Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Ein Wald voller Denkmäler
Der Stadtwald ist eines der beliebtesten Augsburger Naherholungsgebiete. Doch auch historisch gesehen gibt es dort einiges zu entdecken. Ein Streifzug auf den Spuren von Wasserversorgung und Vogeljagd.
Der Stadtwald gilt als eines der artenreichsten Naturschutzgebiete in Bayern. Eindrucksvoll sind jedoch auch die Kulturspuren in diesem Naherholungsgebiet. Erst kürzlich kamen zwei Baudenkmäler auf Antrag des Kulturkreises Haunstetten hinzu: Der ehemalige Schießplatz der königlich-bayerischen Armee, entstanden im Jahr 1886, und das ehemalige Munitionsdepot der Wehrmacht mit seinen 13 Betonbunkern von 1934 wurden unter Denkmalschutz gestellt. In anderen Teilen des Stadtwaldes finden sich 19 weitere anerkannte Bau- und Bodendenkmäler. Ein Streifzug.
Die zahlreichen Denkmäler im Stadtwald zeugen von der früher enormen Bedeutung dieser Landschaft, insbesondere für die Augsburger Wasserversorgung. Hier grenzte während des Heiligen Römischen Reiches bis ins Jahr 1806 die Freie Reichsstadt an altbayerisches Territorium und das Reichsstift St. Ulrich und Afra. Augsburg musste also sein Trink- und Brauchwasser aus dem südlichen Ausland beziehen. Im Rahmen der Unescoauszeichnung als Welterbe für das historische Wassermanagementsystem wurden 2019 zwei Welterbe-objekte im Siebentischwald als Baudenkmäler anerkannt. Zum einen gehören der Quellwasser führende Brunnenbach und der Lechwasser führende Lochbach nun zum Denkmal „Lechkanäle“. Zum anderen hat man eines der Kreuzungsbauwerke zur Trennung von Trinkund Brauchwasser als Denkmal „Galgenablass“gewürdigt.
Nicht als Baudenkmal, sondern als Bodendenkmal beeindruckt ein 2,3 Kilometer langer Hochwasserdamm quer durch den Siebentischwald. Das im Mittelalter entstandene Bauwerk zwischen Haunstetten und dem Hochablass sollte die südlichen und östlichen Augsburger Vorstädte vor den regelmäßigen Überschwemmungen des Lechs schützen. In Verlängerung des Haunstetter Forsthausweges, der wegen seiner Dammlage ursprünglich „Hoher Weg“hieß, wird das gut erhaltene Bodendenkmal nun befahren und begangen. Dieses bis zu drei Meter hohe Bauwerk, begleitet vom Grenzgraben, hatte die Reichsstadt entlang ihrer Südgrenze errichtet.
Ebenfalls etliche Jahrhunderte alt ist eine reichsstädtische Befestigungsanlage. Sie diente zum Schutz des Hochablasses, auch vor Saboteuren aus dem angrenzenden Herzogtum Bayern. Das für Augsburg lebenswichtige Wehr musste die meisten Stadtkanäle mit ihren verschiedenen Nutzungen zuverlässig mit Lechwasser versorgen. Als Bodendenkmäler gelten auch sieben Vogelherde im stadtnahen nördlichen Siebentischwald. Dort wurden Vögel in speziell angelegte Mulden gelockt und mit Leimruten oder Netzen für den späteren Verzehr gefangen. Das älteste Bodendenkmal des Siebentischwaldes ist in der nordöstlichen Ecke eine Römerstraße aus dem ersten bis dritten Jahrhundert nach Christus. Diese „Via Julia“führte von der römischen Provinzhauptstadt Augsburg nach Salzburg. Im Siebentischwald sind allerdings keine Spuren mehr sichtbar. Die Römerstraße überquerte südlich der Hochzoller Eisenbahnbrücke den Lech auf einer Holzbrücke oder durchquerte ihn in einer Furt.
Bis 1806 zum Ende des Heiligen Römischen Reiches trafen im heutigen Stadtwald die Territorien der Freien Reichsstadt Augsburg, des Herzogtums bzw. Kurfürstentums Bayern sowie des Reichsstiftes St. Ulrich und Afra aufeinander. Die altbayerische Meringer Au westlich vom Lech rührte daher, dass hier der Fluss im frühen Mittelalter ein bis zwei Kilometer weiter westlich verlief. Auch der reichsstädtische Hochwasserdamm und weitere Wasserbauten zum Schutz von Haunstetten hatten den stark mäandrierenden Lech immer mehr nach Osten gedrängt. Die Freie Reichsstadt musste an die bayerischen Herzöge bzw. Kurfürsten enorme Geldbeträge entrichten, um die Wasserversorgung aus der Meringer Au sicherzustellen. Etwa 35 historische Grenz- und Quellsteine aus dem 16. bis 18. Jahrhundert zeugen noch von den regelmäßigen Streitigkeiten und den nachfolgenden Vereinbarungen in diesem bis 1803 unbesiedelten Gebiet.
Rund um das ehemalige Dreiländereck westlich von Siebenbrunn, wo Reichsstadt, Altbayern und Reichsstift aufeinanderstießen, sind vier Grenzsteine als Kleindenkmäler geschützt. Die ältesten Steine dieses Ensembles stammen aus dem Jahr 1505. Nach der Ausrufung des bayerischen Königreiches im Jahr 1806 verloren die ehemaligen Staatsgrenzen im heutigen Stadtwald ihre Bedeutung. Erst seit der Eingemeindung von Haunstetten vor 50 Jahren gehört der Stadtwald ganz zu Augsburg.
Die drei bekanntesten Denkmäler des Siebentischwaldes findet man in Siebenbrunn. Dieser kleinste Augsburger Stadtteil seit 1910 entstand im Jahr 1804 als Gemeinde Meringerau auf dem altbayerischen Territorium. Mehrere aus der Region stammende Kaufleute und ein Arzt errichteten hier fünf Gutshöfe. Alle Herrenhäuser bekamen ein französisches Mansardendach. Dies führte später zu der falschen Annahme, es handle sich um eine Hugenottensiedlung. Drei der Gutshöfe wurden in den 1980er- und 1990er-jahren wegen des Trinkwasserschutzes gegen den heftigen Widerstand der Denkmal- und Heimatschützer abgerissen. Die beiden erhaltenen Gutshöfe, die nun von bekannten Unternehmern bewohnt werden, und das neubarocke Schulhaus des Architekten Otto Holzer vom Jahr 1918 prägen als Baudenkmäler das heutige Siebenbrunn.
Zusätzlich zu den 21 Bau- und Bodendenkmälern des Stadtwaldes liegen an seinem nordöstlichen Rand drei weitere Baudenkmäler und gleichzeitig Welterbe-objekte. Die Rede ist vom Hochablass, dem historischen Wasserwerk und der Olympia-kanustrecke. An den nordwestlichen Stadtwald grenzt ein 25 Hektar großes Baudenkmal und gleichzeitig ein „landschaftsprägendes Denkmal“, eines von sechs in Augsburg. Es handelt sich um den in den 1870er-jahren entstandenen Siebentischpark. Möglich ist, dass noch weitere Bau- oder Bodendenkmäler im Stadtwald hinzukommen. Diese besondere Landschaft vor den Toren von Augsburg besitzt zahlreiche schützenswerte Kulturspuren, wissen die Heimatforscher vom Haunstetter Kulturkreis.