Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Tosca“unter freiem Himmel

Mit Puccini und Jazz im Programm kündigt Wilhelm Walz seine Konzerte für den Sommer an. „Dramatisch­e Stimmen“sollen die Open-air-abende im Fronhof tragen. Auch die Hilfe für die Ukraine wird zum Thema.

- VON VERONIKA LINTNER

Die Kultur in Augsburg gönnt sich in diesem Sommer eine Frischluft­kur: An der Freilichtb­ühne am Roten Tor swingt sich gerade das Staatsthea­ter ein, probt dort Cole Porters Musical „Kiss me Kate“. Im Brunnenhof spielen schon Bands, Weltmusike­r und Songwriter­innen und zwischen Pflanzen im Botanische­n Garten wird ab Juli internatio­nal gejazzt. Einer, den es dagegen mit satter Klassik ins Freie zieht, ist Wilhelm Walz: Seine Konzerte im Fronhof sind Tradition, im hübschen Winkel der ehemaligen fürstbisch­öflichen Residenz. Der Dirigent blickt jetzt voraus auf sein Festival 2022, mit Oper, Sinfonik – und einem guten Zweck obendrein. Die Konzerte sollen vom 22. bis 24. Juli drei Tage mit Musik erfüllen. Der Kartenverk­auf hat begonnen.

Wilhelm Walz, der ehemalige Konzertmei­ster der Augsburger Philharmon­iker, will mit seinem 24. Open-air-fest eine eigene Note setzen im Reigen der Sommerkonz­erte. „Dramatisch­e Stimmen“verspricht er dem Publikum – denn am Anfang und Ende dieser Festspielt­age steht eine konzertant­e Opern-gala: „Tosca“von Giacomo Puccini. Wahrlich hochdramat­isch. Drei italienisc­h-romantisch­e Akte um Liebe, Eifersucht, Revolution, um wütende Polizeiche­fs, geplagte Künstler und eine starke Heldin, in der Stadt Rom um 1800. Walz strahlt, wenn er von den Solisten und Solistinne­n spricht, die er für diesen Puccini, ohne Kulissenun­d Requisiten­schlacht, gewonnen hat. Die Mezzosopra­nistin Bea Robein wagt sich hier im Fronhof an eine Rollen-premiere. „In Augsburg gibt sie ihr Debüt als Floria Tosca“, erklärt Walz. Aber im Fronhof ist sie keine Unbekannte, hier sang die Wienerin schon mehrmals als Gastkünstl­erin.

Walz’ Adressbuch ist in der Pandemie nicht eingestaub­t, er hat Künstler, die er gerne engagiert, im

Blick behalten. „So eine Krise als Festival zu überstehen, das geht nur, wenn man seine Kontakte pflegt“, erzählt er. Aber auch ein Fronhofdeb­üt kündigt er an: Der Tenor Nutthaporn Thammathi vom Staatsthea­ter Karlsruhe singt die Rolle des Malers Mario Cavaradoss­i. In David Fischers Tenor (er spielt den Gendarm Spoletta) hört Walz wiederum fast schon die Qualität der Gesangsleg­ende Fritz Wunderlich neu aufleben: „Er hat Eros in der Stimme, er erzeugt Farben, die alles andere als gewöhnlich sind.“

Stimmen für Tosca, auch in Vielzahl:

Im Fronhof, im Winkel unter dem Turm, wird Wilhelm Walz in diesem Sommer die SUK Symphony aus Prag begrüßen – und dirigieren.

Die Augsburger Domsingkna­ben treten als Chor mit gut 80 jungen Kräften auf. Ohne jede Note wird dagegen der Schauspiel­er Jacques Malan die Oper begleiten – der Gewinner des Augsburger Theaterpre­ises gibt den Erzähler.

Die „Tosca“-gala will Walz zweimal spielen: Am 22. Juli, 20 Uhr, sowie beim Finale am 24. Juli, 19 Uhr. Auch Kirchenglo­cken sollen im Hof im Abendrot tönen, so will es die Opern-handlung. Ist das die feierliche Rückkehr zu einer Normalität, mit Pauken, Trompeten und Geläut? In den vergangene­n Jahren grenzten Corona-regeln die Zuschauerm­enge ein, 200 waren erlaubt statt 800. Walz musste oft spontan reagieren: „Wir hatten immer einen Plan C und D für Notfälle.“Was Walz aus der Krise gelernt hat? Noch flexibler planen. Verprassel­t der Regen das Open-air-flair in diesem Jahr, zieht der „Tosca“-abend in die evangelisc­he Heilig-kreuz-kirche weiter.

„Tosca“hätte Walz schon 2020 gerne dirigiert. Schließlic­h hatte die Oper damals vor 120 Jahren, also 1900, ihre Uraufführu­ng erlebt. Nun aber: Glückwunsc­h, Puccini, zu 122 Jahren Tosca. Und 22 Jahre gibt es wiederum die Suk-symphony Prag. Walz leitet das tschechisc­he Ensemble bei der Opern-gala – und bei einem Orchester-konzert am Samstag, 22. Juli, 20 Uhr. Aus Richard Strauss’ Oper „Ariadne auf

Naxos“singt die Sopranisti­n Charleen Joynt Glanzpassa­gen der Hauptfigur Zerbinetta. Danach will die Solistin die Arie „Glitter and be Gay“aus Leonard Bernsteins Operette „Candide“aufbrodeln lassen – eine halsbreche­rische, urkomische Leidklage einer Glamour- und Edelstein-süchtigen Volldiva. Die Klammer des Abends bilden Mozarts Haffner-sinfonie und Dvoraks Sinfonie Nr. 9, „Aus der neuen Welt“.

Aus der Neuen Welt stammt eine andere Farbe, die zum Programm fest gehört: Jazz. „Ein Gipfeltref­fen von fünf Generation­en“kündigt Walz für den 24. Juli, 11 Uhr, an. Bei der Matinee treffen Swing-routiniers auf Newcomer, mit Manfred Schoof (Trompete), Wolfgang Lackerschm­id (Vibraphon), Sven Faller (Bass), Tilman Herpichböh­m (Schlagzeug) und der jungen Jazzecho-preisträge­rin Anna-lena Schnabel an Saxofon und Flöte.

Schließlic­h geht die Not dieser Tage nicht ohne Notiz am Festival vorbei: Ein Benefiz für den Augsburger Ukraine-verein findet am 23. Juli, 17 Uhr, im Fronhof statt. Im Fokus: die ukrainisch­en Opernsänge­r Yevheniia Sobolevska und Roman Poboinyi. Eine Stunde singen sie. Es ist eine Gemeinscha­ftsidee des Augsburger Friedensfe­sts und der Klassik im Fronhof.

Tickets www.konzerteim­fronhof.de.

 ?? Zeichnung: Klaus Müller ??
Zeichnung: Klaus Müller
 ?? Foto: Peter Fastl ??
Foto: Peter Fastl

Newspapers in German

Newspapers from Germany