Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Schwere Regierungskrise in Israel
Koalition aus vier Parteien fehlt Mehrheit
Tel Aviv So hatte sich Israels Ministerpräsident Naftali Bennett den ersten Jahrestag seiner Acht-parteien-regierung wohl nicht vorgestellt: Mangels Mehrheit im Parlament muss der 50-Jährige fürchten, dass ihm seine Koalition aus sehr unterschiedlichen Partnern jeden Moment auseinanderfällt. Bereits an diesem Montag steht voraussichtlich der nächste Test an, ob seine kriselnde Truppe überhaupt noch regierungsfähig ist.
Exakt am ersten Jahrestag soll abermals über ein Gesetz zur Anwendung israelischen Rechts auf israelische Siedler im besetzten Westjordanland entschieden werden. Seit 1967 ging das routinemäßig alle fünf Jahre durch – eigentlich also eine Formsache. Nun jedoch verlor die Regierung am vergangenen Montag die Abstimmung darüber. Die Opposition unter dem immer noch einflussreichen Ex-premier Benjamin Netanjahu, 72, forderte deshalb Bennetts Rücktritt.
Jonathan Rynhold, Politikprofessor an der Bar-ilan-universität nahe Tel Aviv, vermutet jedoch, dass die Regierung den Jahrestag überstehen wird – so oder so. „Ich denke, sie wird die nächste Woche überleben“, sagt Rynhold. Sollte das Gesetz scheitern, werde sich die Bennettregierung um andere Möglichkeiten bemühen, damit der rechtliche Status quo der Siedler erhalten bleibt. Allerdings: „Es wird hart für sie, bis zum Ende der Knesset-sitzungsperiode am 23. Juli durchzuhalten.“