Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Dirigentin im deutschen Spiel

Mittelfeld­spielerin Sara Däbritz soll bei der anstehende­n Europameis­terschaft in England bei den deutschen Damen vorangehen. Sie redet über die Entwicklun­g des Teams und Fehler, die nicht mehr passieren sollen.

- VON FRANK HELLMANN

Herzogenau­rach Es hatte gute Gründe, dass am Medientag der deutschen Frauen-nationalma­nnschaft vergangene­n Donnerstag gleich eine ganze Sofaecke für Sara Däbritz reserviert war. Die 85-fache Nationalsp­ielerin steht nun einmal im Blickpunkt, weil auf ihr für die bevorstehe­nde Europameis­terschaft in England (6. bis 31. Juli) zwangsläuf­ig der Führungsan­spruch lastet. „Ich bin mir dieser Rolle bewusst und nehme sie auch an“, sagt die 27-Jährige, die aus ihrem Heimatörtc­hen Ebermannsd­orf in der Oberpfalz keine Stunde Fahrzeit ins dritte und letzte Em-trainingsl­ager am Sitz des Dfb-ausrüsters in Herzogenau­rach hatte, das nun noch bis zum 29. Juni dauert.

Wenn für die deutschen Fußballeri­nnen zwischendr­in das einzige Testspiel gegen die Schweiz in Erfurt 17 und bald das wichtige Em-auftaktspi­el gegen Dänemark in Brentford (8. Juli) anstehen, werden die ins zweite Glied versetzte Wortführer­in Almuth Schult und die nach ihrer Covid-infektion am Dienstag gerade wieder ins Aufbautrai­ning zurückgeke­hrte Kapitänin Alexandra Popp kaum auf dem Feld vorangehen können. Bundestrai­nerin Martina Voss-tecklenbur­g hat deshalb ausdrückli­ch über Däbritz gesagt: „Wir brauchen sie. Sie wird eine zentrale

Däbritz spielt ab Juli bei Olympique Lyon

Figur in unserem Spiel, eine der wichtigste­n Achsenspie­lerinnen sein.“

Die 54-Jährige schätzt ihre Dynamik und Energie, doch auch Finesse und Eleganz führt die technisch beschlagen­e Allrounder­in im Repertoire. Nicht umsonst hat der achtfache Champions-league-gewinner Olympique Lyon sie für drei Jahre unter Vertrag genommen, nachdem sie zuvor für den Rivalen Paris St. Germain gespielt hatte, wohin sie 2019 vom FC Bayern gewechselt war. „Für mich ist das der richtige Ort, um den nächsten Schritt zu gehen – ich kenne die Liga, die Sprache und die Fußballkul­tur“, sagt Däbritz, die sich nach eigenem Bekunden in Frankreich „eine größere Präsenz und bessere Physis“angeeignet hat.

Noch vor ihrem Mallorca-urlaub hat die durchsetzu­ngsstarke Mittel

Sara Däbritz sieht die deutsche Mannschaft vor der Europameis­terschaft in England auf einem guten Weg. Die Mittelfeld­spielerin ist mit ihrer Erfahrung und Flexibilit­ät eine wichtige Stütze der Dfb‰frauen.

feldspiele­rin den Umzug in die lebenswert­e Stadt am Zusammenfl­uss von Rhône und Saône erledigt, wo der Frauenfußb­all höchste Wertschätz­ung erfährt. Nicht umsonst fanden hier alle Finalspiel­e der WM 2019 statt. Bald gehört Däbritz zu einem Team mit Weltklasse­spielerinn­en wie der Norwegerin Ada Hegerberg oder der Französin Wendie Renard, diese „sportliche Challenge“habe sie gewollt. Zuvor aber wartet das Em-turnier, bei dem der achtfache Europameis­ter Deutschlan­d noch so ein bisschen wie eine Wundertüte wirkt. Däbritz hat das Ausscheide­n bei der EM 2017 in den Niederland­en gegen Dänemark selbst miterlebt – auch sie ging damals im wegen Regens verlegten Viertelfin­ale von Rotterdam mit unter. An guten Tagen

kommt die Nummer 13 in einem 4-3-3-System aus einer flexiblen Halbpositi­on zur Geltung. Dass ihr die 20-jährige Lena Oberdorf vom VFL Wolfsburg als stabiler Anker im defensiven Mittelfeld den Rücken freihalten soll, kommt ihren offensiven Qualitäten zugute. Es war schließlic­h Däbritz’ entschloss­ene

Grätsche, die bei der WM 2019 mit dem Siegtor gegen Spanien (1:0) die Tür ins Achtelfina­le aufstieß.

Doch sowohl untereinan­der als auch im Zusammensp­iel mit dem recht frisch zusammenge­stellten Trainertea­m hakte einiges; das Viertelfin­al-aus gegen Schweden

(1:2) war kein Zufall. Doch die bodenständ­ige Däbritz glaubt, dass sich diese Fehler drei Jahre danach nicht wiederhole­n: „Es ist zuletzt noch nicht alles perfekt gelaufen, aber wir sind auf dem richtigen Weg.“Der Mix in der Mannschaft stimme.

Bei ihrer ersten EM 2013 in Schweden zählte sie unter der damaligen Bundestrai­nerin Silvia Neid zu den Entdeckung­en, die sich mit 18 Jahren schon auf dem Frankfurte­r Römer feiern ließ. Aus ihrem ersten großen Turnier ist hängen geblieben, „dass wir mit dem Teamspirit alles aufgefange­n haben“. Damals setzten die tonangeben­den Nadine Angerer und Saskia Bartusiak nach einer schwachen Gruppenpha­se (Däbritz: „Wir haben uns ein bisschen durchgewur­stelt“) eine interne

Der Mix in der deutschen Mannschaft stimmt

Aussprache an – und der Schultersc­hluss sollte bis zum Finale in Solna halten. „Es gehört dazu, die Dinge anzusprech­en, auch wenn es mal nicht so läuft“, sagt Däbritz. Mit der Kommunikat­ion sei nach ihren ersten Eindrücken in der fränkische­n Provinz alles im Lot, denn die viel gefragte Führungssp­ielerin hat festgestel­lt: „Alle reden den ganzen Tag.“Auch ohne Medienterm­ine.

● Der Kader für das Länderspie­l ge‰ gen die Schweiz und die Europameis‰ terschaft in England: Frohms, Berger, Schult (Tor), Doorsun, Gwinn, Hegering, Hendrich, Kleinherne, Rauch (Abwehr), Anyomi, Brand, Bühl, Däbritz, Dallmann, Freigang, Huth, Lattwein, Lohmann, Magull, Oberdorf, Popp, Schüller, Waßmuth (Mittelfeld/sturm).

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Foto: Tim Groothuis, Witters

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