Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Pferdchen so groß wie Füchse
Vor vielen Millionen Jahren sahen Pferde noch ganz anders aus als heute. Sie hatten kurze Beine und huschten durch eine Art Unterwald.
Nanu, was ist denn das für ein putziges Tierchen? Das dachten sich wohl einige Arbeiter, als sie vor rund 100 Jahren ein versteinertes Skelett fanden. Die Männer schufteten gerade in der Grube Messel, einem Tagebau nahe der Stadt Darmstadt im heutigen Bundesland Hessen. Sie bauten damals ein spezielles Gestein ab, Ölschiefer genannt. Dabei fanden sie die uralten Knochen eines Tieres. Dieses Tier war etwa so groß wie ein Fuchs, hatte einen kleinen Schwanz, kurze Beine und mehrere Zehen mit Hufen dran. Forschende fanden heraus: Die Knochen gehörten zu einem Urpferd. Es lebte vor etwa 48 Millionen Jahren. Die Dinosaurier waren schon ausgestorben, das Klima hatte sich verändert und so entwickelten sich immer mehr Säugetier-arten, darunter die Urpferdchen. „Die Tiere unterscheiden sich in vielen Dingen von unseren heutigen Pferden“, erklärt der Fachmann Ulrich Kotthoff. Zum Beispiel waren sie viel, viel kleiner als heutige Pferde.
Das hat unter anderem mit der Landschaft und dem Klima zu tun. Vor vielen Millionen sah es auf der Erde noch ganz anders aus: Die Kontinente waren anders angeordnet, einige Gebirge
Wusstest du…
… dass die Urpferde sich vor al lem von Blättern ernährten? Aber nicht nur! Sie naschten auch gerne Weintrauben. Das konn ten Forschende anhand der Ske lette herausfinden, die sie in der Grube Messel fanden. Einige Fossilien sind nämlich so gut erhalten, dass man noch den Mageninhalt erkennen kann – auch wenn dieser natürlich gab es noch nicht, der Meeresspiegel war viel höher und dementsprechend verliefen auch die Meeresströmungen anders. Das Klima war deutlich wärmer als heute und das Land war von einer Art Urwald bewachsen. „Durch ihre geringe Größe waren die Urpferdchen perfekt an ihren Lebensraum angepasst“, sagt Ulrich Kotthoff. Mit ihren kurzen Beinen konnten sie versteinert ist. Mit speziellen Ge räten untersuchten Forschende die Funde und entdeckten dabei auch Traubenkerne. Und noch etwas fanden die Fachleute he raus: Die Urpferdchen waren behaart. Welche Farbe das Fell hatte, ob es gemustert war oder nicht, das konnten sie nicht er kennen. Hier ist Fantasie ge fragt! (dpa) flink und wendig zwischen den Bäumen hindurchhuschen. Dabei ernährten sich die Tiere wohl vor allem von Blättern. Was man an ihrem Gebiss – vor allem an den Backenzähnen – erkennen könne, sagt der Experte. Die Zähne haben noch rundliche Höcker, typisch für einen Laubfresser. Bei unseren heutigen Pferden sind die Backenzähne dagegen abgeflacht. Kein Wunder, sie ernähren sich ja vor allem von Gras.
Die körperliche Veränderung hat sich im Laufe von vielen Millionen Jahren ergeben: Es wurde kälter auf der Erde, der dichte Wald ging immer mehr zurück und weite Graslandschaften entstanden. Die Tiere wurden größer und aus mehreren Zehen wurde ein einziger großer Zeh. „Allerdings war das keine zielgerichtete Entwicklung. Es gab viele Seitenlinien, die heute ausgestorben sind“, sagt Ulrich Kotthoff. (dpa)