Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Von der Kunst, Künstler zu werden
Die Kunst zum Beruf zu machen ist der Traum vieler junger Menschen. Drei Augsburger arbeiten daran. Sie lernen dabei auch, wie schwer dieser Weg sein kann.
Der Traum von der Karriere als Tänzerin, Sänger, Maler oder Autorin – viele junge Menschen träumen ihn. Realität wird er nur für wenige – zumindest so, dass sie von ihrer Kunst auch leben können. Drei junge Augsburgerinnen und Augsburger arbeiten daran. Sie haben uns von Erfolgen und Misserfolgen erzählt.
Seit sie ein Kind ist, spielt Carla Lina Pagel, 28, schon Klavier und singt. Nachdem sie ein Masterstudium in Betriebswirtschaftslehre in Berlin erfolgreich absolviert hat, lebt sie nach einem Ausflug in die Immobilienbewertung nun ganz für die Musik. Sie komponiert, arrangiert, mastert oder mixt Tonspuren nach eigenem Gusto und schreibt die Songtexte. Denn sie möchte, dass es so authentisch klingt, wie sie selbst es fühlt und für richtig hält. Während viele Frauen ihres Alters ihr Können in Talent- und Castingshows anpreisen, geht Carla Lina Pagel einen anderen Weg: Youtube, Instagram, Facebook, Tiktok oder Spotify sind die Kanäle im Netz, über die sie mit ihren Kompositionen auf Stimmenfang geht. Für einen Neuling, wie sie sich selbst bezeichnet, seien 20.453 Abrufe monatlich zwar ganz ordentlich, aber die Zahlen hätten Luft nach oben.
Während in der Vorstellung vieler das Leben eines Bühnenstars unweigerlich mit dem Zugang zur weiten Welt, zu Glitzer und Glamour einhergeht, klingt die Erzählung Pagels eher nach harter Arbeit. Obwohl sie auf diverse Auslandsaufenthalte – etwa in Russland oder den USA – zurückblicken kann, bezeichnet sich die mehrsprachige Augsburgerin als ein „Heimwehkind“. Die familiären Bande sind ihr wichtig, die zu den Freunden auch.
Nach ihrer Einschätzung ist ihr dritter veröffentlichter Song ihr bislang wichtigster, weil er beschreibt, dass jeder seinen Weg finden muss und nicht wie ein Zweiter sein kann. So sei „Not You“ein Titel mit autobiografischem Hintergrund, der besagt: „Es kommt nur auf mich selbst an.“
Auch Juleen Schurr aus Augsburg ist Sängerin und Songwriterin. Am 10. Juni erschien ihr erstes Mini-album „On My Way“mit vier Liedern. In allen Songs geht es um die Reise zu sich selbst und ihren Weg
Die Augsburgerin Carla Pagel geht ihre Karriere als Musikerin Carla Lina strategisch und selbstbestimmt an.
Marcel Willié will nebenberuflich als Autor arbeiten.
Musikerin. Die Lieder sind in Zeiten der Pandemie entstanden, als sich Schurr neu aufstellen musste, weil sie aus ihrem Job im Bereich Design entlassen wurde. „Ich habe die Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Zeichen gesehen, mich voll und ganz auf die Musik einzulassen“, sagt die 30-Jährige. Tatsächlich spielte sie zu dem Zeitpunkt bereits seit Längerem mit dem Gedanken, auf Teilzeit umzusatteln, um dem Singen mehr Platz in ihrem Le
Juleen Schurr hat ihr erstes Album veröffentlicht.
ben einzuräumen. Auch für sie begann der Traum von der Karriere früh: „Schon im Kindergarten habe ich meinen Freundinnen vorgesungen.“Während ihrer Teenie-phase hörte sie Blink 182 und My Chemical Romance. Die Punkpopbands hätten sie gut durch die schwierige Zeit gebracht. Kurz vor dem Abitur nahm sie Gesangsunterricht in zwei „Keller-bands“. Bühnenerfahrung habe sie das erste Mal mit der Musical Company 2019 im Abraxas geals
sammelt. Doch immer plagten sie Zweifel: „Ich hab gedacht, ich sei nicht gut genug im Singen.“Deshalb habe sie auch eine Karriere als Schauspielerin oder Synchronsprecherin in Erwägung gezogen. „2020 habe ich dann begriffen, dass ich genug bin – so entstand auch mein erstes Lied: ‘Enough’.“Auf Youtube findet man Schurr unter dem Namen Ivari Juju, sprich „Tschutschu“. Die Abkürzung komme aus der Schulzeit. Ivari hingegen sei ein Überbleibsel aus ihrem zweieinhalbmonatigen Japanurlaub.
Nicht die Musik, sondern Worte haben es Marcel Willié angetan. Der 21-jährige Augsburger studiert in Stuttgart an der Hochschule der Medien Mobile Medien. Vor Kurzem hat er seinen ersten Sciencefictionund Fantasyroman “Im Schatten der vier Sonnen” veröffentlicht und damit eine lange gereifte Idee umgesetzt. Ursprünglich sammelte der Student nur einige Kurzgeschichten zum Thema Zukunftsideen und Fantasien, doch aus der Sammlung wurde mehr, und so entstand sein erster Roman.
Eine Parallele zu Carla Lina Pagel und Juleen Schurr ist, dass auch Willié früh für sein Hobby brannte: Einen ersten Schreiberfolg konnte er während seiner Schulzeit am Maria-theresia-gymnasium in Augsburg verzeichnen, als seine Klasse am Schreibwettbewerb zum Thema „fantastisch“teilnahm.
Hier zeichnete der Jugendliche auf zwei Seiten eine dystopische Welt im Jahr 3010, in der Menschen sich von einer Tablette ernähren, die alle täglichen Nährstoffe bereithält, weshalb es keine Hungersnot mehr gibt.
In seinem neuen Roman kreiert Willié ein eigenes Universum, in dem die „Vondurs“, Menschen mit besonderen magischen Fähigkeiten, das Sagen haben. Sein Protagonist ist Marccel Mavvus, ebenfalls Vondur, der auf einen Planeten am Rand der Galaxis entsandt wird, um die dortigen mysteriösen Vorfälle zu untersuchen. Dort entdeckt die Romanfigur eine Bedrohung für die ganze Galaxis.
Die Hauptfigur habe Ähnlichkeit mit ihm selbst, sagt der junge Autor: „Ich habe Stärken und Schwächen von mir einfließen lassen.“Literarische Vorbilder hat er keine, jedoch liest der Student gerne Sciencefiction-romane. Insgesamt hat es eineinhalb Jahre gedauert, bis der Roman fertig und veröffentlicht war.
„Die Herausforderung lag nicht in der Ideenfindung, sondern das Ganze aufs Papier zu bringen.“Teilweise sei es zeitlich neben dem Studium kaum machbar gewesen. Auch er kann sich vorstellen, das Schreiben zum Beruf zu machen, wenn auch nicht in Vollzeit. Ein Autor, sagt er, brauche Inspiration. Er bekommt sie am ehesten durch die Arbeit.