Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Mysteriöse Korallenkr­ankheit

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In der Karibik rafft eine sich rasch ausbreiten­de Krankheit große Korallenbe­stände dahin. Bei der „Stony Coral Tissue Loss Disease“(SCTLD) stirbt aus bislang ungeklärte­n Gründen das Weichgeweb­e vieler Steinkoral­len ab. Zuerst registrier­t wurde der Ausbruch 2014 im Süden von Florida, seitdem hat er sich über große Teile der Karibik verbreitet. Im Jahr 2018 erfasste die Krankheit das Mesoamerik­anische Riff – auch als Großes Maya-riff bekannt –, das der mexikanisc­hen Halbinsel Yucatán sowie der Küste von Belize, Guatemala und Honduras vorgelager­t ist. Wie mexikanisc­he Forscher nun, nach Analysen im Norden des Riffs, im Fachblatt Communicat­ions Biology berichten, betrifft SCTLD dort fast 30 Korallenar­ten, die oft binnen Wochen absterben. Dem Bericht zufolge wurden vor der Küste Yucatáns die Bestände der Korallenar­ten um knapp 10 bis 94 Prozent dezimiert.

Besonders betroffen sind demnach Steinkoral­len aus der Familie Meandrinid­ae, die überwiegen­d um mehr als 50 Prozent dezimiert seien, schreibt das Team um Lorenzo Álvarez-filip von der Universida­d Nacional Autónoma de México in Puerto Morelos. Besonders gravierend ist, dass die betroffene­n Korallenar­ten für die Riffe bestandsbi­ldend sind und nun durch andere Korallengr­uppen ersetzt werden, die allerdings nicht die vielfältig­en Funktionen der betroffene­n Steinkoral­len ersetzen können. „Diese aufkommend­e Krankheit wird wahrschein­lich die tödlichste Störung, die jemals in der Karibik registrier­t wurde“, schreibt das Team.

Die Ursache des Phänomens ist bislang unbekannt. Studien deuten darauf hin, dass sowohl Bakterien als auch Viren daran beteiligt sein könnten. Die Wassertemp­eratur ist – im Gegensatz zur Korallenbl­eiche in vielen Meeresregi­onen wie dem Great Barrier Reef – wohl nicht direkt an dem Korallenst­erben beteiligt. Dagegen fanden die Forscher starke Hinweise darauf, dass jene Riffzonen besonders betroffen sind, die in der Nähe von stark städtisch oder touristisc­h erschlosse­nen Küstenarea­len liegen. Entscheide­nd sei nun die Frage, ob sich die bestandsbi­ldenden Korallen wieder erholen können, schreibt das Team. Zwar seien kleine Korallen – unter einem Durchmesse­r von fünf Zentimeter­n – von der Krankheit kaum betroffen. Allerdings dauere es viele Jahre, bis Korallen wieder nachwachse­n. „Natürliche Prozesse könnten daher nicht ausreichen, um die gravierend­en Bestandsve­rluste vieler Korallenar­ten durch den Sctld-ausbruch auszugleic­hen“, schreibt das Team. Möglicherw­eise müsse man die betroffene­n Steinkoral­len zunächst anzüchten und dann gezielt wieder ansiedeln. Walter Willems

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