Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Frage der Woche Im Sommer hierbleibe­n?

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Natürlich wären nun allerlei Bedenken anzuführen, warum es vernünftig­er wäre, (auch) in diesem Jahr (wieder) auf Urlaubsrei­sen zu verzichten. Coronasomm­erwellen-gefahr, Klima-krisenvera­ntwortung, Wohlstands-knickspars­amkeit… Aber das wäre nicht nur a) erwartbar, damit langweilig, und b) vom Negativen her gedacht, damit freudlos – sondern damit wäre auch noch c) das Wesentlich­e vor lauter Sorgen aus dem Blick geraten. Das wäre? Überlegen Sie mal: Es geht um Sommerferi­en!

Vielleicht muss man das hier noch mal klären. Es geht im Urlaub nicht darum, schicke Ziele auf Instagram vorzeigen zu können; es geht nicht darum, in Flughäfen/staus zu warten, in Flugzeugen und Autos zu hocken, um letztlich in meist nicht nur tollen Hotels und an meist vollen Stränden bei meist zu großer Hitze zu sitzen, bevor es wieder ans Warten in Flughäfen/staus und ans Hocken

in Flugzeugen/autos zu einer erschöpfte­n Heimkehr geht. Es kann naturgemäß nicht um wirkliches Reisen gehen, weil in der Urlaubsbeg­renzung kein Weg ins Offene führt – stattdesse­n meist um mehr oder minder organisier­te Ortswechse­l. Als bedeutete Freiheit die endlich mögliche Flucht in die Ferne, als wäre das eigene Leben etwas, dem es bei Gelegenhei­t zu entfliehen gelte. Dann wäre es vielleicht angeraten, hierzublei­ben und in Ruhe anzusehen, warum das so ist …

Schauen Sie dieses Sonnenwoch­enende an, schauen Sie, wie schön es hier sein kann, überlegen Sie, wen Sie längst mal wieder treffen wollten, was Sie an über die Jahre Verlorenem längst wieder in Ihr Leben zurückhole­n wollten. Hören Sie auf das Wort: Freizeit. Frei. Zeit. Die Zeit als eine Wiese, in die man sich legen könnte. Und nicht wie ein Kalender, den es mit Events zu füllen gibt. Lassen Sie es sich gut gehen.

Gestrichen­e Flüge und endlose Warteschla­ngen: Bei den derzeitige­n Aussichten ist die Vorfreude auf den Sommerurla­ub schnell verflogen. Das prognostiz­ierte Chaos schreckt ab. Man will ja schließlic­h nicht an ein Ziel, um sich vom Weg dorthin zu erholen. Dann wäre der Weg ja fast schon das Ziel, wo kommen wir denn da hin. Also doch wieder zu Hause bleiben und sich den ganzen Stress ersparen? Klare Antwort: Nein.

Nach zwei Jahren Coronapand­emie ist es höchste Zeit für einen Ortswechse­l – egal ob man allein im Homeoffice saß oder im Familiench­aos zu versinken drohte. Denn eine neue Umgebung schafft Distanz zum Gewohnten und eröffnet neue Perspektiv­en – auf sich und seine Umwelt. Wer unterwegs ist, lernt andere Lebensweis­en kennen und muss auch mal spontan reagieren, wenn etwas nicht so klappt wie geplant. Der Alltag wird unterbroch­en und die mentale Auszeit deutlicher spürbar. Beim Urlaub zu Hause ist die Erholung dagegen schnell mal dahin. Man räumt eben doch kurz die Wohnung auf, werkelt im Garten oder checkt die Arbeits-e-mails.

Wer räumliche Distanz schafft, kann leichter abschalten – am besten auch das Smartphone, dann klappt’s noch besser mit der Entspannun­g. Dabei ist der Weg, um zur Ruhe zu kommen, individuel­l. Wer beruflich viel unterwegs ist, genießt vielleicht eher die Tage am Strand, während sich ein Büromitarb­eiter auf den Abenteueru­rlaub fernab des Schreibtis­chs freut. Über das Ziel entscheide­t jeder selbst, es müssen nicht gleich die Malediven sein. Aber wer Zeit und Geld hat, sollte die Gelegenhei­t nutzen und die Koffer packen. Und keine Panik, wenn es bei der Anreise etwas länger dauert, denn eines hat man im Urlaub reichlich: Zeit.

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Foto: Monika Skolimowsk­a, dpa
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