewisse Lisa im Nebenzimmer Modell saß, ist genauso wenig verbürgt wie die Prügelei Fuggers mit Götz von Berlichingen, der aber tatsächlich 1528 in Augsburg im Kerker saß.
Mit viel Kreativität rund um historische Fakten entwickelt Moratti den Plot und so liest sich der Comic, obwohl die Textfülle in den kleinteiligen und wenig abwechslungsreichen Panels herausfordert, ausgesprochen vergnüglich, während die Bilder dazu etwas konventionell und klischeehaft wirken. Aber Figuren wie der „christlich-indianische Amerikaner“Chingachruz, Fuggers „CIA-MANN“, oder die Fugger´sche Schreibstube mit dem abgestürzten Papageien-rechner machen großen Spaß bei der Lektüre.
„Mit einem Grinsen“sei er selbst oft am Tisch gesessen, erzählt Moratti über den Entstehungsprozess des Fugger-comics. Die zeichnerische Arbeit, die „Nächte und Urlaube“des Verlagschefs in Anspruch genommen hat, sieht man dem detailreichen Band an. „Ich bin ein alter analoger Knacker“, bekennt er. Strich für Strich habe er Tusche und Aquarellfarben aufs Blatt gesetzt und sei dabei „süchtig geworden“. Das Leben des legendären Jakob Fugger gibt ja auch noch einiges her: Eine weitere Folge, bei der es um das verlorene Ulrichskreuz gehen wird, ist bereits angekündigt.
» Michael Moratti: Jakob und das Gol dene Fuggerei. Wißner, 48 Seiten, 12 Euro