Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Straßenkreuzer lassen Herzen höherschlagen
Nach zwei Jahren Zwangspause kommen 1500 Fahrzeuge sowie rund 5000 Besucherinnen und Besucher zum Augsburger Us-car-treffen. Ein Paar sorgt dabei für besondere Romantik.
Die Antiquitäten, die es am Sonntag auf dem Parkplatz von XXXLUTZ zu bestaunen gibt, sind keine Möbel, sondern Old- und Youngtimer sowie moderne amerikanische Traumautos. Beim Augsburger Us-cartreffen wird nicht nur die zeitlose Schönheit amerikanischer Fahrzeuge gefeiert, sondern auch der dazugehörige Lifestyle mitsamt Food Trucks, Rockabilly- und Countrylivemusik, Boogie-woogie-tänzern, Cowboyhüten und Petticoats. Bei strahlendem Sonnenschein blinken die polierten Chromteile besonders imposant. Wie sehr sich die Teilnehmer und Besucher nach zwei Jahren Zwangspause durch Corona auf das Ereignis gefreut haben, wird bereits kurz nach dem Start deutlich: „Die Autos stehen vor der Einfahrt schon zwei Kilometer in der Schlange“, beobachtet der Ulmer Eric Dick, der auf einem 1960er Chevrolet Pick-up C10 ein großes Fass als Kofferraum-ersatz montiert hat. Bereits vor dem Mittag müssen Fahrzeugbesitzer auf Wiesenflächen und hinter das Möbelhaus-gebäude ausweichen, um ihre vierrädrigen Hingucker dem Publikum zeigen zu können.
Veranstalter ist der Verein American Car Friends Augsburg. „Wenn man allein im US-CAR unterwegs ist, ist das zwar nett, aber eigentlich geht es um das gemeinsame Erleben“, erklärt der zweite Vorsitzende Thomas Zänker. „Die Gespräche kann man nicht allein führen, das ist das Salz in der Suppe“, so Zänker. „Wir waren alle ausgehungert und haben einen Heidenspaß beim Organisieren der Veranstaltung gehabt“, ergänzt der Vorsitzende Harm Ritter. In den beiden Jahren zuvor machte die Pandemie ihnen einen Strich durch die Rechnung. Das Event in Augsburg ist nicht nur das jährliche Highlight für den eigenen Club, sondern eines der größten Treffen dieser Art in ganz Süddeutschland.
Neben Us-car-fans aus der Region reisen auch Gäste aus der Schweiz und Österreich an. „Jeder hier hat in den letzten zwei Jahren an seinem Auto geschraubt und will es zeigen“, ist Jürgen Terno aus Peutenhausen sicher. Der Polizist bietet sich als Hochzeitschauffeur an – nebst seinem Ford Model A aus dem Jahr 1929. „Solche Autos sieht man üblicherweise nur noch in Museen“, weiß Terno.
Am Ende des Tages ist klar, was
Die auf Hochglanz polierten Fahrzeuge stießen beim Uscartreffen auf große Bewunderung.
sich schon in den frühen Morgenstunden abzeichnete: Mit über 1500 Fahrzeugen und über 5000 Besucherinnen und Besuchern stellt das 21. Augsburger Us-car-treffen einen neuen Rekord auf. 15 auserkorene Traumautos und ihre Besitzer stellt Klaus Borrmann, bekannt aus der DMAX-SERIE „Cash für Chrom“dem Publikum auf der Bühne genauer vor. Doch was macht die Faszination der amerikanischen Vehikel aus? „Es ist die Vielfältigkeit, das ist wie bei Elvis, die Autos begeistern Jung und Alt“, glaubt Franz Glaser, seines Zeichens Präsident des Göppinger Fanclubs „Elvis Presley will never die“.
Glaser ist mit einem knallroten 1965er Cadillac Deville angereist. Das Cabrio ist randvoll mit Us-nostalgie-kitsch beladen – von der E-gitarre aus Pappe und der Route 66-Plakette über den Cowboyhut im Muster der amerikanischen Flagge bis zu den Coca-cola-bechern und den Plüsch-würfeln, die am Rückspiegel baumeln. Das große Interesse an der Veranstaltung erklärt sich
Franz Glaser nicht nur mit der Freude über das Ende der Pandemie-maßnahmen: „Die Leute haben Angst, dass bald nur noch E-autos erlaubt sind.“
Chevy-fahrer Erick Dick findet: „Die Autos hatten damals mehr Stil – und die Menschen auch.“Er wird konkreter: „Damals ging man noch nicht in der Jogginghose in die Disco.“Marion Gernet ist mit einem quietschgelben Ford Custom aus dem Jahr 1957 vertreten. Ihre Liebeserklärung an den vierrädrigen Kumpanen: „Das Blubbern des Motors ist so schön, man versinkt beim Fahren in eine andere Welt.“
Patricia Thomas, die mit ihrem Mann Randolf in einem 1964er Urmodell des Ford Mustang aus Bad Kohlgrub angereist ist, sieht das ähnlich: „Das waren noch Autos, die ein Gesicht gehabt haben – heute sehen auf der Autobahn alle gleich aus.“Randolf Thomas, der mit seinem Mustang einen Jugendtraum erfüllt hat, erinnert sich: „Meine Frau und ich sind in Nürnberg aufgewachsen, damals gab es nur solche
Jürgen Terno aus Peutenhausen ist mit seinem Ford Model A von 1929 dabei.
Autos dort, wegen der stationierten Us-soldaten.“Doch auch Menschen, die damals noch gar nicht geboren waren, sind im Us-car-fieber. Beispielsweise Sandra, die mit einem giftgrünen 1972er Dodge Dart Swinger vor Ort war. Die Ulmerin im Petticoat liebt die Retromode genauso wie die alten Fahrzeuge. „Frauen sind nach wie vor meist Beifahrer, daher reagieren viele überrascht, dass ich selbst die Besitzerin bin“, berichtet die
An den Verpflegungsstationen gab es die passende Kulinarik.
26-Jährige. Ihre Liebeserklärung: „Solange der lebt, behalte ich ihn – schauen wir mal, wer von uns beiden eher auseinanderfällt.“
So viel Romantik wird nur von einem anderen Duo übertroffen: Tilo Buchholz macht Barbara Schwanzer nach zehn Jahren Beziehung einen erfolgreichen Heiratsantrag. In mindestens einem Punkt haben sich hier Seelenverwandte gefunden: Beide sind Mitglieder beim Verein American Car Friends Augsburg.