Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Hilfe für Pflegende
Ein neues Forschungszentrum soll Pflege und Digitalisierung zusammenbringen. Minister Holetschek erhofft sich „kreative Lösungen“für die Probleme der Branche.
Kempten Etwa 80 Prozent der pflegebedürftigen Menschen in Bayern werden von ihren Angehörigen versorgt – eine wichtige, aber auch schwierige Aufgabe. Das Bayerische Forschungszentrum Pflege Digital (BZPD) befasst sich mit der Frage, wie sie entlastet werden können. Jetzt wurde es offiziell an der Hochschule Kempten eingeweiht. Das Ziel: Digitale Hilfsmittel sollen Routineprozesse in der Pflege unterstützen und Freiräume für Fachkräfte und Angehörige schaffen.
„Im BZPD wird zu den Zukunftsfragen und Problemstellungen der pflegerischen Versorgung im digitalen Wandel, die im häuslichen Umfeld, im ambulanten und im stationären Sektor zu bewältigen sind, geforscht“, erklärt dessen wissenschaftlicher Leiter, Johannes Zacher. Politik und Gesellschaft, soziale Träger und Industrie werden mit dem Ziel beraten, die Pflege von älteren Menschen mithilfe digitaler Möglichkeiten neu zu gestalten. Dabei versteht sich das Forschungszentrum als „Impulsgeber und Innovationstreiber
für intelligente, digitale Lösungen der Pflege“. Auch die Ausbildung künftiger Pflegekräfte wird mit einbezogen.
Künftig sollen Forschung und Praxis fächerübergreifend zusammenarbeiten, und zwar in den Bereichen Medizin, Informatik, Pflege, Soziales und Arbeit. Beteiligt sind beispielsweise die Bezirkskliniken Allgäu, das Rote Kreuz, Caritas und Diakonie sowie Träger von Behinderteneinrichtungen sowie Hersteller von Pflegematerial und Software-entwickler.
Auch die Bedürfnisse, Wünsche und Lebenssituationen der beteiligten Menschen würden berücksichtigt: „Eine kluge Digitalisierung kann die Selbstständigkeit von Pflegebedürftigen möglichst lange erhalten und pflegende Angehörige und Pflegekräfte entlasten“, sagte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek bei der Eröffnungsfeier des Forschungszentrums. Als Beispiel nannte der Csu-politiker die Umstellung von Papier auf Tablets bei der Datenverarbeitung in Pflegeeinrichtungen: „Das bringt letztlich mehr Zeit für eine zugewandte Versorgung der Menschen.“Zudem
Der Leiter des Forschungszentrums Johannes Zacher (Mitte) mit Hochschulpräsident Wolfgang Hauke und Mitarbeiterin Martina Mülleramthor. müssten auch die Regulierungen reduziert werden.
„Kreative Lösungen“könnten helfen, die bestehenden und kommenden Probleme zu lösen, sagte Holetschek. Denn bedingt durch den demografischen Wandel würden die Menschen immer älter – gleichzeitig wird die Zahl der arbeitsfähigen Menschen sinken. Es gibt aber auch Grenzen der Digitalisierung und der damit oft einhergehenden Künstlichen Intelligenz, sagt Alexander Karl. Der Geschäftliche Leiter des BZPD sieht sie zum Beispiel beim Einsatz von Robotern. „Es gibt zwar schon Erprobungen, aber sie werden höchstens punktuell eingesetzt – und das auch noch nicht morgen und auch nicht übermorgen.“Auch Minister Holetschek betont, dass die Menschen nicht durch Technik ersetzt werden sollen. „Aber wir müssen die Menschen entlasten – und das schnell.“
Das Bayerische Wissenschaftsministerium fördert das BZPD in Kempten mit 5,8 Millionen Euro. Darüber hinaus finanziert der Freistaat 24 Stellen für das Forschungszentrum.