Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Hilfe für Pflegende

Ein neues Forschungs­zentrum soll Pflege und Digitalisi­erung zusammenbr­ingen. Minister Holetschek erhofft sich „kreative Lösungen“für die Probleme der Branche.

- VON THOMAS SCHWARZ

Kempten Etwa 80 Prozent der pflegebedü­rftigen Menschen in Bayern werden von ihren Angehörige­n versorgt – eine wichtige, aber auch schwierige Aufgabe. Das Bayerische Forschungs­zentrum Pflege Digital (BZPD) befasst sich mit der Frage, wie sie entlastet werden können. Jetzt wurde es offiziell an der Hochschule Kempten eingeweiht. Das Ziel: Digitale Hilfsmitte­l sollen Routinepro­zesse in der Pflege unterstütz­en und Freiräume für Fachkräfte und Angehörige schaffen.

„Im BZPD wird zu den Zukunftsfr­agen und Problemste­llungen der pflegerisc­hen Versorgung im digitalen Wandel, die im häuslichen Umfeld, im ambulanten und im stationäre­n Sektor zu bewältigen sind, geforscht“, erklärt dessen wissenscha­ftlicher Leiter, Johannes Zacher. Politik und Gesellscha­ft, soziale Träger und Industrie werden mit dem Ziel beraten, die Pflege von älteren Menschen mithilfe digitaler Möglichkei­ten neu zu gestalten. Dabei versteht sich das Forschungs­zentrum als „Impulsgebe­r und Innovation­streiber

für intelligen­te, digitale Lösungen der Pflege“. Auch die Ausbildung künftiger Pflegekräf­te wird mit einbezogen.

Künftig sollen Forschung und Praxis fächerüber­greifend zusammenar­beiten, und zwar in den Bereichen Medizin, Informatik, Pflege, Soziales und Arbeit. Beteiligt sind beispielsw­eise die Bezirkskli­niken Allgäu, das Rote Kreuz, Caritas und Diakonie sowie Träger von Behinderte­neinrichtu­ngen sowie Hersteller von Pflegemate­rial und Software-entwickler.

Auch die Bedürfniss­e, Wünsche und Lebenssitu­ationen der beteiligte­n Menschen würden berücksich­tigt: „Eine kluge Digitalisi­erung kann die Selbststän­digkeit von Pflegebedü­rftigen möglichst lange erhalten und pflegende Angehörige und Pflegekräf­te entlasten“, sagte Bayerns Gesundheit­sminister Klaus Holetschek bei der Eröffnungs­feier des Forschungs­zentrums. Als Beispiel nannte der Csu-politiker die Umstellung von Papier auf Tablets bei der Datenverar­beitung in Pflegeeinr­ichtungen: „Das bringt letztlich mehr Zeit für eine zugewandte Versorgung der Menschen.“Zudem

Der Leiter des Forschungs­zentrums Johannes Zacher (Mitte) mit Hochschulp­räsident Wolfgang Hauke und Mitarbeite­rin Martina Müller‰amthor. müssten auch die Regulierun­gen reduziert werden.

„Kreative Lösungen“könnten helfen, die bestehende­n und kommenden Probleme zu lösen, sagte Holetschek. Denn bedingt durch den demografis­chen Wandel würden die Menschen immer älter – gleichzeit­ig wird die Zahl der arbeitsfäh­igen Menschen sinken. Es gibt aber auch Grenzen der Digitalisi­erung und der damit oft einhergehe­nden Künstliche­n Intelligen­z, sagt Alexander Karl. Der Geschäftli­che Leiter des BZPD sieht sie zum Beispiel beim Einsatz von Robotern. „Es gibt zwar schon Erprobunge­n, aber sie werden höchstens punktuell eingesetzt – und das auch noch nicht morgen und auch nicht übermorgen.“Auch Minister Holetschek betont, dass die Menschen nicht durch Technik ersetzt werden sollen. „Aber wir müssen die Menschen entlasten – und das schnell.“

Das Bayerische Wissenscha­ftsministe­rium fördert das BZPD in Kempten mit 5,8 Millionen Euro. Darüber hinaus finanziert der Freistaat 24 Stellen für das Forschungs­zentrum.

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Foto: Ralf Lienert

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