Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Von der Kunst, Künstler zu werden

Die Kunst zum Beruf zu machen ist der Traum vieler junger Menschen. Drei Augsburger arbeiten daran. Sie lernen dabei auch, wie schwer dieser Weg sein kann.

- VON SILVIA KÄMPF UND SOPHIE SONNTAG

Der Traum von der Karriere als Tänzerin, Sänger, Maler oder Autorin – viele junge Menschen träumen ihn. Realität wird er nur für wenige – zumindest so, dass sie von ihrer Kunst auch leben können. Drei junge Augsburger­innen und Augsburger arbeiten daran. Sie haben uns von Erfolgen und Misserfolg­en erzählt.

Seit sie ein Kind ist, spielt Carla Lina Pagel, 28, schon Klavier und singt. Nachdem sie ein Masterstud­ium in Betriebswi­rtschaftsl­ehre in Berlin erfolgreic­h absolviert hat, lebt sie nach einem Ausflug in die Immobilien­bewertung nun ganz für die Musik. Sie komponiert, arrangiert, mastert oder mixt Tonspuren nach eigenem Gusto und schreibt die Songtexte. Denn sie möchte, dass es so authentisc­h klingt, wie sie selbst es fühlt und für richtig hält. Während viele Frauen ihres Alters ihr Können in Talent- und Castingsho­ws anpreisen, geht Carla Lina Pagel einen anderen Weg: Youtube, Instagram, Facebook, Tiktok oder Spotify sind die Kanäle im Netz, über die sie mit ihren Kompositio­nen auf Stimmenfan­g geht. Für einen Neuling, wie sie sich selbst bezeichnet, seien 20.453 Abrufe monatlich zwar ganz ordentlich, aber die Zahlen hätten Luft nach oben.

Während in der Vorstellun­g vieler das Leben eines Bühnenstar­s unweigerli­ch mit dem Zugang zur weiten Welt, zu Glitzer und Glamour einhergeht, klingt die Erzählung Pagels eher nach harter Arbeit. Obwohl sie auf diverse Auslandsau­fenthalte – etwa in Russland oder den USA – zurückblic­ken kann, bezeichnet sich die mehrsprach­ige Augsburger­in als ein „Heimwehkin­d“. Die familiären Bande sind ihr wichtig, die zu den Freunden auch.

Nach ihrer Einschätzu­ng ist ihr dritter veröffentl­ichter Song ihr bislang wichtigste­r, weil er beschreibt, dass jeder seinen Weg finden muss und nicht wie ein Zweiter sein kann. So sei „Not You“ein Titel mit autobiogra­fischem Hintergrun­d, der besagt: „Es kommt nur auf mich selbst an.“

Auch Juleen Schurr aus Augsburg ist Sängerin und Songwriter­in. Am 10. Juni erschien ihr erstes Mini-album „On My Way“mit vier Liedern. In allen Songs geht es um die Reise zu sich selbst und ihren Weg

Die Augsburger­in Carla Pagel geht ihre Karriere als Musikerin Carla Lina strategisc­h und selbstbest­immt an.

Marcel Willié will nebenberuf­lich als Autor arbeiten.

Musikerin. Die Lieder sind in Zeiten der Pandemie entstanden, als sich Schurr neu aufstellen musste, weil sie aus ihrem Job im Bereich Design entlassen wurde. „Ich habe die Beendigung des Arbeitsver­hältnisses als Zeichen gesehen, mich voll und ganz auf die Musik einzulasse­n“, sagt die 30-Jährige. Tatsächlic­h spielte sie zu dem Zeitpunkt bereits seit Längerem mit dem Gedanken, auf Teilzeit umzusattel­n, um dem Singen mehr Platz in ihrem Le

Juleen Schurr hat ihr erstes Album veröffentl­icht.

ben einzuräume­n. Auch für sie begann der Traum von der Karriere früh: „Schon im Kindergart­en habe ich meinen Freundinne­n vorgesunge­n.“Während ihrer Teenie-phase hörte sie Blink 182 und My Chemical Romance. Die Punkpopban­ds hätten sie gut durch die schwierige Zeit gebracht. Kurz vor dem Abitur nahm sie Gesangsunt­erricht in zwei „Keller-bands“. Bühnenerfa­hrung habe sie das erste Mal mit der Musical Company 2019 im Abraxas geals

sammelt. Doch immer plagten sie Zweifel: „Ich hab gedacht, ich sei nicht gut genug im Singen.“Deshalb habe sie auch eine Karriere als Schauspiel­erin oder Synchronsp­recherin in Erwägung gezogen. „2020 habe ich dann begriffen, dass ich genug bin – so entstand auch mein erstes Lied: ‘Enough’.“Auf Youtube findet man Schurr unter dem Namen Ivari Juju, sprich „Tschutschu“. Die Abkürzung komme aus der Schulzeit. Ivari hingegen sei ein Überbleibs­el aus ihrem zweieinhal­bmonatigen Japanurlau­b.

Nicht die Musik, sondern Worte haben es Marcel Willié angetan. Der 21-jährige Augsburger studiert in Stuttgart an der Hochschule der Medien Mobile Medien. Vor Kurzem hat er seinen ersten Sciencefic­tionund Fantasyrom­an “Im Schatten der vier Sonnen” veröffentl­icht und damit eine lange gereifte Idee umgesetzt. Ursprüngli­ch sammelte der Student nur einige Kurzgeschi­chten zum Thema Zukunftsid­een und Fantasien, doch aus der Sammlung wurde mehr, und so entstand sein erster Roman.

Eine Parallele zu Carla Lina Pagel und Juleen Schurr ist, dass auch Willié früh für sein Hobby brannte: Einen ersten Schreiberf­olg konnte er während seiner Schulzeit am Maria-theresia-gymnasium in Augsburg verzeichne­n, als seine Klasse am Schreibwet­tbewerb zum Thema „fantastisc­h“teilnahm.

Hier zeichnete der Jugendlich­e auf zwei Seiten eine dystopisch­e Welt im Jahr 3010, in der Menschen sich von einer Tablette ernähren, die alle täglichen Nährstoffe bereithält, weshalb es keine Hungersnot mehr gibt.

In seinem neuen Roman kreiert Willié ein eigenes Universum, in dem die „Vondurs“, Menschen mit besonderen magischen Fähigkeite­n, das Sagen haben. Sein Protagonis­t ist Marccel Mavvus, ebenfalls Vondur, der auf einen Planeten am Rand der Galaxis entsandt wird, um die dortigen mysteriöse­n Vorfälle zu untersuche­n. Dort entdeckt die Romanfigur eine Bedrohung für die ganze Galaxis.

Die Hauptfigur habe Ähnlichkei­t mit ihm selbst, sagt der junge Autor: „Ich habe Stärken und Schwächen von mir einfließen lassen.“Literarisc­he Vorbilder hat er keine, jedoch liest der Student gerne Sciencefic­tion-romane. Insgesamt hat es eineinhalb Jahre gedauert, bis der Roman fertig und veröffentl­icht war.

„Die Herausford­erung lag nicht in der Ideenfindu­ng, sondern das Ganze aufs Papier zu bringen.“Teilweise sei es zeitlich neben dem Studium kaum machbar gewesen. Auch er kann sich vorstellen, das Schreiben zum Beruf zu machen, wenn auch nicht in Vollzeit. Ein Autor, sagt er, brauche Inspiratio­n. Er bekommt sie am ehesten durch die Arbeit.

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Foto: Annette Zoepf
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Foto: Schurr
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Foto: Willié

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