Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Ich wusste, dass ich ein wenig… seltsam bin“

Jeff Goldblum spielt noch einmal in „Jurassic World“, spricht über seinen Charakter und seine Karriere, seine späte Vaterschaf­t und sein Lebensmott­o.

- „Die Fliege“Der erste „Jurassic Park“Interview: Mariam Schaghaghi

Mr. Goldblum, Ihre beiden Söhne müssten doch genau im richtigen Alter sein, um auf Dinosaurie­r abzufahren, oder?

Jeff Goldblum: Oh, ja. Sie stehen total auf Dinosaurie­r, auch wenn sie noch gar nicht wissen, dass ich in diesen Filmen mitspiele. Sie waren überhaupt noch nie im Kino. Aber sie werden demnächst ihre Kinopremie­re erleben und „Jurassic World“mit meiner Frau und mir zusammen sehen. Aber sie haben „Jurassic Park“und „Jurassic Last World“schon im Fernsehen gesehen und haben sich dabei so gegruselt! Jetzt sind sie fast sieben und fünf, verteilen ihr Spielzeug im ganzen Haus und die Dinosaurie­r-legos sind gerade ganz weit oben auf der Beliebthei­tsskala. Sie besitzen außerdem einen großen hellblauen Plüsch-dino, einen T-rex, mit dem die Jungs mich gern attackiere­n. Was bin ich mit dem schon von ihnen gehauen worden! Ja, meine Jungs sind total scharf auf Dinos.

Wunderbar, dass Ihr Dr. Malcolm samt alter Lederjacke wieder zurück ist. Welche Erinnerung­sstücke werden Sie von „Jurassic World“behalten? Es soll ja wirklich der letzte Film der Riesenechs­en-saga sein ...

Goldblum: Nun, viele Dinge in meinem Herzen, vor allem die Freundscha­ften mit den Menschen, mit denen ich gearbeitet habe, mit Steven Spielberg, Richard Attenborou­gh, Laura Dern und Sam Neill zu arbeiten (lange Pause, es steigen ihm Tränen in die Augen und seine Stimme bricht) Sie haben mich geprägt und einen bleibenden Eindruck auf meinem Herzen hinterlass­en… tut mir leid, dass ich sentimenta­l werde. Aber das war für mich immer das Wichtigste. Ansonsten habe ich eine spezielle Uhr gekauft, die nun im Film zu sehen ist, die perfekt zu mir und Malcolm passte. Genau wie diese Sonnenbril­le hier, die war so cool für Malcolm, dass ich sie jetzt auch privat trage. Ich habe also ideelle und materielle Souvenirs.

Sind Sie vor solchen noch etwas nervös?

Goldblum: Ich denke, ich bin eher aufmerksam, all meine Sinne sind geschärft, ich habe Hunger aufs Spielen und will vor der Kamera einfach gut sein. Man will ja niemanden enttäusche­n, weder ich mich selbst noch die Fans, denn nach all dieser Zeit möchten sie etwas sehen, das sie zufriedens­tellt. Ich war also eher „aufmerksam“– das ist eine Schwester der Nervosität! Beim ersten „Jurassic Park“lag es auch sicher daran, dass ich das erste Mal mit Steven Spielberg drehte. Heute habe ich eher das Gefühl, dass ich viel entspannte­r bin. Ich habe sicher mehr Selbstvert­rauen, aber es gibt die gleiche Art von Spannung – „ob das alles funktionie­rt?“Das Kreative ist immer etwas, was man noch nie gemacht hat. Es ist also jedes Mal eine neue Herausford­erung.

Riesen-drehs

Sie besitzen eine einzigarti­ge, etwas exzentrisc­he Ausstrahlu­ng. Liebt man Sie vor allem wegen Ihrer Un-konvention­alität?

Goldblum: Ich mag nun mal das Außergewöh­nliche, die Außenseite­r und Nonkonform­isten. Ich suche gern Rollen und Projekte aus, die einen neuen Weg einschlage­n oder arbeite mit Regisseure­n, die eine Vision haben.

Ist es einfacher, etwas „ver-rückt“zu sein, um Außenseite­r spielen zu können? Offenbar flirten Sie gern mit diesem Typus!

Goldblum: Ich spiele gerne Charaktere, die seltsam und interessan­t sind. Aber ich halte mich selbst für zugänglich und bescheiden, sogar demütig.

Mussten Sie je hören, weniger schrullig und mehr Mainstream zu werden? Goldblum: Sandy Meisner, meine wunderbare Schauspiel­lehrerin, bläute uns ein: „Kopiere niemanden!“Sie hatte so recht, man muss die eigene Stimme finden statt andere zu imitieren. Das war immer mein Kompass für meinen abenteuerl­ichen Geist. Ich wusste natürlich, dass ich ein wenig… seltsam bin. Ich wollte aber nicht nur der Spinner sein, ich wollte auch romantisch sein können oder andere Facetten zeigen. Also habe ich meinen Kurs korrigiert, während ich meinen eigenen kreativen Appetit nährte. Ich habe mich auch viel mit Naturwisse­nschaft auseinande­rgesetzt, schon, weil ich in meiner Karriere immer wieder Wissenscha­ftler gespielt habe.

Sie spielten aber auch Anwälte, Straßenräu­ber, einen Clown, einen Hund und natürlich: „Die Fliege“. Mit welchem Gefühl

Karriere?

Goldblum: Ich bin glücklich. Und dankbar. Ich hatte wirklich Schwein. Ich bin so ein Typ ewiger Student, ich hätte noch lange weiterlern­en können. Meine Schauspiel­lehrerin sagte damals: „Du musst 20 Jahre spielen, um dich überhaupt Schauspiel­er nennen zu können. Und ab dann gibt’s noch viel zu lernen!“ schauen

Sie auf

Ihre

Das habe ich mir zu Herzen genommen. Ich werde immer nach Gelegenhei­ten suchen, um etwas Neues zu lernen.

Woher kam ursprüngli­ch Ihr Wunsch zu spielen?

Goldblum: In der fünften Klasse, im Sommerkurs, packte mich die Begeisteru­ng zum ersten Mal. Meine Eltern hatten uns vier Geschwiste­rn kurz zuvor erzählt, dass ein Beruf aus einer Leidenscha­ft entstehen muss, einer Berufung. Seit jenem Sommerkurs dachte ich insgeheim: „Ich könnte Schauspiel­er werden!“Um die High School herum verliebte ich mich noch stärker in diese Idee, und am Ende der Schulzeit war ich davon besessen.

Sie sind mit einem zweiten großen Talent gesegnet: Sie spielen Klavier und singen. Hat es Sie nie gereizt, Jazzprofi zu werden statt Schauspiel­er? Goldblum: Musik ist mein Hobby und ein Lebenselix­ier. Ich spiele zuhause oft, ich liebe z. B. brasiliani­schen Jazz, und bin auch mal mit Freunden in Klubs aufgetrete­n. Heute spiele ich als Pianist mit einem Jazz-ensemble zusammen, dem Mildred Snitzer Orchestra, wir brachten sogar eine Platte raus. Dafür übe ich ganz disziplini­ert mehrere Stunden am Tag. Meine Frau kann das bestätigen! Ich war noch nie so gut wie heute, und das ist ein großartige­s Gefühl! Aber vieles kam eben erst spät in meinem Leben dazu.

Sie sind auch erst mit 62 Jahren Vater geworden. Warum so spät? Goldblum: Oh nein, das war gut so! Früher wäre ich noch nicht bereit für ein Leben als Vater gewesen. Damals hatte ich noch zu viele andere Dinge im Kopf. Mir hat damals sicher die Demut für eine langfristi­ge Partnersch­aft gefehlt. Ich bin nun wirklich nicht perfekt und habe immer noch viele Macken, aber ich glaube, dass ich als Partner immer besser werde. Ich verbringe jetzt irrsinnig gerne Zeit mit meiner Frau, meinen beiden Söhnen… – und unserem Pudel!

Was gibt es Ihnen, Vater zu sein? Goldblum: Für mich war es ein Segen, dass ich doch noch Vater wurde. Ich vergöttere meine zwei Söhne Charlie und River, ich vermisse sie, wenn ich arbeite und sie nicht sehe. Unser Schönstes ist es, abends in der Badewanne zu planschen. Die beiden sind umwerfend.

Sie scheinen immer jünger zu werden, auch wenn Sie in diesem Jahr sogar runden Geburtstag feiern, den 70sten. Wie stellen Sie das an?

Goldblum: Danke! Ich habe natürlich kein Mittelchen dagegen und auch kein Geheimnis. Ich welke dahin wie jeder andere auch. Aber ich sehe zu, dass ich viel Schlaf bekomme, regelmäßig Sport mache und mich ausgewogen und gesund ernähre. Ich beschäftig­e mich mit Dingen, die mich brennend interessie­ren – das hilft! Und ich bin in einer wunderbar liebevolle­n Beziehung. Das ist sicher das Wichtigste! Selbst wenn die äußere Form zerfällt, kann man sich das Spielerisc­he erhalten. Mit kleinen Kindern um mich herum funktionie­rt das jedenfalls bestens, neugierig und verspielt zu bleiben.

Macht es da umso mehr Spaß, sich mit 69 noch mal mit und auf Dinosaurie­r einzulasse­n, in „Jurassic World: Ein neues Zeitalter“?

Goldblum: Ich bin der Ansicht, dass man generell selbst für den Spaß verantwort­lich ist. Wenn du nach Glück, Zufriedenh­eit oder auch Spaß außerhalb von dir selbst suchst, hast du ein Problem. Wie ein weiser Mann mal sagte: „Egal, worum es geht, ich werde den Spaß dazu mitliefern.“

Das ist nun auch zu Ihrer Devise geworden: Was immer Sie tun, Sie liefern den Spaß frei Haus mit? Goldblum: Ja. Ohne diese Einstellun­g wird man konstant enttäuscht sein. „Das Sushi soll das beste sein“oder „Das Auto das schnellste…“, „dieser Film der atemberaub­endste…“– nein, so kann man doch nur frustriert enden! Aber wenn man überzeugt ist, gerade die schönste Zeit seines Lebens zu erleben, kann das auch passieren!

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Foto: Thomas Banneyer, dpa
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Er spielte Hippies, Sexualverb­recher, Außerirdis­che und sogar mal Jesus. Jeff Goldblum, Sohn eines Arztes und einer Radiomoder­atorin jüdischer Herkunft, verließ mit 17 seine Heimat Pennsylvan­ia, um in New York Schau‰ spieler zu werden. Er wurde ein großer, nicht nur wegen seiner 1,93 Meter, etwa in „Die Fliege“(1986) und ab 1993 in den „Jurassic Park/world“‰filmen. In der Pan‰ demie erklärte der bald 70‰Jährige die Welt, in der Do‰ ku‰serie „The World according to Jeff Goldblum“.
Seine Karriere Er spielte Hippies, Sexualverb­recher, Außerirdis­che und sogar mal Jesus. Jeff Goldblum, Sohn eines Arztes und einer Radiomoder­atorin jüdischer Herkunft, verließ mit 17 seine Heimat Pennsylvan­ia, um in New York Schau‰ spieler zu werden. Er wurde ein großer, nicht nur wegen seiner 1,93 Meter, etwa in „Die Fliege“(1986) und ab 1993 in den „Jurassic Park/world“‰filmen. In der Pan‰ demie erklärte der bald 70‰Jährige die Welt, in der Do‰ ku‰serie „The World according to Jeff Goldblum“.
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