Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Zurück im Rampenlicht
Mario Götzes Wechsel aus Eindhoven zu Eintracht Frankfurt ist fix. Bei den Hessen stehen gleich zu Beginn große Spiele gegen Real Madrid und seinen Ex-klub FC Bayern an. Nimmt seine Karriere nochmals Fahrt auf?
Frankfurt War ja klar, dass dieser Löw-spruch wieder aus der Tonne gekramt wird. Nachdem die Information durchsickerte, dass Mario Götze vor einem Wechsel zu Eintracht Frankfurt steht, kursierte im Internet eine Fotomontage, die Eintracht-coach Oliver Glasner mit Götze bei einer Einwechslung zeigt, es läuft die Schlussphase des ersten Bundesligaspieltags zwischen dem FC Bayern und den Hessen. Glasner flüstert seinem Spieler dabei zu: „Und jetzt zeig der Welt, dass du besser bist als Sadio Mané.“Eine dezente Anspielung auf den millionenschweren Neuzugang des FC Bayern, der wohl wie Götze in dieser Partie sein Ligadebüt für seinen neuen Verein geben wird. Götze bestand, wie der Bundesligist bestätigte, am Dienstag den Medizincheck und hat bis 2025 unterschreiben.
Im Gegensatz zum senegalesischen Superstar, für den der FC Bayern knapp 40 Millionen Euro nach Liverpool überweisen wird, ist der Wm-finaltorschütze von 2014 aber ein Schnäppchen für die Hessen – zumindest, was die Ablöse angeht. Rund vier Millionen Euro muss der Europa-league-sieger dank einer Ausstiegsklausel an den niederländischen Pokalsieger zahlen. Vor neun Jahren war Götze dem FC Bayern eine stattliche Summe wert, 37 Millionen Euro zahlte der Rekordmeister für die Unterschrift des als Jahrhunderttalent gehandelten Kickers. Ein Jahr später gelang dem Wunderkind nach seiner Einwechslung im Wm-finale das Tor gegen Argentinien. Alleine dieses Tor, dem die legendäre Löw-ansprache bei der Einwechslung vorausging („Zeig der Welt, dass du besser bist als Messi“) war eine Augenweide.
Götze ließ den heransegelnden Ball im Sprint von der Brust in den eigenen Lauf tropfen und schoss ihn dann volley mit dem linken Fuß ins Netz.
Seine Karriere glich bis dahin einem Märchen: aus der A-jugend direkt ins Profi-team des BVB, dann weiter zur Nationalmannschaft und zum FC Bayern. Titel sammelte er mit einer Selbstverständlichkeit: In der Jugend gab es die Fritz-waltermedaille als bestes Talent, dann Meisterschaft, Pokal, Weltmeister. Alles schien wie nach Drehbuch zu laufen – und doch folgte der Bruch. Götze konnte die hohen Erwartungen in München nie wirklich erfüllen. In die traumwandlerische Leichtigkeit mischten sich immer mehr Zweifel und Unsicherheiten. Und Götzes Spiel, mit Gefühl für Raum und Zeit die kleinsten Lücken zu erkennen, lahmte.
Nach drei Jahren kehrte er nach Dortmund zurück. Doch auch in seiner alten Heimat kam die ins Stocken geratene Karriere des Hochgelobten nicht mehr in Schwung. Viele Trainerwechsel und eine Stoffwechselkrankheit bremsten ihn immer wieder aus. Der Abschied aus Dortmund, wo sein Vertrag 2020 ausgelaufen war, wirkte ein wenig wie der traurige und leise Schlussakkord einer Laufbahn, in der irgendwann unerklärlich viel schiefgelaufen war. Götze schloss sich der PSV Eindhoven an – ein Topklub, wenn auch nur in der zweitklassigen niederländischen Eredivisie. Unter Trainer Roger Schmidt blühte der Ex-nationalspieler, dessen letzter Länderspieleinsatz vom November 2017 datiert, wieder auf. Für die PSV kam Götze innerhalb von zwei Jahren auf 77 Pflichtspiele, in denen ihm jeweils 18 Tore und Vorlagen gelangen. Das sind keine Zahlen, bei denen Real Madrid oder Manchester City vorstellig werden. Und doch scheint es, als ob in Eindhoven etwas vom alten Mario Götze wieder zurückgekommen ist. Der Offensivspieler wirkt auch mit 30 Jahren wie ein uneingelöstes Versprechen. Die große
Bühne ist ihm mit der Eintracht sicher: Als Sieger der Europa League treten die Hessen in der Champions League an, treffen im europäischen Supercup auf Real Madrid und eröffnen am 5. August die neue Bundesliga-saison gegen den FC Bayern. Götze hat stets betont, dass die Königsklasse eines seiner großen Ziele bleibt – in Frankfurt wird er das erreichen. Diese Aussicht dürfte den Ausschlag für die Eintracht und gegen Roger Schmidts neuen Klub Benfica Lissabon gegeben haben, der sich ebenfalls um den Edeltechniker bemüht haben soll.
Mit dem Wechsel nach Frankfurt erweitert der Verein seine Offensivmöglichkeiten entscheidend – doch auch Götze selbst will offenbar nochmals zeigen, dass er gut genug für einen Topklub ist. Vielleicht sogar gut genug für die Nationalmannschaft? Bundestrainer Hansi Flick sprach in Bezug auf Götze zuletzt von einem „Überangebot“im zentralen Mittelfeld. Gute Leistungen in entscheidenden Spielen waren zur besten Zeit eine Spezialität von Götze. Die große Bühne hat Götze in Frankfurt nun wieder – fehlen noch die Leistungen, um wieder auf sich aufmerksam zu machen.