Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wird Genderklage „abgebügelt“?
Audi hat im März 2021 gendersensible Sprache eingeführt. Ein Vw-mitarbeiter wehrt sich dagegen. Am Dienstag wird verhandelt.
Ingolstadt Der Ingolstädter Automobilhersteller Audi hat im März vergangenen Jahres in der internen und externen Kommunikation gendersensible Sprache eingeführt. Zur einheitlichen Umsetzung hat das Unternehmen einen Leitfaden entwickelt mit Regeln, die seitdem zum Beispiel im Intranet, beim E-mailverkehr und in Pressemitteilungen angewendet werden. Empfohlen sind neutrale Formulierungen wie „Führungskraft“oder der sogenannte Gendergap. Dementsprechend wurden aus den Audianern die Audianer_innen. Ein Mitarbeiter des Mutterkonzerns VW, der häufig mit Audi zu tun hat, will sich aber nicht genderneutral ansprechen lassen. Er sieht seine allgemeinen Persönlichkeitsrechte verletzt. Da Audi keine Unterlassungserklärung abgeben wollte, hat der Mann geklagt. Unterstützt wird die Klage vom Verein Deutsche Sprache, der sich grundsätzlich gegen Gendern ausspricht. Am Dienstag kommt es nun zur Verhandlung vor einer Zivilkammer des Ingolstädter Landgerichts. Die Rechtsanwälte des Vw-mitarbeiters und des Vereins erhoffen sich von dem Prozess eine Grundsatzentscheidung. Die Klage könnte jedoch aus rein formellen Gründen scheitern. Nämlich dann, wenn die Kammer entscheiden sollte, dass gar keine Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegen kann, weil der Kläger kein direkter Mitarbeiter von Audi und somit auch gar nicht dazu angehalten ist, selbst gendersensible Sprache zu verwenden. Eine Option, die durchaus realistisch sei, wie Klägeranwalt Burkhard Benecken am Telefon einräumt.
Beim Termin am Dienstag steht zunächst eine Güteverhandlung an. Dann haben die beteiligten Parteien die Möglichkeit, einen Vergleich zu schließen, erklärt ein Sprecher des Landgerichts. Laut Benecken ist sein Mandant durchaus daran interessiert, sich gütlich zu einigen. Kommt es zu keinem Vergleich, ist unmittelbar im Anschluss der Haupttermin geplant, in dem beide Seiten ihre Argumente vorbringen. Wann schließlich ein Urteil gesprochen wird, sei schwer vorherzusehen, sagt der Landgerichtssprecher.
Audi will sich zum laufenden Verfahren nicht äußern. Eine Sprecherin teilt aber zum Gendern generell mit: „Audi möchte eine Organisationskultur pflegen, die von gegenseitigem Respekt geprägt ist. Die Verwendung gendersensibler Sprache bedeutet eine Kommunikation, die alle Geschlechter und geschlechtlichen Identitäten wertschätzt und berücksichtigt. Gendersensible Sprache ist unserer Meinung nach Ausdruck einer sichtbaren, positiven Haltung zu Vielfalt und Diskriminierungsfreiheit.“
Wie der Vw-mitarbeiter weiter vorgehen will, sollte seine Klage am Landgericht „abgebügelt“werden, wie Benecken sich ausdrückt, wollte der Rechtsanwalt nicht verraten.