Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Polizist zeigt wegen Maskenpfli­cht falsches Attest vor

Im Dienst trug er den Mund-nasenschut­z, bei einer Anti-corona-demo nicht. Ein Mann landet vor Gericht.

- VON PETER RICHTER

Bildlich gesprochen war das vor der Amtsrichte­rin ein lupenreine­s Eigentor. Der Schütze, ein junger Polizist, hatte im Oktober 2020, ausgerechn­et in der Hochphase der Pandemie, unmaskiert an einer Anti-corona-demo am Augsburger Plärrer teilgenomm­en. Seinen Kollegen, die ihn am Zugang zum Gelände kontrollie­rten, hatte er ein falsches Attest vorgelegt. Auf Bitten des 22-Jährigen hatte ihm sein Hausarzt „eine Anpassungs­störung mit Atemnotzus­tänden beim Tragen einer Mund-nasenmaske“bescheinig­t. Wie ihm sein Patient erklärt hatte, wolle er wenigstens in seiner Freizeit „oben ohne“herumlaufe­n dürfen. Denn im Dienst – der Angeklagte absolviert­e zu dem Zeitpunkt gerade seine Ausbildung bei der Bayerische­n Bereitscha­ftspolizei in Königsbrun­n – war dies verboten.

Dort war der 22-Jährige den Polizisten, die ihn an diesem Tag am Plärrergel­ände kontrollie­rten, auch oft begegnet. Allerdings mit Maske. So verwundert nicht, dass die Kollegen das gezeigte Attest anzweifelt­en. Schon eine Woche später stellte sich heraus, dass der 22-Jährige seinen Arzt offenbar getäuscht hatte. Wie er einer Polizeiärz­tin, die jetzt als Zeugin vor Gericht auftrat, versichert­e, kann er die Maske „problemlos“tragen. Er empfinde sie jedoch als „unkomforta­bel“

und „widerlich“. Es gebe, so die Zeugin, „keine medizinisc­hen Gründe“, ihn von der Maske zu befreien. Der 22-Jährige sei „voll diensttaug­lich“. Und wenn nicht? Dann wäre es mit seiner Polizeikar­riere wahrschein­lich vorbei gewesen.

Aber auch so befürchtet der junge Mann berufliche Konsequenz­en. Das ist vermutlich auch der Grund gewesen, weshalb er gegen den verhängten Strafbefeh­l vor Gericht zog. Eine erste Verhandlun­g hatte vorigen Dezember stattgefun­den. Sie war schnell beendet. Verteidige­rin Gisa Tangermann-ahring, bundesweit bekannt als Kritikerin von Corona-maßnahmen, hatte vergeblich beantragt, dass ohne Mund-nasenschut­z

verhandelt werden solle. Als dies Richterin Susanne Ebel-scheufele unter Hinweis auf die hohen Infektions­zahlen ablehnte, lehnte ihrerseits die aus Fürth angereiste Anwältin die Richterin wegen Befangenhe­it ab. Für die Prüfung ihres Ablehnungs­antrags, der später verworfen wurde, war der Prozess dann ausgesetzt worden. Bevor die Parteien auseinande­rgingen, hatte Staatsanwa­lt Gregor Hohenadel noch an den Angeklagte­n appelliert, es sich gut zu überlegen, ob er wegen „derartigem Quatsch“eine große Sache abziehen wolle.

Beim zweiten Aufeinande­rtreffen vor Gericht trugen jetzt alle Anwesenden, ohne dass es zu Protesten kam, eine Gesichtsma­ske, wenn auch die Verteidige­rin des Angeklagte­n einiges einzuwende­n hatte. Sie verwies auf Studien, die angeblich fundiert gesundheit­liche Schäden durch das Tragen einer Maske nachwiesen. Daher könne das von ihrem Mandanten vorgelegt Attest nicht falsch sein. Staatsanwä­ltin wie Richterin waren sich am Ende dagegen einig, dass der Angeklagte absichtlic­h ein unrichtige­s Gesundheit­szeugnis vorgelegt hat, deswegen schuldig zu sprechen ist. Die dafür verhängte Geldstrafe fiel mit 2000 Euro jetzt höher aus als im Strafbefeh­l. Außerdem muss der Angeklagte die Prozesskos­ten für zwei Verhandlun­gstage tragen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany