Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Macron trägt selbst die Schuld
Er wollte ein Präsident der mutigen Reformen sein. Zwei Monate nach seiner Wiederwahl erscheint Emmanuel Macron weit entfernt von diesem Ziel. Das Ergebnis der Parlamentswahlen macht ihn zu einem Staatschef mit sehr eingeschränktem Handlungsspielraum, denn fortan kann er nur noch mit einer relativen Mehrheit regieren. Zugleich bedeutet diese Wahl einen nie da gewesenen Schub für den extremen Rand, links wie rechts.
Der Hauptverantwortliche hierfür ist Macron selbst. Er dachte, der Slogan „Ich oder das Chaos“würde als Schlüsselbotschaft dieses Wahlkampfs ausreichen. Da hat er sich getäuscht. Der Präsident hat es verpasst zu erklären, für welche Politik er in den nächsten fünf Jahren stehen will.
Gegenüber einer gestärkten Opposition wird das Regieren für ihn mühselig werden und nur mit einer neuen Kompromiss-kultur möglich sein. Dass die Opposition nicht nur im grundsätzlichen Widerstand verharrt, sondern konstruktiv an Lösungen mitarbeitet, ist zu wünschen, aber unwahrscheinlich. Auf Macron und seine Regierungschefin Élisabeth Borne wartet viel Überzeugungsarbeit.