Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Das sind die Problemstellen auf der A8
Autofahrer aus Augsburg und der Region wissen, dass es auf der Autobahn krachen kann. Wo das häufig passiert und welchen Einfluss Corona und ein Tempolimit haben.
Mit über 240 Kilometern pro Stunde war vergangene Woche ein Autofahrer in Schlangenlinien auf der A8 unterwegs. Als Polizeibeamte ihn auf einem Parkplatz in Taufkirchen bei München stoppten, stellte sich heraus, dass das noch nicht alles war: Der Fahrer hatte 0,8 Promille Alkohol im Blut und ist erst 16 Jahre alt, hat also noch keinen Führerschein. Ganz so wild geht es auf der A8 nicht jeden Tag zu, aber Raser, Unfälle und Staus gehören zum Alltag. Das ist auch im Großraum Augsburg der Fall. Von Adelzhausen im Landkreis Aichach-friedberg bis Burgau im Landkreis Günzburg erstreckt sich der Bereich der Autobahnpolizei Gersthofen. 50 Kilometer Strecke, an denen es einige Punkte gibt, denen die Beamten besondere Aufmerksamkeit schenken.
Vor allem die Ferienzeit bedeutet für viele Familien Zeit im Auto, auf dem Weg in den Urlaub. In der Region heißt das meistens: Zeit auf der A8. Für die Autobahnpolizei Gersthofen erfordert die Zeit eine gute Vorbereitung, um Unfälle und Staus zu vermeiden und im Ernstfall einsatzbereit zu sein. Auch außerhalb der Ferienzeit seien rund um die Uhr mindestens vier Polizistinnen und Polizisten im Einsatz, sagt Mar
Guß, die die Station seit April leitet. 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt es bei der Gersthofer Autobahnpolizei insgesamt.
Verkehrsexperte Thomas Barth betont, wie wichtig es für ihn und die anderen Autobahnpolizistinnen und Autobahnpolizisten sei, in den ruhigen Momenten zusammenzusitzen, zum Beispiel bei einem Kaffee. „Das kann jede Sekunde vorbei sein“, sagt Barth. Ein schwerer Unfall etwa könne von einem Moment auf den anderen alle in Bewegung versetzen. Als Beispiel nennt der Polizist eine Situation Ende Mai, als ein Lastwagen quer auf der Fahrbahn gelegen hatte.
Dass auf der A8 immer etwas los ist, belegen die Zahlen. An der Anschlussstelle Augsburg-west sind täglich rund 100.000 Fahrzeuge unterwegs. Im gesamten Bereich der Autobahnpolizei Gersthofen passieren in manchen Jahren fast 1000 Unfälle, oft mit Verletzten, manchmal mit Toten. In einigen Jahren gibt es Häufungen: 2018 verletzten sich 351 Menschen, 2013 gab es sechs Todesfälle. 2020 und 2021 war es auf der A8 den Zahlen nach weniger gefährlich. Leiterin Guß erklärt: „Corona hatte einen großen Einfluss – es war weniger Verkehr, deshalb ist auch weniger passiert.“
Zwischen Neusäß und Friedberg hat laut Autobahnpolizei noch ein
Hier ist immer etwas los: die schlussstelle Augsburg West.
A8AN
anderer Faktor zu weniger Unfällen beigetragen. Dort gilt seit August 2020 zwischen sechs und 20 Uhr Tempo 120. Das habe laut Barth den Verkehr harmonisiert, da es weniger deutliche Geschwindigkeitsunterschiede zwischen den Autos auf den verschiedenen Fahrspuren gebe. Eine Harmonisierung des Verkehrs, das betonen sowohl Guß als auch Barth, sei ohnehin ein Ziel ihrer Arbeit. „Wir wollen den Leuten nicht die Freiheit nehmen“, sagt die Leiterin.
Zwischen Neusäß und Friedberg ist die Zahl der Verkehrsunfälle seit Einführung des Tempolimits deutlich zurückgegangen: Vor fünf Jahren gab es dort fast 100 Unfälle, 49 in Zusammenhang mit hoher Getina schwindigkeit. 2021 waren von 90 Unfällen nur 16 sogenannte Geschwindigkeitsunfälle. Offen ist, welche Rolle die geringere Verkehrsbelastung in der Corona-zeit bei dem Rückgang gespielt hat.
Wo Unfälle passieren, sind Staus oft nicht weit – und umgekehrt. Ein Teufelskreis. Guß sagt: „Nach einem Unfall bildet sich ein Stau, der ist dann wiederum ein Unfallrisiko.“Zu den Staus auf der A8 hat die Polizei nicht so genaue Zahlen wie zu den Unfällen. Rein subjektiv sehe er den Bereich zwischen Augsburgost und Augsburg-west als Stauschwerpunkt, sagt Barth.
Um Staus und Unfällen vorzubeugen, gibt es zwischen der Wildschutzbrücke bei Adelsried und Streitheim eine Verkehrsbeeinflussungsanlage, die sogenannte Telematik light. Led-anzeigetafeln können hier Einfluss auf den Verkehr nehmen, etwa zu den Zeiten mit der höchsten Verkehrsbelastung die erlaubte Geschwindigkeit auf 120 Kilometer pro Stunde begrenzen. Auch ein Überholverbot oder den Hinweis auf einen Stau, Gefahrenlagen oder Wetterverhältnisse können die Tafeln anzeigen. Nach einem Unfall kann die Polizei bei der Verkehrsrechenzentrale in Leipzig anrufen und so den Autofahrerinnen und Autofahrern Warnhinweise über die Schilder anzeigen.
Das „light“in der Bezeichnung weist darauf hin, dass technisch noch mehr machbar ist. Einige Politikerinnen und Politiker fordern seit langem eine Telematik, die automatisch und individuell den Verkehr beeinflussen kann. Guß sagt über die geplante Anlage: „Wir erhoffen uns auf jeden Fall eine Verbesserung.“Aber der Baubeginn zwischen München und Augsburgwest, der ursprünglich dieses Jahr sein sollte, verzögert sich. Er ist nun laut Bundesregierung für Anfang 2023 vorgesehen.
Vorne dran sei die A8 schon heute, wie Polizist Barth sagt: „Sie entspricht momentan dem aktuellsten Stand der Technik.“Einige Besonderheiten dieser Autobahn können Fahrerinnen und Fahrer allerdings auch als störend empfinden. Guß erklärt, dass die Tatsache, dass die A8 eine Ost-west-verbindung sei, zur Folge habe, dass man manchmal während der gesamten Fahrt eine tief stehende Sonne vor sich habe. Die Senken und Höhen der Landschaft können außerdem Witterungsprobleme mit sich bringen. „Nebel setzt sich in den Senken ab und Regenwasser sammelt sich dort“, sagt die Leiterin der Autobahnpolizei Gersthofen. Für sie und ihre Kolleginnen und Kollegen wird es also weiterhin viel zu tun geben, trotz Tempolimit und Telematik.