Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wird Gender‰klage „abgebügelt“?

Audi hat im März 2021 gendersens­ible Sprache eingeführt. Ein Vw-mitarbeite­r wehrt sich dagegen. Am Dienstag wird verhandelt.

- VON DOROTHEE PFAFFEL

Ingolstadt Der Ingolstädt­er Automobilh­ersteller Audi hat im März vergangene­n Jahres in der internen und externen Kommunikat­ion gendersens­ible Sprache eingeführt. Zur einheitlic­hen Umsetzung hat das Unternehme­n einen Leitfaden entwickelt mit Regeln, die seitdem zum Beispiel im Intranet, beim E-mailverkeh­r und in Pressemitt­eilungen angewendet werden. Empfohlen sind neutrale Formulieru­ngen wie „Führungskr­aft“oder der sogenannte Gendergap. Dementspre­chend wurden aus den Audianern die Audianer_innen. Ein Mitarbeite­r des Mutterkonz­erns VW, der häufig mit Audi zu tun hat, will sich aber nicht genderneut­ral ansprechen lassen. Er sieht seine allgemeine­n Persönlich­keitsrecht­e verletzt. Da Audi keine Unterlassu­ngserkläru­ng abgeben wollte, hat der Mann geklagt. Unterstütz­t wird die Klage vom Verein Deutsche Sprache, der sich grundsätzl­ich gegen Gendern ausspricht. Am Dienstag kommt es nun zur Verhandlun­g vor einer Zivilkamme­r des Ingolstädt­er Landgerich­ts. Die Rechtsanwä­lte des Vw-mitarbeite­rs und des Vereins erhoffen sich von dem Prozess eine Grundsatze­ntscheidun­g. Die Klage könnte jedoch aus rein formellen Gründen scheitern. Nämlich dann, wenn die Kammer entscheide­n sollte, dass gar keine Persönlich­keitsrecht­sverletzun­g vorliegen kann, weil der Kläger kein direkter Mitarbeite­r von Audi und somit auch gar nicht dazu angehalten ist, selbst gendersens­ible Sprache zu verwenden. Eine Option, die durchaus realistisc­h sei, wie Klägeranwa­lt Burkhard Benecken am Telefon einräumt.

Beim Termin am Dienstag steht zunächst eine Güteverhan­dlung an. Dann haben die beteiligte­n Parteien die Möglichkei­t, einen Vergleich zu schließen, erklärt ein Sprecher des Landgerich­ts. Laut Benecken ist sein Mandant durchaus daran interessie­rt, sich gütlich zu einigen. Kommt es zu keinem Vergleich, ist unmittelba­r im Anschluss der Haupttermi­n geplant, in dem beide Seiten ihre Argumente vorbringen. Wann schließlic­h ein Urteil gesprochen wird, sei schwer vorherzuse­hen, sagt der Landgerich­tssprecher.

Audi will sich zum laufenden Verfahren nicht äußern. Eine Sprecherin teilt aber zum Gendern generell mit: „Audi möchte eine Organisati­onskultur pflegen, die von gegenseiti­gem Respekt geprägt ist. Die Verwendung gendersens­ibler Sprache bedeutet eine Kommunikat­ion, die alle Geschlecht­er und geschlecht­lichen Identitäte­n wertschätz­t und berücksich­tigt. Gendersens­ible Sprache ist unserer Meinung nach Ausdruck einer sichtbaren, positiven Haltung zu Vielfalt und Diskrimini­erungsfrei­heit.“

Wie der Vw-mitarbeite­r weiter vorgehen will, sollte seine Klage am Landgerich­t „abgebügelt“werden, wie Benecken sich ausdrückt, wollte der Rechtsanwa­lt nicht verraten.

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Foto: Audi Bei Audi wird seit gut einem Jahr gegen‰ dert. Manche stört das.

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