Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der Weg der AFD führt weiter nach rechts

Das Lager um Björn Höcke setzt sich durch, die gemäßigten Kräfte sind fast völlig abgemeldet. Das sind die Lehren aus dem Parteitag in Riesa.

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Es ist nicht weniger als der Untergang des gemäßigten Lagers, der sich beim Afd-parteitag in Riesa vollzogen hat. Nach dem Austritt des langjährig­en Mit-vorsitzend­en Jörg Meuthen im Januar geben nun endgültig die rechtsextr­emen Kräfte weitgehend den Ton bei den Rechtspopu­listen an. Die verhältnis­mäßig moderaten Mitglieder dagegen konnten praktisch keine wichtigen Posten für sich gewinnen.

Als Gewinner des Wochenende­s in der sächsische­n Provinz kann sich Rechtsausl­eger Björn Höcke fühlen – obwohl zwei andere Afd-leute an die Parteispit­ze gewählt wurden: Tino Chrupalla und Alice Weidel, die die AFD schon in die Bundestags­wahl im vergangene­n Herbst führten. Beide gehören der völkisch-nationalis­tischen Strömung zwar nicht an, sind mit ihr auch nicht immer einer Meinung, werden aber letztlich von ihr unterstütz­t.

Nach der Wiederwahl von Chrupalla, der nach Meuthens Weggang die Partei in den vergangene­n Monaten allein geführt hatte, gab es gleich eine innige Umarmung von Höcke, die wohl zeigen sollte: alles nach Plan gelaufen, ganz im Sinne des „Flügels“. Dabei gibt es diese völkisch-nationale innerparte­iliche Gruppierun­g auf dem Papier gar nicht mehr, offiziell hat sie sich längst aufgelöst, unter dem Druck der Beobachtun­g durch den Verfassung­sschutz. Doch die Hauptfigur­en der gerade in Ostdeutsch­land populären Truppe spielen weiter eine große Rolle in der Partei. Allen voran jener Björn Höcke, der Landesvors­itzender von Thüringen ist, aber auch so etwas wie der heimliche Herrscher, ohne den in der Bundespart­ei kaum etwas geht.

Nach dem gewonnenen Machtkampf mit Meuthen, der eine weitere Radikalisi­erung der Partei verhindern wollte, hatten viele vermutet, dass Höcke nun nach dem Vorsitz greifen würde. Auf sein Betreiben entschiede­n die Delegierte­n, dass künftig auch eine Einzelspit­ze möglich ist. Dieses Mal wollte es die AFD aber noch bei der Doppelspit­ze belassen. Höcke sagte in seiner Rede, dass eine Kandidatur seiner Person viele Wähler vor den Kopf stoßen würde, hätten ihn doch „die Medien“zum „Teufel der Nation“gemacht. Träte er an die Spitze, würde er „die Partei in gewisser Weise spalten“. So trat er zwar nicht an, stellte sich aber auffällig hinter Chrupalla und Weidel, bestritt auch, dass er beide nur als Übergangsl­ösung sieht, bis er selbst übernehmen will: „Ich gehe davon aus, dass sich beide bewähren werden.“

Die AFD hat sich bei ihrem Parteitag entschiede­n: Tino Chrupalla und Alice Weidel sollen neben der Bundestags­fraktion nun auch die Partei gemeinsam führen.

Chrupalla allerdings wurde dann nur mit knappen 53,5 Prozent der Stimmen gewählt, ihn machen viele Afd-mitglieder für die schwachen Ergebnisse der letzten Wahlen verantwort­lich. Sein Gegenkandi­dat, der weitgehend unbekannte, als vergleichs­weise gemäßigt geltende Norbert Kleinwächt­er (36), holte 36,3 Prozent. Kleinwächt­er kritisiert­e zuvor, der Partei mangele es unter Chrupalla an Profession­alität, Einheit und Disziplin. Chrupalla wies die Vorwürfe energisch zurück, warf dem gemäßigten Lager vor, der Partei zu schaden. In seiner Bewerbungs­rede attackiert­e er zudem die Union scharf. CDU-CHEF Friedrich Merz sei ein „grüner Wolf im schwarzen Schafspelz“, wolle einen Weltkrieg und die Impfpflich­t.

Alice Weidel setzte sich anschließe­nd mit rund zwei Drittel der Stimmen gegen ihren Gegner Nicolaus Fest durch und wurde damit zur gleichbere­chtigten zweiten Parteichef­in neben Chrupalla gewählt. Das Duo leitet bereits gemeinsam die Afd-bundestags­fraktion. Nach ihrer Wahl beschworen beide einen „Aufbruch für die AFD“. Chrupalla, der Malermeist­er aus Sachsen, sagte, die „Ära Meuthen“sei „mit dem heutigen Tag beendet“. Der frühere

Vorsitzend­e Jörg Meuthen, inzwischen zur kleinen Zentrums-partei gewechselt, wurde auf dem Parteitag von allen Seiten kritisiert, auch bei seinen früheren Anhängern fand sich öffentlich kein gutes Wort über ihn. Bei der Besetzung der übrigen Spitzenpos­ten konnte das innerparte­ilich gemäßigte Lager keinen einzigen Erfolg verbuchen. Funktionär­e aus dem ehemaligen Meuthenspe­ktrum traten entweder gar nicht mehr an oder wurden nicht gewählt.

Gescheiter­t mit ihrer Bewerbung für den stellvertr­etenden Parteivors­itz ist auch die ehemalige Cdu-politikeri­n Erika Steinbach. Die 78-jährige Vorsitzend­e der Afd-nahen Desiderius-erasmus-stiftung unterlag dem Bundestags­abgeordnet­en Peter Boehringer, der als Verschwöru­ngsideolog­e gilt, in einer Kampfabsti­mmung. Weitere stellvertr­etende Parteichef­s sind der Höcke-vertraute Stephan Brandner und Mariana Harder-kühnel. Mit der Bundestags­abgeordnet­en Christina Baum wurde eine weitere Höcke-nahe Figur zur Beisitzeri­n bestimmt. Höcke selbst wurde die Leitung einer Kommission zur Parteistru­ktur übertragen – ein Gremium, das ein strategisc­hes Machtzentr­um der AFD bilden soll.

Abrechnung mit Jörg Meuthen

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Foto: Sebastian Kahnert, dpa

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