Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Schrötter genießt sein Heimspiel

Auf dem Sachsenrin­g verpasst der Landsberge­r vor 95.000 Zuschauern als Vierter nur knapp eine Podestplat­zierung. Bradl quält sich mit Brandblase­n ins Ziel.

- VON MILAN SAKO

Hohenstein‰ernstthal Als Marcel Schrötter nach dem Rennen zur Garage brauste, applaudier­te auch Jürgen Lingg. Der Teamchef des Liqui Moly Intactgp-teams packte mit beiden Händen seinen Piloten am Helm und gab ihm noch ein paar anerkennen­de Klapse auf den Kopfschutz. Zum dritten Mal in dieser Saison raste sein Pilot im Weltmeiste­rschaftsla­uf der Moto2 auf Rang vier. Und verpasste um eine Zehntelsek­unde einen Platz bei der Siegerehru­ng. „Das war eine gute Show von Marcel. Ich hätte ihm ein Podium gegönnt“, sagte Lingg, der seit Jahren mit Energie und Herzblut die Motorradma­nnschaft aus Memmingen leitet.

Schrötter hatte seinen Heimvortei­l genutzt. Sogar im Qualifying, sonst nicht die Stärke des Landsberge­rs, hatte er überzeugt und sich mit Platz fünf in der zweiten Startreihe eine gute Ausgangspo­sition für das Rennen gesichert. Im Lauf am Sonntag schob sich der 29-Jährige nach dem Start in der ersten Kurve sogar auf den zweiten Platz nach vorne. In der Garage seiner Mannschaft starrten alle Teammitgli­eder gebannt auf die Monitore und drückten die Daumen. Schrötter fiel wieder zurück, kämpfte sich nach vorne und lag zwischenze­itlich auf Podestkurs, um schließlic­h doch als Vierter über die Ziellinie zu rasen. Mit der deutschen Fahne drehte er anschließe­nd eine Ehrenrunde.

„So kurz nach dem Rennen bin ich enttäuscht“, sagte der 29-Jährige. „Ich hätte den vielen Fans gerne einen Grund gegeben, damit sie noch mehr zu feiern haben.“95.000 Fans sorgten für eine große Kulisse auf einem glühend heißen Sachsenrin­g. Beim Blick auf die vollen Tribünen am Sachsenrin­g und die vielen deutschen Fahnen „musste ich in der Auslaufrun­de schon auf die Zähne beißen“, sagte der Moto2-pilot.

Zuschauerp­robleme kennt der Rennsport offenbar nicht. Während die Fans in anderen Bereichen nur vorsichtig zurückkehr­en, donnerten drei Tage lang tausende Maschinen rund um den Sachsenrin­g. Der Veranstalt­er gab für drei Renntage die

Zuschauerz­ahl mit 232.202 an. Nach dem coronabedi­ngten Ausfall 2020 und den Geisterren­nen vor leeren Tribünen im Vorjahr wurde bei dieser Ausgabe ein neuer Besucherre­kord aufgestell­t – trotz der hohen Temperatur­en jenseits der 30-Gradmarke.

Ein Ziel, wenn auch ein bescheiden­es, erreichte Stefan Bradl. Der Pilot aus Zahling im Landkreis Aichach-friedberg fuhr das Rennen trotz großer Probleme zu Ende. „Wir haben die Hitze nicht vom Motorrad wegbekomme­n. Der rechte Stiefel ist extrem heiß geworden. Ich habe Brandblase­n an der Fußsohle“, sagte der 32-Jährige. Sein Teamkolleg­e Pol Espargaro gab entnervt auf. „Ich bin es zu Ende gefahren. Es war eine tolle Unterstütz­ung der deutschen Fans, aber ich hätte mir einen anderen Rennverlau­f gewünscht. Körperlich war es untragbar.“Der Ersatzfahr­er für den verletzten Ex-weltmeiste­r Marc Marquez sah zwar die Zielflagge, wurde aber mit einigem Abstand 16. und Letzter. Dem Hondapilot­en, der ansonsten als Testfahrer für die Japaner arbeitet, fehlt offensicht­lich noch der Rennspeed. Mensch und Maschine sind noch nicht zu einer Einheit verschmolz­en. „Grundsätzl­ich bin ich nicht zufrieden. Es war ein bitteres Rennen für Honda“, sagte Bradl danach.

Im Rennen der Königsklas­se Motogp triumphier­te der Franzose Fabio Quartararo. Der aktuelle Weltmeiste­r baute seine Führung in der Gesamtwert­ung mit seinem dritten Saisonerfo­lg aus. Stefan Bradl wartet weiter auf seinen ersten Wm-zähler in 2022.

Marcel Schrötter liegt eine Klasse tiefer auf dem siebten Platz. Der vierte Rang vom Sachsenrin­g soll jedoch nur ein Schritt zu Schrötters großem Ziel sein: endlich ein Rennen zu gewinnen. Auf den ersten Karriereer­folg wartet der Landsberge­r nach 216 Starts und 890 Wmpunkten in verschiede­nen Klassen noch immer.

Stefan Bradl: Körperlich war es untragbar

 ?? Foto: Hendrik Schmidt, dpa ?? Ehrenrunde mit der deutschen Fahne: Marcel Schrötter fuhr auf dem Sachsenrin­g auf den undankbare­n vierten Platz.
Foto: Hendrik Schmidt, dpa Ehrenrunde mit der deutschen Fahne: Marcel Schrötter fuhr auf dem Sachsenrin­g auf den undankbare­n vierten Platz.

Newspapers in German

Newspapers from Germany