Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
SPD unter Druck
Wenn die Wahl in Nordrheinwestfalen tatsächlich eine kleine Bundestagswahl war, dann muss es der SPD angst und bange werden. Schneller als erwartet haben sich Konservative und Grüne auf die Eckpunkte einer Koalition im bevölkerungsreichsten Bundesland der Republik verständigt - und schneller als sonst üblich sollen die Koalitionsverhandlungen nun auch abgeschlossen werden. Damit ist die alte Arbeiterregion an Rhein und Ruhr die längste Zeit das Stammland der Sozialdemokratie gewesen.
Gerhard Schröder hat in einer ähnlichen Situation 2005 alles auf eine Karte gesetzt, vorgezogene Neuwahlen erzwungen – und sie verloren. Olaf Scholz wird das sicher nicht tun, dazu ist seine Ampelkoalition noch zu frisch im Amt und der politische Flurschaden nicht groß genug. Die neue Harmonie zwischen der Union und den Grünen aber muss dem Kanzler zu denken geben. Weder in Schleswigholstein noch in Nordrhein-westfalen wurde die SPD zur Regierungsbildung gebraucht, sollte sich das im Herbst in Niedersachsen fortsetzen, geriete auch Scholz unter Druck. Anders als 2005 kann eine neue Regierung im Bund heute ja auch ohne Neuwahlen gebildet werden. Ein Jamaika-bündnis mit der Union an der Spitze hätte jetzt schon eine Mehrheit im Bundestag.